Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Ehrenrettung. Straßburg gethan; Jch hätte damals aller neuer EvangelischenRathsherrn Gemüther leichtlich an mich ziehen/ und den Zweck errei- chen können/ darauff der gottselige Helvicius in reformation der Schulen gezielet. Jch wuste wol/ daß in dieser Stadt viel fromme/ sehr discrete Leut und rechte Prediger-Freunde wohneten/ und weil sie eine beträngte Kirche gehabt/ ein Hunger nach dem Wort Gottes bey ihnen sey/ da hergegen an andern Oertern/ allwo so offt und viel- mal geprediget wird/ die Leute einen Eckel an demselbigen haben. Jch wuste gar wol/ wie angenehm ein Theologus bey einer be- stehe/
Ehrenrettung. Straßburg gethan; Jch haͤtte damals aller neuer EvangeliſchenRathsherꝛn Gemuͤther leichtlich an mich ziehen/ und den Zweck erꝛei- chen koͤnnen/ darauff der gottſelige Helvicius in reformation der Schulen gezielet. Jch wuſte wol/ daß in dieſer Stadt viel fromme/ ſehr diſcrete Leut und rechte Prediger-Freunde wohneten/ und weil ſie eine betraͤngte Kirche gehabt/ ein Hunger nach dem Wort Gottes bey ihnen ſey/ da hergegen an andern Oertern/ allwo ſo offt und viel- mal geprediget wird/ die Leute einen Eckel an demſelbigen haben. Jch wuſte gar wol/ wie angenehm ein Theologus bey einer be- ſtehe/
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Ehrenrettung.
Straßburg gethan; Jch haͤtte damals aller neuer Evangeliſchen
Rathsherꝛn Gemuͤther leichtlich an mich ziehen/ und den Zweck erꝛei-
chen koͤnnen/ darauff der gottſelige Helvicius in reformation der
Schulen gezielet. Jch wuſte wol/ daß in dieſer Stadt viel fromme/
ſehr diſcrete Leut und rechte Prediger-Freunde wohneten/ und weil
ſie eine betraͤngte Kirche gehabt/ ein Hunger nach dem Wort Gottes
bey ihnen ſey/ da hergegen an andern Oertern/ allwo ſo offt und viel-
mal geprediget wird/ die Leute einen Eckel an demſelbigen haben.
Jch wuſte gar wol/ wie angenehm ein Theologus bey einer be-
traͤngten Kirchen ſey; Jch kondte mich aber damals in dieſem Wer-
cke alſobald nicht reſolviren, ſondern dachte/ Jch wolte die beydẽ
Staͤdte darvon diſputiren laſſen/ und alles Gottes Wil-
len anheim ſtellen. Als ich wider von Franckfurt nach Braubach
kam/ warff Gott meine gantze Familiam auff das Siechbette/ und
alle die Meinigen wurden todtkranck/ alſo daß kein geſunder Menſch
im Hauſe war/ als Herꝛ D. Nicolaus Jndig ein Medicus, welchen
ich von Caſtellaun holen ließ/ ich und ein kleiner Schwediſcher Jung/
welchen ich damals bey mir hatte/ und dann eine Magd/ welche zwar
fuͤr meiner Ankunfft ward kranck worden/ und widerumb zu recht
kam. Der Medicus ſagte: Es were eine Art von der Peſt/ darvon ich
aber nicht viel Nachredens machen doͤrffte. Mein hochſeliger Herꝛ
Landgraff Johann/ hatte mir Commiſſion auffgetragen/ mit ihrem
Herꝛn Bruder zu Darmſtadt eins und anders zu reden/ und trugen
Verlangen zu hoͤren/ was fuͤr Antwort darauff gefolget ſey. Allein bey
ſo bewandtem Zuſtand durffte ich nicht zu Jhrer Fuͤrſtl. Gn. kommen/
und Jhr Fuͤrſtl. Gn. moͤchten auch nicht gerne ſehen/ daß jemand
zu mir kam/ damit die Kranckheit nicht propagirt wuͤrde. Es war
mir unter dieſer Zeit zu Muth/ als ob ich in einem Gefaͤngnis als
ein Ubelthaͤter muͤſte ſitzen/ und dachte offt an den Propheten Jo-
nam/ welcher im Bauch deß Wallfiſches ſitzen muſte/ eh er nach Nini-
ven kam. Jch ſchriebe dieſer Sache halben an eine vornehme gotts-
fuͤrchtige Graͤfliche Dame/ und ſtellte dieſes Vocations-Werck mit
Jhr in Rath/ welche mir dieſe nachdenckliche Antwort gab: Mein
lieber Doct. Schupp, &c. Jch ſehe/ daß Euch Gott jetzo
recht auff die Probe ſetzen wolle. Jch weiß gar wol/
daß ihr euer Lebtage dem Geitz nicht ſeyd ergeben ge-
weſen. Allein weil ihr fuͤr einem Jahr in der Pluͤnde-
rung zu Marpurg ſo groſſen Schaden gelitten habt/
ſo ſorge ich/ ihr moͤget hinfuͤhro geitzig werden. Mich
duͤnckt die Augſpurger ſeyn Euch nicht reich genug/
weil bißhero eine bedraͤngte Kirche daſelbſt geweſen
iſt. Jch mercke/ daß Euch der Kopff nach Hamburg zu-
ſtehe/
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