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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
nus seiner Unschuld das Gewissen/ folgt der Natur/ eylet in Christi
Händ und der Reichen Anklagung. Der Reiche höret zur Stund des
Todes unterschiedliche Tröstungen von den Umbstehenden. Aber der
Arm hat es in sich und glaubts. Der Reich wird der Sünden erin-
nert; der Arm ist ihm derselben bewust/ und hat Reu und Leid. Der
Reiche ziert mit seinen Gütern die Kirch; der Arme aber ist ein Hei-
ligthumb Gottes. Der Reiche ernehrt die Armen; Der Arme ist ein
Kostgänger Gottes. Der Reiche ruhet unter dem Marmelstein; der
Arme im Schoß der Erden. Der Reiche gehet von hier unter den Ar-
men der Freunden/ aber der Arme wird von den Englen in die Schoß
Abraham getragen. O Tod wie bitter bist du einem reichen Menschen?
Das ist das fürnehmst/ mit welchem dich die übelgewunnene Reich-
thum peinigen/ da dich vielerley Ardeit verdriest/ auff welche du dich
bißhero geleinet hast. Wer wolte nicht der jenigen schmeichlerischen
Reden lachen/ welche bißweilen des sterbenden Reichen Beth umb-
stehen/ und närrisch fürgeben/ als wann die Natur selbst mit eines
solchen Mannes Gunst stoltziert hätte/ und sein Abscheidung nicht
leyden wolte. Wer wolte mit der jenigen thörichtesten Reden lachen/
welche vermeinen/ sie sterben mit grossem Schaden der Welt/ und
unschätzlichem Schaden der Erden/ als nemlichen welche mit soviel
Geschenck und Gaben beladen/ welche ein jeder den Gräbern nicht
solle vergönnen? Wer wolte aber dem Armen und Bettler nicht gra-
tuliren,
welcher an der Sach selbst sich der Erden ein solchen unter-
führt/ wie er ist/ verstehe ein kleiner Erdenklotz/ ein grosser Gast des
Himmels/ ein Zeug der jrrdischen Eytelkeit und Boßheit/ ein Erb des
Himmlischen Reichs Christi/ und aller frommen König/ Patriar-
chen und Propheten/ ein zukünfftiger Miterb.

Jch redete noch also/ da brumleten etliche Hirten/ sprechende:
Ach wie unbillich redet der jenige von der Armut/ welche er vielleicht
noch nicht hat erfahren/ er vermeint vielleicht/ ein Mueß essen/ seye
eben so viel/ als den Tisch mit einem Jndianischen Hanen zieren. Ein
Wasser oder wenig üblen Wein kosten/ seye vielleicht so viel/ glaubt
er/ als mit köstlichem oder Klingenbergischen Wein ein Venedisches
Glaß anfüllen. Jm Stroh herum waltzen/ oder in einem sanfften Beth
schnarchen. Jn einem Baurenhäußlein verborgen seyn/ und auß einen
köstlichen Pallast herfür sehen/ wird er vermeinen seye eben eins. Aber
er fehlt. Letzlich hebte ein Schulmeister/ der das aerarium Poeticum
VV ein richii
gefressen zu haben vermeint/ nach zwey: und mehrma-
liger streichung des Barts und grossem Husten/ also an: gedulde/ O
Vorsteher/ daß ich mit kurtzer Axt meiner Phrasium, dein Red zerspal-
te. Dann dein Oration hat in meinem Gemüt nit kleine Angel verlassen.

Und

Von der Kunſt reich zu werden.
nus ſeiner Unſchuld das Gewiſſen/ folgt der Natur/ eylet in Chriſti
Haͤnd und der Reichen Anklagung. Der Reiche hoͤret zur Stund des
Todes unterſchiedliche Troͤſtungen von den Umbſtehenden. Aber der
Arm hat es in ſich und glaubts. Der Reich wird der Suͤnden erin-
nert; der Arm iſt ihm derſelben bewuſt/ und hat Reu und Leid. Der
Reiche ziert mit ſeinen Guͤtern die Kirch; der Arme aber iſt ein Hei-
ligthumb Gottes. Der Reiche ernehrt die Armen; Der Arme iſt ein
Koſtgaͤnger Gottes. Der Reiche ruhet unter dem Marmelſtein; der
Arme im Schoß der Erden. Der Reiche gehet von hier unter den Ar-
men der Freunden/ aber der Arme wird von den Englen in die Schoß
Abraham getragen. O Tod wie bitter biſt du einem ꝛeichen Menſchen?
Das iſt das fuͤrnehmſt/ mit welchem dich die uͤbelgewunnene Reich-
thum peinigen/ da dich vielerley Ardeit verdrieſt/ auff welche du dich
bißhero geleinet haſt. Wer wolte nicht der jenigen ſchmeichleriſchen
Reden lachen/ welche bißweilen des ſterbenden Reichen Beth umb-
ſtehen/ und naͤrꝛiſch fuͤrgeben/ als wann die Natur ſelbſt mit eines
ſolchen Mannes Gunſt ſtoltziert haͤtte/ und ſein Abſcheidung nicht
leyden wolte. Wer wolte mit der jenigen thoͤrichteſten Reden lachen/
welche vermeinen/ ſie ſterben mit groſſem Schaden der Welt/ und
unſchaͤtzlichem Schaden der Erden/ als nemlichen welche mit ſoviel
Geſchenck und Gaben beladen/ welche ein jeder den Graͤbern nicht
ſolle vergoͤnnen? Wer wolte aber dem Armen und Bettler nicht gra-
tuliren,
welcher an der Sach ſelbſt ſich der Erden ein ſolchen unter-
fuͤhrt/ wie er iſt/ verſtehe ein kleiner Erdenklotz/ ein groſſer Gaſt des
Himmels/ ein Zeug der jrꝛdiſchen Eytelkeit und Boßheit/ ein Erb des
Himmliſchen Reichs Chriſti/ und aller frommen Koͤnig/ Patriar-
chen und Propheten/ ein zukuͤnfftiger Miterb.

Jch redete noch alſo/ da brumleten etliche Hirten/ ſprechende:
Ach wie unbillich redet der jenige von der Armut/ welche er vielleicht
noch nicht hat erfahren/ er vermeint vielleicht/ ein Mueß eſſen/ ſeye
eben ſo viel/ als den Tiſch mit einem Jndianiſchen Hanen zieren. Ein
Waſſer oder wenig uͤblen Wein koſten/ ſeye vielleicht ſo viel/ glaubt
er/ als mit koͤſtlichem oder Klingenbergiſchen Wein ein Venediſches
Glaß anfuͤllen. Jm Stroh herum waltzen/ oder in einem ſanfftẽ Beth
ſchnarchen. Jn einem Baurenhaͤußlein verborgen ſeyn/ und auß einẽ
koͤſtlichen Pallaſt herfuͤr ſehen/ wird er vermeinen ſeye eben eins. Aber
er fehlt. Letzlich hebte ein Schulmeiſter/ der das ærarium Poeticum
VV ein richii
gefreſſen zu haben vermeint/ nach zwey: und mehrma-
liger ſtreichung des Barts und groſſem Huſten/ alſo an: gedulde/ O
Vorſteher/ daß ich mit kurtzer Axt meiner Phraſium, dein Red zerſpal-
te. Dañ dein Oration hat in meinem Gemuͤt nit kleine Angel verlaſſẽ.

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[699/0741] Von der Kunſt reich zu werden. nus ſeiner Unſchuld das Gewiſſen/ folgt der Natur/ eylet in Chriſti Haͤnd und der Reichen Anklagung. Der Reiche hoͤret zur Stund des Todes unterſchiedliche Troͤſtungen von den Umbſtehenden. Aber der Arm hat es in ſich und glaubts. Der Reich wird der Suͤnden erin- nert; der Arm iſt ihm derſelben bewuſt/ und hat Reu und Leid. Der Reiche ziert mit ſeinen Guͤtern die Kirch; der Arme aber iſt ein Hei- ligthumb Gottes. Der Reiche ernehrt die Armen; Der Arme iſt ein Koſtgaͤnger Gottes. Der Reiche ruhet unter dem Marmelſtein; der Arme im Schoß der Erden. Der Reiche gehet von hier unter den Ar- men der Freunden/ aber der Arme wird von den Englen in die Schoß Abraham getragen. O Tod wie bitter biſt du einem ꝛeichen Menſchen? Das iſt das fuͤrnehmſt/ mit welchem dich die uͤbelgewunnene Reich- thum peinigen/ da dich vielerley Ardeit verdrieſt/ auff welche du dich bißhero geleinet haſt. Wer wolte nicht der jenigen ſchmeichleriſchen Reden lachen/ welche bißweilen des ſterbenden Reichen Beth umb- ſtehen/ und naͤrꝛiſch fuͤrgeben/ als wann die Natur ſelbſt mit eines ſolchen Mannes Gunſt ſtoltziert haͤtte/ und ſein Abſcheidung nicht leyden wolte. Wer wolte mit der jenigen thoͤrichteſten Reden lachen/ welche vermeinen/ ſie ſterben mit groſſem Schaden der Welt/ und unſchaͤtzlichem Schaden der Erden/ als nemlichen welche mit ſoviel Geſchenck und Gaben beladen/ welche ein jeder den Graͤbern nicht ſolle vergoͤnnen? Wer wolte aber dem Armen und Bettler nicht gra- tuliren, welcher an der Sach ſelbſt ſich der Erden ein ſolchen unter- fuͤhrt/ wie er iſt/ verſtehe ein kleiner Erdenklotz/ ein groſſer Gaſt des Himmels/ ein Zeug der jrꝛdiſchen Eytelkeit und Boßheit/ ein Erb des Himmliſchen Reichs Chriſti/ und aller frommen Koͤnig/ Patriar- chen und Propheten/ ein zukuͤnfftiger Miterb. Jch redete noch alſo/ da brumleten etliche Hirten/ ſprechende: Ach wie unbillich redet der jenige von der Armut/ welche er vielleicht noch nicht hat erfahren/ er vermeint vielleicht/ ein Mueß eſſen/ ſeye eben ſo viel/ als den Tiſch mit einem Jndianiſchen Hanen zieren. Ein Waſſer oder wenig uͤblen Wein koſten/ ſeye vielleicht ſo viel/ glaubt er/ als mit koͤſtlichem oder Klingenbergiſchen Wein ein Venediſches Glaß anfuͤllen. Jm Stroh herum waltzen/ oder in einem ſanfftẽ Beth ſchnarchen. Jn einem Baurenhaͤußlein verborgen ſeyn/ und auß einẽ koͤſtlichen Pallaſt herfuͤr ſehen/ wird er vermeinen ſeye eben eins. Aber er fehlt. Letzlich hebte ein Schulmeiſter/ der das ærarium Poeticum VV ein richii gefreſſen zu haben vermeint/ nach zwey: und mehrma- liger ſtreichung des Barts und groſſem Huſten/ alſo an: gedulde/ O Vorſteher/ daß ich mit kurtzer Axt meiner Phraſium, dein Red zerſpal- te. Dañ dein Oration hat in meinem Gemuͤt nit kleine Angel verlaſſẽ. Und

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/741>, abgerufen am 22.11.2024.