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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Teutscher Lucianus.
Achten kam Chrysippus mit seinem Anhange/ welche Narren in folio
waren/ und mit ihren Syllogismis die Leute zu Eseln/ und widerumb
auß Eseln zu Menschen machen wolten. Jhre Narren-Possen sind
heutiges Tages in den Schulen und Universitäten also bekant/ daß ich
sie nit erzehlen mag. Der Chrysippus selbst wolte einsmals seine grosse
Weisheit sehen lassen/ und verkapte einen alten Mann/ führte seinen
Sohn hernach in das Gemach/ und fragte/ ob er auch seinen Vatter
kenne? Er sagte Ja/ warumb solt ich meinen Vatter nit kennen? Da
sagte Chrysippus, kennestu den Mann/ der allda verkapt und vermummet
ist? Da antwortet der Sohn: Nein/ den kenne ich nicht. Da lachte
Chrysippus, und vermeynte/ er habe einen grossen Fisch gefangen/ und
sagte: Ey so kennest du deinen Vatter noch nicht. Zoge damit dem
Atten die Kappe ab/ und sagte: Sihe/ wer ist der? Jst es nicht dein
Vatter? Man sagt/ daß einesmals ein Pedant seye von Universitä-
ten kommen/ welcher seinem Vatter viel Geld verzehret habe. Als
er angekommen/ habe der Vatter eben über Tische gesessen/ und
habe Frühstücken wollen/ und auff dem Tische haben gestanden
drey gesottene Eyer. Der Vatter habe den Sohn beneventieret/
und neben sich gesetzet. Endlich habe er gefraget/ was er die gantze
Zeit gelernet habe/ vor das viele Geld/ das er ihm geschicket habe
auff Universitäten? Der Sohn habe geantwortet: Mein lieber
Vatter/ ich habe die Logicam gelernt/ und ihr sehet jetzo in dieser Schüs-
sel drey Eyer ligen/ allein ich will euch durch meine Logic erweisen/
daß nicht drey/ sondern fünff Eyer in der Schüssel ligen. Wann
euch diese subtilität zu hoch ist/ müst Jhr es euch nicht frembd
vorkommen lassen. Denn es ist eine Kunst/ und hat euch auch euer
Gelt gekostet. Jhr seyt ein armer einfältiger Laye. Aber deßwegen
habt ihr mich auff Universitäten geschicket/ daß ich Weisheit und
Kunst lerne. Also argumentiere ich nun/ und mache einen solchen
Syllogismum oder Schluß: Wer drey Eyer hat/ der hat auch
zwey. Nun sind zwey und drey fünff/
wie alle Rechen-Mei-
ster gestehen. Darauß folget/ daß wer drey habe/ der hab auch fünff.
Der Vatter habe geantwortet: Sohn/ Jch sehe/ daß ich mein Geld
wol angeleget habe. Jch will die drey Eyer nemmen/ und essen/ die
in der Schüssel ligen/ du magst die übrige zwey essen/ welche du
durch deine Logic erworben hast. Jch liebe die Philosophos von gan-
tzem Hertzen. Jch wünsche Jhnen so manchen guten Tag/ so manche
Lauß in Ungarn/ so manche Gutsche zu Pariß/ so viel Scorpio-
nen in Jtalien/ so viel Löwen in Spanien/ so viel Bier-Säuffer in
Nider-Sachsen/ so viel Courtisanen zu Rom/ so viel Pferde im Olden-

burger

Teutſcher Lucianus.
Achten kam Chryſippus mit ſeinem Anhange/ welche Narren in folio
waren/ und mit ihren Syllogiſmis die Leute zu Eſeln/ und widerumb
auß Eſeln zu Menſchen machen wolten. Jhre Narren-Poſſen ſind
heutiges Tages in den Schulen und Univerſitaͤten alſo bekant/ daß ich
ſie nit erzehlen mag. Der Chryſippus ſelbſt wolte einsmals ſeine groſſe
Weisheit ſehen laſſen/ und verkapte einen alten Mann/ fuͤhrte ſeinen
Sohn hernach in das Gemach/ und fragte/ ob er auch ſeinen Vatter
kenne? Er ſagte Ja/ warumb ſolt ich meinen Vatter nit kennen? Da
ſagte Chryſippus, kenneſtu den Mann/ der allda verkapt und vermum̃et
iſt? Da antwortet der Sohn: Nein/ den kenne ich nicht. Da lachte
Chryſippus, und vermeynte/ er habe einen groſſen Fiſch gefangen/ und
ſagte: Ey ſo kenneſt du deinen Vatter noch nicht. Zoge damit dem
Atten die Kappe ab/ und ſagte: Sihe/ wer iſt der? Jſt es nicht dein
Vatter? Man ſagt/ daß einesmals ein Pedant ſeye von Univerſitaͤ-
ten kommen/ welcher ſeinem Vatter viel Geld verzehret habe. Als
er angekommen/ habe der Vatter eben uͤber Tiſche geſeſſen/ und
habe Fruͤhſtuͤcken wollen/ und auff dem Tiſche haben geſtanden
drey geſottene Eyer. Der Vatter habe den Sohn beneventieret/
und neben ſich geſetzet. Endlich habe er gefraget/ was er die gantze
Zeit gelernet habe/ vor das viele Geld/ das er ihm geſchicket habe
auff Univerſitaͤten? Der Sohn habe geantwortet: Mein lieber
Vatter/ ich habe die Logicam gelernt/ und ihr ſehet jetzo in dieſer Schuͤſ-
ſel drey Eyer ligen/ allein ich will euch durch meine Logic erweiſen/
daß nicht drey/ ſondern fuͤnff Eyer in der Schuͤſſel ligen. Wann
euch dieſe ſubtilitaͤt zu hoch iſt/ muͤſt Jhr es euch nicht frembd
vorkommen laſſen. Denn es iſt eine Kunſt/ und hat euch auch euer
Gelt gekoſtet. Jhr ſeyt ein armer einfaͤltiger Laye. Aber deßwegen
habt ihr mich auff Univerſitaͤten geſchicket/ daß ich Weisheit und
Kunſt lerne. Alſo argumentiere ich nun/ und mache einen ſolchen
Syllogiſmum oder Schluß: Wer drey Eyer hat/ der hat auch
zwey. Nun ſind zwey und drey fuͤnff/
wie alle Rechen-Mei-
ſter geſtehen. Darauß folget/ daß wer drey habe/ der hab auch fuͤnff.
Der Vatter habe geantwortet: Sohn/ Jch ſehe/ daß ich mein Geld
wol angeleget habe. Jch will die drey Eyer nemmen/ und eſſen/ die
in der Schuͤſſel ligen/ du magſt die uͤbrige zwey eſſen/ welche du
durch deine Logic erworben haſt. Jch liebe die Philoſophos von gan-
tzem Hertzen. Jch wuͤnſche Jhnen ſo manchen guten Tag/ ſo manche
Lauß in Ungarn/ ſo manche Gutſche zu Pariß/ ſo viel Scorpio-
nen in Jtalien/ ſo viel Loͤwen in Spanien/ ſo viel Bier-Saͤuffer in
Nider-Sachſen/ ſo viel Courtiſanen zu Rom/ ſo viel Pferde im Olden-

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[815/0857] Teutſcher Lucianus. Achten kam Chryſippus mit ſeinem Anhange/ welche Narren in folio waren/ und mit ihren Syllogiſmis die Leute zu Eſeln/ und widerumb auß Eſeln zu Menſchen machen wolten. Jhre Narren-Poſſen ſind heutiges Tages in den Schulen und Univerſitaͤten alſo bekant/ daß ich ſie nit erzehlen mag. Der Chryſippus ſelbſt wolte einsmals ſeine groſſe Weisheit ſehen laſſen/ und verkapte einen alten Mann/ fuͤhrte ſeinen Sohn hernach in das Gemach/ und fragte/ ob er auch ſeinen Vatter kenne? Er ſagte Ja/ warumb ſolt ich meinen Vatter nit kennen? Da ſagte Chryſippus, kenneſtu den Mann/ der allda verkapt und vermum̃et iſt? Da antwortet der Sohn: Nein/ den kenne ich nicht. Da lachte Chryſippus, und vermeynte/ er habe einen groſſen Fiſch gefangen/ und ſagte: Ey ſo kenneſt du deinen Vatter noch nicht. Zoge damit dem Atten die Kappe ab/ und ſagte: Sihe/ wer iſt der? Jſt es nicht dein Vatter? Man ſagt/ daß einesmals ein Pedant ſeye von Univerſitaͤ- ten kommen/ welcher ſeinem Vatter viel Geld verzehret habe. Als er angekommen/ habe der Vatter eben uͤber Tiſche geſeſſen/ und habe Fruͤhſtuͤcken wollen/ und auff dem Tiſche haben geſtanden drey geſottene Eyer. Der Vatter habe den Sohn beneventieret/ und neben ſich geſetzet. Endlich habe er gefraget/ was er die gantze Zeit gelernet habe/ vor das viele Geld/ das er ihm geſchicket habe auff Univerſitaͤten? Der Sohn habe geantwortet: Mein lieber Vatter/ ich habe die Logicam gelernt/ und ihr ſehet jetzo in dieſer Schuͤſ- ſel drey Eyer ligen/ allein ich will euch durch meine Logic erweiſen/ daß nicht drey/ ſondern fuͤnff Eyer in der Schuͤſſel ligen. Wann euch dieſe ſubtilitaͤt zu hoch iſt/ muͤſt Jhr es euch nicht frembd vorkommen laſſen. Denn es iſt eine Kunſt/ und hat euch auch euer Gelt gekoſtet. Jhr ſeyt ein armer einfaͤltiger Laye. Aber deßwegen habt ihr mich auff Univerſitaͤten geſchicket/ daß ich Weisheit und Kunſt lerne. Alſo argumentiere ich nun/ und mache einen ſolchen Syllogiſmum oder Schluß: Wer drey Eyer hat/ der hat auch zwey. Nun ſind zwey und drey fuͤnff/ wie alle Rechen-Mei- ſter geſtehen. Darauß folget/ daß wer drey habe/ der hab auch fuͤnff. Der Vatter habe geantwortet: Sohn/ Jch ſehe/ daß ich mein Geld wol angeleget habe. Jch will die drey Eyer nemmen/ und eſſen/ die in der Schuͤſſel ligen/ du magſt die uͤbrige zwey eſſen/ welche du durch deine Logic erworben haſt. Jch liebe die Philoſophos von gan- tzem Hertzen. Jch wuͤnſche Jhnen ſo manchen guten Tag/ ſo manche Lauß in Ungarn/ ſo manche Gutſche zu Pariß/ ſo viel Scorpio- nen in Jtalien/ ſo viel Loͤwen in Spanien/ ſo viel Bier-Saͤuffer in Nider-Sachſen/ ſo viel Courtiſanen zu Rom/ ſo viel Pferde im Olden- burger

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/857>, abgerufen am 25.11.2024.