Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Von der Kunst reich zu werden. Worzu diener das Studieren? Nur zu lauter Ungemach/ Unterdessen fleusst der Bach Unsers Lebens/ daß wir führen/ etc. Es singet unser Opitius, der ein Virgilius der Teutschen zunen- Es Y y ij
Von der Kunſt reich zu werden. Worzu diener das Studieren? Nur zu lauter Ungemach/ Unterdeſſen fleuſſt der Bach Unſers Lebens/ daß wir fuͤhren/ ꝛc. Es ſinget unſer Opitius, der ein Virgilius der Teutſchen zunen- Es Y y ij
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Von der Kunſt reich zu werden.
Worzu diener das Studieren?
Nur zu lauter Ungemach/
Unterdeſſen fleuſſt der Bach
Unſers Lebens/ daß wir fuͤhren/ ꝛc.
Es ſinget unſer Opitius, der ein Virgilius der Teutſchen zunen-
nen. Man hat vor Alters gezweiffelt/ und der Zeit iſt man noch im
Zweiffel/ ob mehr guts/ oder boͤſes das Studiren den Menſchen und
gemeinen Nutzen gebracht habe? Sagen andere was ſie woͤllen/ an
lobe das Maͤſſige/ das unmaͤſſige Studiren aber hebe ich maͤchtig
ich zu improbiren. Dann wann ich der groͤſten Maͤnner
elendes Leben betrachte/ ſihe ich das nicht nur der kleineſte Theil der
Ungelegenheiten auß dem Studiren erwachſen ſeye. Und damit ich
nicht in unſerer Leut Straff falle/ wil ich mehr der alten als neuen
Exempel anziehen. Unter dieſen kompt mir zum erſten der Socrates,
der durch Außſpruch Apollinis fuͤr den Verſtaͤndigſten iſt gehalten
worden. Aber der hat muͤſſen vom cicutam Bangenkraut trincken.
Was wil ich vom Ariſtotele und Demoſthene ſagen? was vom
Platone? Jene haben muͤſſen auß Elend umbkehren/ dieſer (wer
glaubte es?) hat die Laͤuß biß in Tod leyden muͤſſen. Dem Wolredner
Ciceroni hat das Studiren und trefflich gelobte Kuͤnſten Haͤnd und
Kopff weggenommen. Was ſol ich die andere erzehlen? es ſeyn gewe-
ſen und ſeyn unzaͤhlich viel/ welchen das Studiren nicht allein zu
ſpott/ ſondern zum Elend bekommen. Es wird kaum einer oder der
ander gefunden werden/ deme das hoͤchſte Studiren nicht mehr
ſchaden als nutzen gebracht. Dann auß vielfaͤltigen Spentiſiren
kommen ſchaͤdliche Kranckheiten/ auß den Kranckheiten entweders
der Untergang/ oder Verſaumung des Haußweſens/ auß Verabſau-
mung deſſen/ die Armuth/ auß der Armuth Verachtung der Men-
ſchen/ auß Verachtung Verzweiflung/ auß der Verzweiflung hernach
iſt gar ſchwer (wie wir dann von Natur allzeit zum Boͤſen geneigt
ſeyn) daß man nit in ein abſchaͤuliches Laſter falle/ welches den Men-
ſchen ewige Schmach und gemeinen Nutzen groſſen Schaden cauſi-
ret. Vorzeiten bey Anbegin der Welt/ haben behertzte Leut ſich auff die
Philoſophi gelegt/ nit anderer Vrſachẽ halber/ als dz die Tugend uñ
Ehrlichkeit/ ihrẽ Werth behielte/ uñ die Elendigkeiten der Welt erbeſ-
ſert wurdẽ. Und fuͤrwar was nit zu dieſẽ zilet/ iſt gar nit eines Hellers
zu ſchaͤtzen. Die jenige muͤſſige Speculanten und Diſputanten, die
jenige ſage ich/ welche lieber gewolt ſpitzfindig diſputiren, als fromb
uñ verſtaͤndig leben/ beduncken mich den Sailtaͤntzern uñ Gaucklern
gleich zu ſeyn. Es iſt nemlich ein Kunſt/ uff dem Sail koͤnnen tantzen.
Es
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