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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Dissertatio
tapffere ingenia, die ohne das vermaledeyte metall nicht zu Werck
richten können/ was sie gar weißlich erdacht haben.

Derowegen wann ihr Weltweise seyd/ so beredet das gantz
Menschlich Geschlecht/ daß es einhellig das Geld verachte/ oder leh-
ret die Fürsten der Erden/ wie sie Zin in Silber/ Kupffer in Gold
verkehren können/ damit der verdiente aber auffgehaltene Liedlohn
nicht so offt gen Himmel schreye.

Der Edle Jurisconsultus, dessen Namen und Geschicklig-
keit ich von gantzem Hertzen ehre/ hat neulich dem Teutschland ein
Buch von den Küusten die Cassen zu mehren und zu amplificiren,
communicirt.
Es kan nicht gesagt werden/ mit was Begierd ich
selbiges Buch gelesen hab. Jch befahl allen meinen guten Freunden/
sie solten ihnen die grösten Beutel kauffen. Und warlich/ wann ich auß
dem Buch hätte können schöpffen/ was der Tittul vor sich truge/ alle
meine Freund wären schon reich. Aber/ wann ich mit einem solchen
Mann Feindschafft hätte/ schickte ich ihm den grossen Sack/ begeh-
rend/ daß er 20000. Ducaten/ gemeiner Schulen Nothdurfft und
Elend vorlethen thäte/ welche zu dieser Zeit mehr mit Seufftzen/ als
Singen gezwungen werden jenes alte Gesang zu repetiren:

Non Musae mulae, nostraque fama fames.
Wir Freyen Künste seyn verlacht/
Unser gut Geschrey ist da veracht.

Erlaubt mir/ O Philosophi, das ich euch ein Traum erzehle. Neu-
lich/ als ich nach unterschiedlicher Betrachtung dieser Zeiten lieblich
einschlieffe/ sahe ich in dem Schlaff den Pedell bleich am Gesicht/
mit truckner harter Haut/ einem schlechten Mäntelein/ mit zerlö-
cherten Hosen. Uber ein kleins kame die Fürwitz/ das jenig
schwätzige Weib/ welches bißweilen lieber Hunger wil leiden/ als
nichts umb neue oder alte Lügen wissen. Diese sihet den Pedell, und
als einen unbekanten redt sie ihn an/ was ist dir geschehen/ spricht sie/
O guter Gesell? was hast du verschuld/ daß du bist zur Straff ver-
dampt und condemnirt worden? Pedellus der antwortete mit sau-
rem Gesicht; wen meinst du wer ich seye? ein solchen sprach die Für-
witz/ der entweders zu dem Bergwerck oder Schul relegirt ist worden.
Als der Pedell mit Winckung des Haupts solches laugnete/ fragte
die Fürwitz; bist du derowegen ein Diaconus, oder bist uffm Saal
oder Schulgang mit hungerigem Bauch inter expectantes gele-
gen? oder vielleicht bist ein Alchymist/ der zwischen güldenen Hoffnun-
gen beym Ofen und Tiegel verdorben ist? Als der Pedell diß alles
wider laugnete/ treibet ihn die Fürwitz/ daß er für sich selbst wolte
die Ursach so grvsser Bleiche und Magere herauß sagen: Alsdann

schrye

Diſſertatio
tapffere ingenia, die ohne das vermaledeyte metall nicht zu Werck
richten koͤnnen/ was ſie gar weißlich erdacht haben.

Derowegen wann ihr Weltweiſe ſeyd/ ſo beredet das gantz
Menſchlich Geſchlecht/ daß es einhellig das Geld verachte/ oder leh-
ret die Fuͤrſten der Erden/ wie ſie Zin in Silber/ Kupffer in Gold
verkehren koͤnnen/ damit der verdiente aber auffgehaltene Liedlohn
nicht ſo offt gen Himmel ſchreye.

Der Edle Juriſconſultus, deſſen Namen und Geſchicklig-
keit ich von gantzem Hertzen ehre/ hat neulich dem Teutſchland ein
Buch von den Kuͤuſten die Caſſen zu mehren und zu amplificiren,
communicirt.
Es kan nicht geſagt werden/ mit was Begierd ich
ſelbiges Buch geleſen hab. Jch befahl allen meinen guten Freunden/
ſie ſolten ihnen die groͤſten Beutel kauffen. Und warlich/ wann ich auß
dem Buch haͤtte koͤnnen ſchoͤpffen/ was der Tittul vor ſich truge/ alle
meine Freund waͤren ſchon reich. Aber/ wann ich mit einem ſolchen
Mann Feindſchafft haͤtte/ ſchickte ich ihm den groſſen Sack/ begeh-
rend/ daß er 20000. Ducaten/ gemeiner Schulen Nothdurfft und
Elend vorlethen thaͤte/ welche zu dieſer Zeit mehr mit Seufftzen/ als
Singen gezwungen werden jenes alte Geſang zu repetiren:

Non Muſæ mulæ, noſtraque fama fames.
Wir Freyen Kuͤnſte ſeyn verlacht/
Unſer gut Geſchrey iſt da veracht.

Erlaubt mir/ O Philoſophi, das ich euch ein Traum erzehle. Neu-
lich/ als ich nach unterſchiedlicher Betrachtung dieſer Zeiten lieblich
einſchlieffe/ ſahe ich in dem Schlaff den Pedell bleich am Geſicht/
mit truckner harter Haut/ einem ſchlechten Maͤntelein/ mit zerloͤ-
cherten Hoſen. Uber ein kleins kame die Fuͤrwitz/ das jenig
ſchwaͤtzige Weib/ welches bißweilen lieber Hunger wil leiden/ als
nichts umb neue oder alte Luͤgen wiſſen. Dieſe ſihet den Pedell, und
als einen unbekanten redt ſie ihn an/ was iſt dir geſchehen/ ſpricht ſie/
O guter Geſell? was haſt du verſchuld/ daß du biſt zur Straff ver-
dampt und condemnirt worden? Pedellus der antwortete mit ſau-
rem Geſicht; wen meinſt du wer ich ſeye? ein ſolchen ſprach die Fuͤr-
witz/ der entweders zu dem Bergwerck oder Schul relegirt iſt worden.
Als der Pedell mit Winckung des Haupts ſolches laugnete/ fragte
die Fuͤrwitz; biſt du derowegen ein Diaconus, oder biſt uffm Saal
oder Schulgang mit hungerigem Bauch inter expectantes gele-
gen? oder vielleicht biſt ein Alchymiſt/ der zwiſchen guͤldenen Hoffnun-
gen beym Ofen und Tiegel verdorben iſt? Als der Pedell diß alles
wider laugnete/ treibet ihn die Fuͤrwitz/ daß er fuͤr ſich ſelbſt wolte
die Urſach ſo grvſſer Bleiche und Magere herauß ſagen: Alsdann

ſchrye
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[704/0746] Diſſertatio tapffere ingenia, die ohne das vermaledeyte metall nicht zu Werck richten koͤnnen/ was ſie gar weißlich erdacht haben. Derowegen wann ihr Weltweiſe ſeyd/ ſo beredet das gantz Menſchlich Geſchlecht/ daß es einhellig das Geld verachte/ oder leh- ret die Fuͤrſten der Erden/ wie ſie Zin in Silber/ Kupffer in Gold verkehren koͤnnen/ damit der verdiente aber auffgehaltene Liedlohn nicht ſo offt gen Himmel ſchreye. Der Edle Juriſconſultus, deſſen Namen und Geſchicklig- keit ich von gantzem Hertzen ehre/ hat neulich dem Teutſchland ein Buch von den Kuͤuſten die Caſſen zu mehren und zu amplificiren, communicirt. Es kan nicht geſagt werden/ mit was Begierd ich ſelbiges Buch geleſen hab. Jch befahl allen meinen guten Freunden/ ſie ſolten ihnen die groͤſten Beutel kauffen. Und warlich/ wann ich auß dem Buch haͤtte koͤnnen ſchoͤpffen/ was der Tittul vor ſich truge/ alle meine Freund waͤren ſchon reich. Aber/ wann ich mit einem ſolchen Mann Feindſchafft haͤtte/ ſchickte ich ihm den groſſen Sack/ begeh- rend/ daß er 20000. Ducaten/ gemeiner Schulen Nothdurfft und Elend vorlethen thaͤte/ welche zu dieſer Zeit mehr mit Seufftzen/ als Singen gezwungen werden jenes alte Geſang zu repetiren: Non Muſæ mulæ, noſtraque fama fames. Wir Freyen Kuͤnſte ſeyn verlacht/ Unſer gut Geſchrey iſt da veracht. Erlaubt mir/ O Philoſophi, das ich euch ein Traum erzehle. Neu- lich/ als ich nach unterſchiedlicher Betrachtung dieſer Zeiten lieblich einſchlieffe/ ſahe ich in dem Schlaff den Pedell bleich am Geſicht/ mit truckner harter Haut/ einem ſchlechten Maͤntelein/ mit zerloͤ- cherten Hoſen. Uber ein kleins kame die Fuͤrwitz/ das jenig ſchwaͤtzige Weib/ welches bißweilen lieber Hunger wil leiden/ als nichts umb neue oder alte Luͤgen wiſſen. Dieſe ſihet den Pedell, und als einen unbekanten redt ſie ihn an/ was iſt dir geſchehen/ ſpricht ſie/ O guter Geſell? was haſt du verſchuld/ daß du biſt zur Straff ver- dampt und condemnirt worden? Pedellus der antwortete mit ſau- rem Geſicht; wen meinſt du wer ich ſeye? ein ſolchen ſprach die Fuͤr- witz/ der entweders zu dem Bergwerck oder Schul relegirt iſt worden. Als der Pedell mit Winckung des Haupts ſolches laugnete/ fragte die Fuͤrwitz; biſt du derowegen ein Diaconus, oder biſt uffm Saal oder Schulgang mit hungerigem Bauch inter expectantes gele- gen? oder vielleicht biſt ein Alchymiſt/ der zwiſchen guͤldenen Hoffnun- gen beym Ofen und Tiegel verdorben iſt? Als der Pedell diß alles wider laugnete/ treibet ihn die Fuͤrwitz/ daß er fuͤr ſich ſelbſt wolte die Urſach ſo grvſſer Bleiche und Magere herauß ſagen: Alsdann ſchrye

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/746>, abgerufen am 22.11.2024.