Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].dieses Hundertjährigen Zeit-Lauffs. Gräntzen durch Hunger vmbkommen fünfftzig tausent Menschen/ alsodaß nicht nur Menschen Fleisch/ sondern gar dero Mist (mit ehren zu melden) ist gefressen worden. Zwey Weibs Menschen haben bey Nacht durch Hinterlist 17. Männer ertödet und gefressen/ welches als des der Römische Käyser Octavus erfahren/ hater sie hinrichten lassen/ und ihnen also den Hunger gestillet und vertriben. Jm Jahr Christi 851. hat in Teutschland ein solcher grausamer Hunger gras- siret, daß die eltern die Kinder/ und die Kinder die Elteren gefressen und verzehret. Jm Jahr 1010. 1062. sind durch Hunger und Pesti- lentz fast alle lebendige Menschen hingerissen und verderbet. Wir GOtt Lob durch Göttliche Gnade/ haben noch nicht einen solchen Hunger wiewohl einige Theuerung empfunden und gespüret. Wir sind auch nicht in Abrede/ daß die Plagen und Contributionen sehr schwer gewesen/ wenn man solche für sich alleine betrachten/ und nicht gegen andere Zeiten und Exempel gehalten werden. Die meiste Pro- vincien unter dem Römischen Reich haben von allem jhrem Einkom- men das fünffte Theil geben müssen. Als zu Rom Iulius Caesar umb- kommen und ermordet/ und die Waffen für die gemeine Freyheit er- griffen worden/ hat ein jeder Bürger den fünff und zwantzigsten Theil aller seiner Güter hergeben/ und was noch mehr/ es musten auch die Rahtsherren vor einen jeden Ziegel ihrer Häuser 6. Pfenning erlegen/ welche grosse Summa und Ufflag mit unsern 5. Sinnen nicht zu fassen noch zu verstehen. Der Keyser Octavius, sonst der Erste Augustus oder Vermehrer genant/ hat von allen seinen Underthanen den achten Theil ihres Vermögens erheben und einziehen lassen. Vespasianus hat von abscheulichen Dingen/ die man vor züchtigen Ohren nicht wol nennen darff/ Tribut erfordert/ und als einesmals sein Sohn Titus ihme da- rumb zuredete/ und etwas verwiese/ hielt er ihme eine Hand voll Rose- nobel vor die Nase/ und sagte: Er solte rüchen/ ob solche auch einen stinckenden Geruch geben? denn sie waren auß dem Urin erschunden und erkratzet. Jch geschweige anjetzo/ was zu Rom die Drey Herren und andere in diesem verübet. Als die Römische Kriegs-Obristen die Sci- piones in Hispania erlegt/ muste ein jeder Römer alle sein Silber und Gold hergeben/ daß keinem über eine Marck ist übergelassen worden. Daß vor Zeiten alles so wolfeil gewesen/ schreiben wir dem dazumalt- gen grossen Gelt-Mangel zu/ an welchem die vorige und alte Zeiten sehr kranck gelegen/ die Kriegs-Gurgeln haben heut zu Tag offt mehr Gelt bey einem Bauer und schlechten Schwefel-Krämer gefunden/ als die vor Zeiten bey einem vornehmen Land-Junckern. Es haben die Bürger und Baurn/ zumalen vor dem Krieg/ ihre Tische und Tresuren mit gülden und silbern Bechern/ Schüsseln und Kannen auß gebutzet und gezieret/ da hingegen vor Zeiten ein vornehmer Semper. Frey sein Hauß
dieſes Hundertjaͤhrigen Zeit-Lauffs. Graͤntzen durch Hunger vmbkommen fuͤnfftzig tauſent Menſchen/ alſodaß nicht nur Menſchen Fleiſch/ ſondern gar dero Miſt (mit ehren zu melden) iſt gefreſſen worden. Zwey Weibs Menſchen haben bey Nacht durch Hinterliſt 17. Maͤnner ertoͤdet und gefreſſen/ welches als des der Roͤmiſche Kaͤyſer Octavus erfahren/ hater ſie hinrichten laſſen/ und ihnen alſo den Hunger geſtillet und vertriben. Jm Jahr Chriſti 851. hat in Teutſchland ein ſolcher grauſamer Hunger graſ- ſiret, daß die eltern die Kinder/ und die Kinder die Elteren gefreſſen und verzehret. Jm Jahr 1010. 1062. ſind durch Hunger und Peſti- lentz faſt alle lebendige Menſchen hingeriſſen und verderbet. Wir GOtt Lob durch Goͤttliche Gnade/ haben noch nicht einen ſolchen Hunger wiewohl einige Theuerung empfunden und geſpuͤret. Wir ſind auch nicht in Abrede/ daß die Plagen und Contributionen ſehr ſchwer geweſen/ wenn man ſolche fuͤr ſich alleine betrachten/ und nicht gegen andere Zeiten und Exempel gehalten werden. Die meiſte Pro- vincien unter dem Roͤmiſchen Reich haben von allem jhrem Einkom- men das fuͤnffte Theil geben muͤſſen. Als zu Rom Iulius Cæſar umb- kommen und ermordet/ und die Waffen fuͤr die gemeine Freyheit er- griffen worden/ hat ein jeder Buͤrger den fuͤnff und zwantzigſten Theil aller ſeiner Guͤter hergeben/ und was noch mehr/ es muſten auch die Rahtsherꝛen vor einen jeden Ziegel ihrer Haͤuſer 6. Pfenning erlegen/ welche groſſe Summa und Ufflag mit unſern 5. Sinnen nicht zu faſſen noch zu verſtehen. Der Keyſer Octavius, ſonſt der Erſte Auguſtus oder Vermehrer genant/ hat von allen ſeinen Underthanen den achten Theil ihres Vermoͤgens erheben und einziehen laſſen. Veſpaſianus hat von abſcheulichen Dingen/ die man vor zuͤchtigen Ohren nicht wol nennen darff/ Tribut erfordert/ und als einesmals ſein Sohn Titus ihme da- rumb zuredete/ und etwas verwieſe/ hielt er ihme eine Hand voll Roſe- nobel vor die Naſe/ und ſagte: Er ſolte ruͤchen/ ob ſolche auch einen ſtinckenden Geruch geben? denn ſie waren auß dem Urin erſchunden und erkratzet. Jch geſchweige anjetzo/ was zu Rom die Drey Herꝛen und andere in dieſem veruͤbet. Als die Roͤmiſche Kriegs-Obriſten die Sci- piones in Hiſpania erlegt/ muſte ein jeder Roͤmer alle ſein Silber und Gold hergeben/ daß keinem uͤber eine Marck iſt uͤbergelaſſen worden. Daß vor Zeiten alles ſo wolfeil geweſen/ ſchreiben wir dem dazumalt- gen groſſen Gelt-Mangel zu/ an welchem die vorige und alte Zeiten ſehr kranck gelegen/ die Kriegs-Gurgeln haben heut zu Tag offt mehr Gelt bey einem Bauer und ſchlechten Schwefel-Kraͤmer gefunden/ als die vor Zeiten bey einem vornehmen Land-Junckern. Es haben die Buͤrger und Baurn/ zumalen vor dem Krieg/ ihre Tiſche und Treſuren mit guͤlden und ſilbern Bechern/ Schuͤſſeln und Kannen auß gebutzet und gezieret/ da hingegen vor Zeiten ein vornehmer Semper. Frey ſein Hauß
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Graͤntzen durch Hunger vmbkommen fuͤnfftzig tauſent Menſchen/ alſo
daß nicht nur Menſchen Fleiſch/ ſondern gar dero Miſt (mit ehren
zu melden) iſt gefreſſen worden. Zwey Weibs Menſchen haben bey
Nacht durch Hinterliſt 17. Maͤnner ertoͤdet und gefreſſen/ welches
als des der Roͤmiſche Kaͤyſer Octavus erfahren/ hater ſie hinrichten
laſſen/ und ihnen alſo den Hunger geſtillet und vertriben. Jm Jahr
Chriſti 851. hat in Teutſchland ein ſolcher grauſamer Hunger graſ-
ſiret, daß die eltern die Kinder/ und die Kinder die Elteren gefreſſen
und verzehret. Jm Jahr 1010. 1062. ſind durch Hunger und Peſti-
lentz faſt alle lebendige Menſchen hingeriſſen und verderbet. Wir
GOtt Lob durch Goͤttliche Gnade/ haben noch nicht einen ſolchen
Hunger wiewohl einige Theuerung empfunden und geſpuͤret. Wir
ſind auch nicht in Abrede/ daß die Plagen und Contributionen ſehr
ſchwer geweſen/ wenn man ſolche fuͤr ſich alleine betrachten/ und nicht
gegen andere Zeiten und Exempel gehalten werden. Die meiſte Pro-
vincien unter dem Roͤmiſchen Reich haben von allem jhrem Einkom-
men das fuͤnffte Theil geben muͤſſen. Als zu Rom Iulius Cæſar umb-
kommen und ermordet/ und die Waffen fuͤr die gemeine Freyheit er-
griffen worden/ hat ein jeder Buͤrger den fuͤnff und zwantzigſten Theil
aller ſeiner Guͤter hergeben/ und was noch mehr/ es muſten auch die
Rahtsherꝛen vor einen jeden Ziegel ihrer Haͤuſer 6. Pfenning erlegen/
welche groſſe Summa und Ufflag mit unſern 5. Sinnen nicht zu faſſen
noch zu verſtehen. Der Keyſer Octavius, ſonſt der Erſte Auguſtus oder
Vermehrer genant/ hat von allen ſeinen Underthanen den achten Theil
ihres Vermoͤgens erheben und einziehen laſſen. Veſpaſianus hat von
abſcheulichen Dingen/ die man vor zuͤchtigen Ohren nicht wol nennen
darff/ Tribut erfordert/ und als einesmals ſein Sohn Titus ihme da-
rumb zuredete/ und etwas verwieſe/ hielt er ihme eine Hand voll Roſe-
nobel vor die Naſe/ und ſagte: Er ſolte ruͤchen/ ob ſolche auch einen
ſtinckenden Geruch geben? denn ſie waren auß dem Urin erſchunden
und erkratzet. Jch geſchweige anjetzo/ was zu Rom die Drey Herꝛen und
andere in dieſem veruͤbet. Als die Roͤmiſche Kriegs-Obriſten die Sci-
piones in Hiſpania erlegt/ muſte ein jeder Roͤmer alle ſein Silber und
Gold hergeben/ daß keinem uͤber eine Marck iſt uͤbergelaſſen worden.
Daß vor Zeiten alles ſo wolfeil geweſen/ ſchreiben wir dem dazumalt-
gen groſſen Gelt-Mangel zu/ an welchem die vorige und alte Zeiten
ſehr kranck gelegen/ die Kriegs-Gurgeln haben heut zu Tag offt mehr
Gelt bey einem Bauer und ſchlechten Schwefel-Kraͤmer gefunden/
als die vor Zeiten bey einem vornehmen Land-Junckern. Es haben die
Buͤrger und Baurn/ zumalen vor dem Krieg/ ihre Tiſche und Treſuren
mit guͤlden und ſilbern Bechern/ Schuͤſſeln und Kannen auß gebutzet
und gezieret/ da hingegen vor Zeiten ein vornehmer Semper. Frey ſein
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