unterstanden/ dardurch er die Kirche GOttes dermaffen besudelt/ daß ich mich scheue solches zu gedencken. Was für Schade/ Unheyl und Zerrüttung Teutschland/ ja der gantzen Welt durch solchen zugezogen worden/ erkennet ein Jeder/ wenn auch gleich niemand redet/ wir aber sind durch die Gnade GOttes auß solcher Tyranney und Egyptischer Dienstbarkeit erlöset/ und zu der rechten Kirchen und Gewissens- Freyheit gebrachk worden. Wir wissen auch/ und ist bekant/ was für einen herrlichen Sitz die freye Künste mit grossem Nutzen deß gantzen Erd-Craises haben. Es hat diese Hundert Jahrs-Zeit mehr gelehr- te gezeuget und herfür gebracht/ als vorhin in fünffzehen hundert Jah- ren. Es haben alle Künste/ Wissenschafften/ und was dergleichen/ die höchste Staffel und Vollkommenheit erreichet/ also daß weiter da- rinnen zu gelangen/ fast ohnmöglich. Die freye Sprachen/ als in ei- nen kurtzen Begriff eingefasset/ können ohne sondere Mühe erlernet werden; es verdriesse gleich den Hyppocrati, oder wer der auch seye/ so werden heut zu Tage die mehr durch die That/ als mit ruhmrähti- gen Worten können darthun/ und wann sie wollen erweisen/ daß die Kunst oder Wissenschafft kurtz/ das Leben aber lang seye Jch will nit sagen von vielen Andern/ die über und ausser meiner Wissenschafft seyn.
Und ob zwar ohnrahtsam ist/ der Alten ihre Weisheit gar beyseit zu setzen/ so ist es gleichwol auch nicht rathsam noch dienlich/ daß wir uns in allem an ihre Ordnung und Gebräuche wolten binden lassen/ wenn nichts für gut/ als allein was ein grosses Alter der Zeit mit sich führet/ zu achten/ so wird gewiß dieses Send-Schreiben gut Latein in sich haben/ und wol gestellet seyn/ welches wir dem günstigen Leser zur Ergötzligkeit wollen setzen: Salutem meam apertam, Dilecte so- cie charissime, ego mitto te scire, quod nuper insteti pro uno guber- namine, & e pastoris pro petitionem factus sum scholirega, nam ego sumi suam cognatam, & bene sto, quia habeo multum scholares & parvus & magnus, pauperes cum divitis, ego vellem, quod tu venires apud nos, quia posses mecum multum prodesse, & ego vellem singulari- ter respectum habere apud te habere, & vellem te discere casualia & temporalia, & tu posses etiam a me doce facere versos. Tu potes ve- nire cum meo cognato Otto Iochem. nam ego volo illi apud nostro Con- terraneo ju vare, quod ille unum servitium accipit, nam ille ju vit suis Conterraneis libenter & illi accipiunt optimosser vitos, quam vis illi non tantum quomodo ego doctus sunt. Valete felicis. Datum ra- ptum, secundo Calendas Martialis Anno Christi mille quadringen- to, nongentesimo nono. Solche und dergleichen närrische Einfälle der Alten mehr zu erzehlen/ wäre nur Zeit- und Papierzu verderben.
Unser
SERMON und Beſchreibung
unterſtanden/ dardurch er die Kirche GOttes dermaffen beſudelt/ daß ich mich ſcheue ſolches zu gedencken. Was fuͤr Schade/ Unheyl und Zerruͤttung Teutſchland/ ja der gantzen Welt durch ſolchen zugezogen worden/ erkennet ein Jeder/ wenn auch gleich niemand redet/ wir aber ſind durch die Gnade GOttes auß ſolcher Tyranney und Egyptiſcher Dienſtbarkeit erloͤſet/ und zu der rechten Kirchen und Gewiſſens- Freyheit gebrachk worden. Wir wiſſen auch/ und iſt bekant/ was fuͤr einen herrlichen Sitz die freye Kuͤnſte mit groſſem Nutzen deß gantzen Erd-Craiſes haben. Es hat dieſe Hundert Jahrs-Zeit mehr gelehr- te gezeuget und herfuͤr gebracht/ als vorhin in fuͤnffzehen hundert Jah- ren. Es haben alle Kuͤnſte/ Wiſſenſchafften/ und was dergleichen/ die hoͤchſte Staffel und Vollkommenheit erreichet/ alſo daß weiter da- rinnen zu gelangen/ faſt ohnmoͤglich. Die freye Sprachen/ als in ei- nen kurtzen Begriff eingefaſſet/ koͤnnen ohne ſondere Muͤhe erlernet werden; es verdrieſſe gleich den Hyppocrati, oder wer der auch ſeye/ ſo werden heut zu Tage die mehr durch die That/ als mit ruhmraͤhti- gen Worten koͤnnen darthun/ und wann ſie wollen erweiſen/ daß die Kunſt oder Wiſſenſchafft kurtz/ das Leben aber lang ſeye Jch will nit ſagen von vielen Andern/ die uͤber und auſſer meiner Wiſſenſchafft ſeyn.
Und ob zwar ohnrahtſam iſt/ der Alten ihre Weisheit gar beyſeit zu ſetzen/ ſo iſt es gleichwol auch nicht rathſam noch dienlich/ daß wir uns in allem an ihre Ordnung und Gebraͤuche wolten binden laſſen/ wenn nichts fuͤr gut/ als allein was ein groſſes Alter der Zeit mit ſich fuͤhret/ zu achten/ ſo wird gewiß dieſes Send-Schreiben gut Latein in ſich haben/ und wol geſtellet ſeyn/ welches wir dem guͤnſtigen Leſer zur Ergoͤtzligkeit wollen ſetzen: Salutem meam apertam, Dilecte ſo- cie chariſſime, ego mitto te ſcire, quod nuper inſteti pro uno guber- namine, & è paſtoris pro petitionem factus ſum ſcholirega, nam ego ſumi ſuam cognatam, & bene ſto, quia habeo multum ſcholares & parvus & magnus, pauperes cum divitis, ego vellem, quod tu venires apud nos, quia poſſes mecum multum prodeſſe, & ego vellem ſingulari- ter reſpectum habere apud te habere, & vellem te diſcere caſualia & temporalia, & tu poſſes etiam à me doce facere verſos. Tu potes ve- nire cum meo cognato Otto Iochem. nam ego volo illi apud nostro Con- terraneo ju vare, quod ille unum ſervitium accipit, nam ille ju vit ſuis Conterraneis libenter & illi accipiunt optimosſer vitos, quam vis illi non tantum quomodo ego doctus ſunt. Valete felicis. Datum ra- ptum, ſecundo Calendas Martialis Anno Christi mille quadringen- to, nongenteſimó nono. Solche und dergleichen naͤrriſche Einfaͤlle der Alten mehr zu erzehlen/ waͤre nur Zeit- und Papierzu verderben.
Unſer
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SERMON und Beſchreibung
unterſtanden/ dardurch er die Kirche GOttes dermaffen beſudelt/ daß
ich mich ſcheue ſolches zu gedencken. Was fuͤr Schade/ Unheyl und
Zerruͤttung Teutſchland/ ja der gantzen Welt durch ſolchen zugezogen
worden/ erkennet ein Jeder/ wenn auch gleich niemand redet/ wir aber
ſind durch die Gnade GOttes auß ſolcher Tyranney und Egyptiſcher
Dienſtbarkeit erloͤſet/ und zu der rechten Kirchen und Gewiſſens-
Freyheit gebrachk worden. Wir wiſſen auch/ und iſt bekant/ was fuͤr
einen herrlichen Sitz die freye Kuͤnſte mit groſſem Nutzen deß gantzen
Erd-Craiſes haben. Es hat dieſe Hundert Jahrs-Zeit mehr gelehr-
te gezeuget und herfuͤr gebracht/ als vorhin in fuͤnffzehen hundert Jah-
ren. Es haben alle Kuͤnſte/ Wiſſenſchafften/ und was dergleichen/ die
hoͤchſte Staffel und Vollkommenheit erreichet/ alſo daß weiter da-
rinnen zu gelangen/ faſt ohnmoͤglich. Die freye Sprachen/ als in ei-
nen kurtzen Begriff eingefaſſet/ koͤnnen ohne ſondere Muͤhe erlernet
werden; es verdrieſſe gleich den Hyppocrati, oder wer der auch ſeye/
ſo werden heut zu Tage die mehr durch die That/ als mit ruhmraͤhti-
gen Worten koͤnnen darthun/ und wann ſie wollen erweiſen/ daß die
Kunſt oder Wiſſenſchafft kurtz/ das Leben aber lang ſeye Jch will
nit ſagen von vielen Andern/ die uͤber und auſſer meiner Wiſſenſchafft
ſeyn.
Und ob zwar ohnrahtſam iſt/ der Alten ihre Weisheit gar beyſeit zu
ſetzen/ ſo iſt es gleichwol auch nicht rathſam noch dienlich/ daß wir
uns in allem an ihre Ordnung und Gebraͤuche wolten binden laſſen/
wenn nichts fuͤr gut/ als allein was ein groſſes Alter der Zeit mit ſich
fuͤhret/ zu achten/ ſo wird gewiß dieſes Send-Schreiben gut Latein
in ſich haben/ und wol geſtellet ſeyn/ welches wir dem guͤnſtigen Leſer
zur Ergoͤtzligkeit wollen ſetzen: Salutem meam apertam, Dilecte ſo-
cie chariſſime, ego mitto te ſcire, quod nuper inſteti pro uno guber-
namine, & è paſtoris pro petitionem factus ſum ſcholirega, nam ego
ſumi ſuam cognatam, & bene ſto, quia habeo multum ſcholares &
parvus & magnus, pauperes cum divitis, ego vellem, quod tu venires
apud nos, quia poſſes mecum multum prodeſſe, & ego vellem ſingulari-
ter reſpectum habere apud te habere, & vellem te diſcere caſualia &
temporalia, & tu poſſes etiam à me doce facere verſos. Tu potes ve-
nire cum meo cognato Otto Iochem. nam ego volo illi apud nostro Con-
terraneo ju vare, quod ille unum ſervitium accipit, nam ille ju vit ſuis
Conterraneis libenter & illi accipiunt optimosſer vitos, quam vis illi
non tantum quomodo ego doctus ſunt. Valete felicis. Datum ra-
ptum, ſecundo Calendas Martialis Anno Christi mille quadringen-
to, nongenteſimó nono. Solche und dergleichen naͤrriſche Einfaͤlle
der Alten mehr zu erzehlen/ waͤre nur Zeit- und Papierzu verderben.
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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/820>, abgerufen am 22.11.2024.
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