Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Abgenöhtigte men? Haben wir nicht fast in allen Kirchen unsere Stühle gehabt?Sind wir nicht offt genug zum Beichtstuhl/ zum H. Abendmal ge- gangen? Haben wir nicht reichlich genug gegeben zu Erbauung Kir- chen und Schulen? Haben wir nicht ins Wäisenhauß/ ins Gasthauß/ in andere Hospitalia nicht gnnng geschicket? Haben wir frembde ver- triebene Leute nicht wol versorget? Allein das machts nicht aus im Christenthum/ sondern man muß auch sonst den Wil- len thun des Himmlischen Vaters etc. Das sind meine for- malia verba gewesen. Jch frage hier die gantze Christenheit/ ob ich mit diesen Worten gelahrte Leute welche mit Theologi- schen Schrifften die Kirche Gottes erbauet/ außgehö- net habe/ wie Butyrolambius in seiner Paßquil vorgibt? Si tu ta- lis non es, haec nihil ad Te; Sin agnoscis malum tuum, de ad- monitum puta. Jch frage ob das heisset Satyrisiret, fabuliret. Schand und Pickelheringspossen auff der Cantzel ge- prediget/ wie Butyrolambius in seiner Paßquill am 48. Blat ein groß Geschrey davon machet? Zum andern sprichstu in deiner Paßquil am 54. Blat/ ich habe den 19. Martii des Frey- tages auff der Cantzel öffentlich in der Predigt gesagt/ daß in Den- nemarck die Prediger fast Monatlich umb Ehebruchs willen gestraffet werden/ welches daher kompt/ dieweil sie ihrer Antecessorum Wittiben und Töchter nehmen müsten/ dazu sie doch keine Liebe trügen. Hier haben dir deine außgeschickte Kundschaffer abermals nicht recht referiret/ wie du hernacher sehen wirst. Es stecket aber hier etwas sonderliches ver- borgen. Erstlich hat Butyrolambius vermeinet/ er wolte mich da- durch in Dennemarck verhast machen. Zum Andern hat ihm ohn Zweiffel sein Gewissen gesagt/ wie sein Vetter und Anverwandter Demetrius der Goldschmied sey zu seinem Dienst kommen/ nemlich per casum genitivum, und dieses ulcus conscientiae heist/ Noli me tangere, Jch habe den 19 Martij gepredigt von der Passion/ und habe erzehlet/ daß da Christus habe leiden müssen/ damals seyen Hannas und Caiphas Schwiegervater und Tochter- mann/ Hohepriester zu Jerusalem gewesen. Diese beyde haben das Hohe Priesterthum/ wie Jose phus meldet/ umb eine ge- wisse Summa Geldes von Römern erkaufft. Dabey habe ich gesa- get: Wo dieses noch heutiges Tages geschicht/ daß man eine- solche Kauffmannschafft mit Geistlichen und Weltlichen Aemptern treibet/ daß niemand fast zu einem Ampt kommen kan/ er kauffe sich dann dazu/ oder bringe sich durch Heyrahten/ durch Schwägerschafft oder Vetterschafft darzu/ da müsse der unschuldige HErr Christus in seinen Gliedern gemeiniglich leyden: Hannas
Abgenoͤhtigte men? Haben wir nicht faſt in allen Kirchen unſere Stuͤhle gehabt?Sind wir nicht offt genug zum Beichtſtuhl/ zum H. Abendmal ge- gangen? Haben wir nicht reichlich genug gegeben zu Erbauung Kir- chen und Schulen? Haben wir nicht ins Waͤiſenhauß/ ins Gaſthauß/ in andere Hoſpitalia nicht gnnng geſchicket? Haben wir frembde ver- triebene Leute nicht wol verſorget? Allein das machts nicht aus im Chriſtenthum/ ſondern man muß auch ſonſt den Wil- len thun des Himmliſchen Vaters ꝛc. Das ſind meine for- malia verba geweſen. Jch frage hier die gantze Chriſtenheit/ ob ich mit dieſen Worten gelahrte Leute welche mit Theologi- ſchen Schrifften die Kirche Gottes erbauet/ außgehoͤ- net habe/ wie Butyrolambius in ſeiner Paßquil vorgibt? Si tu ta- lis non es, hæc nihil ad Te; Sin agnoſcis malum tuum, de ad- monitum puta. Jch frage ob das heiſſet Satyriſiret, fabuliret. Schand und Pickelheringspoſſen auff der Cantzel ge- prediget/ wie Butyrolambius in ſeiner Paßquill am 48. Blat ein groß Geſchrey davon machet? Zum andern ſprichſtu in deiner Paßquil am 54. Blat/ ich habe den 19. Martii des Frey- tages auff der Cantzel oͤffentlich in der Predigt geſagt/ daß in Den- nemarck die Prediger faſt Monatlich umb Ehebruchs willen geſtraffet werden/ welches daher kompt/ dieweil ſie ihrer Anteceſſorum Wittiben und Toͤchter nehmen muͤſten/ dazu ſie doch keine Liebe truͤgen. Hier haben dir deine außgeſchickte Kundſchaffer abermals nicht recht referiret/ wie du hernacher ſehen wirſt. Es ſtecket aber hier etwas ſonderliches ver- borgen. Erſtlich hat Butyrolambius vermeinet/ er wolte mich da- durch in Dennemarck verhaſt machen. Zum Andern hat ihm ohn Zweiffel ſein Gewiſſen geſagt/ wie ſein Vetter und Anverwandter Demetrius der Goldſchmied ſey zu ſeinem Dienſt kommen/ nemlich per caſum genitivum, und dieſes ulcus conſcientiæ heiſt/ Noli me tangere, Jch habe den 19 Martij gepredigt von der Paſſion/ und habe erzehlet/ daß da Chriſtus habe leiden muͤſſen/ damals ſeyen Hannas und Caiphas Schwiegervater und Tochter- mann/ Hoheprieſter zu Jeruſalem geweſen. Dieſe beyde haben das Hohe Prieſterthum/ wie Joſe phus meldet/ umb eine ge- wiſſe Summa Geldes von Roͤmern erkaufft. Dabey habe ich geſa- get: Wo dieſes noch heutiges Tages geſchicht/ daß man eine- ſolche Kauffmannſchafft mit Geiſtlichen und Weltlichen Aemptern treibet/ daß niemand faſt zu einem Ampt kommen kan/ er kauffe ſich dann dazu/ oder bringe ſich durch Heyrahten/ durch Schwaͤgerſchafft oder Vetterſchafft darzu/ da muͤſſe der unſchuldige HErꝛ Chriſtus in ſeinen Gliedern gemeiniglich leyden: Hannas
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0684" n="642"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Abgenoͤhtigte</hi></fw><lb/> men? Haben wir nicht faſt in allen Kirchen unſere Stuͤhle gehabt?<lb/> Sind wir nicht offt genug zum Beichtſtuhl/ zum H. Abendmal ge-<lb/> gangen? Haben wir nicht reichlich genug gegeben zu Erbauung Kir-<lb/> chen und Schulen? Haben wir nicht ins Waͤiſenhauß/ ins Gaſthauß/<lb/> in andere Hoſpitalia nicht gnnng geſchicket? Haben wir frembde ver-<lb/> triebene Leute nicht wol verſorget? <hi rendition="#fr">Allein das machts nicht aus<lb/> im Chriſtenthum/ ſondern man muß auch ſonſt den Wil-<lb/> len thun des Himmliſchen Vaters ꝛc.</hi> Das ſind meine <hi rendition="#aq">for-<lb/> malia verba</hi> geweſen. Jch frage hier die gantze Chriſtenheit/ ob ich<lb/> mit dieſen <hi rendition="#fr">Worten gelahrte Leute welche mit Theologi-<lb/> ſchen Schrifften die Kirche Gottes erbauet/ außgehoͤ-<lb/> net habe/</hi> wie <hi rendition="#aq">Butyrolambius</hi> in ſeiner Paßquil vorgibt? <hi rendition="#aq">Si tu ta-<lb/> lis non es, hæc nihil ad Te; Sin agnoſcis malum tuum, de ad-<lb/> monitum puta.</hi> Jch frage ob das <hi rendition="#fr">heiſſet</hi> <hi rendition="#aq">Satyriſiret, fabuliret.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Schand und Pickelheringspoſſen auff der Cantzel ge-<lb/> prediget/ wie Butyrolambius in ſeiner Paßquill am 48.<lb/> Blat ein groß Geſchrey davon machet?</hi> Zum andern ſprichſtu<lb/> in deiner Paßquil am 54. Blat/ ich habe den 19. Martii des Frey-<lb/> tages auff der Cantzel oͤffentlich in der Predigt geſagt/ <hi rendition="#fr">daß in Den-<lb/> nemarck die Prediger faſt Monatlich umb Ehebruchs<lb/> willen geſtraffet werden/ welches daher kompt/ dieweil<lb/> ſie ihrer</hi> <hi rendition="#aq">Anteceſſorum</hi> <hi rendition="#fr">Wittiben und Toͤchter nehmen<lb/> muͤſten/ dazu ſie doch keine Liebe truͤgen.</hi> Hier haben dir<lb/> deine außgeſchickte Kundſchaffer abermals nicht recht referiret/ wie<lb/> du hernacher ſehen wirſt. Es ſtecket aber hier etwas ſonderliches ver-<lb/> borgen. Erſtlich hat <hi rendition="#aq">Butyrolambius</hi> vermeinet/ er wolte mich da-<lb/> durch in Dennemarck verhaſt machen. Zum Andern hat ihm ohn<lb/> Zweiffel ſein Gewiſſen geſagt/ wie ſein Vetter und Anverwandter<lb/><hi rendition="#aq">Demetrius</hi> der Goldſchmied ſey zu ſeinem Dienſt kommen/ nemlich<lb/><hi rendition="#aq">per caſum genitivum,</hi> und dieſes <hi rendition="#aq">ulcus conſcientiæ</hi> heiſt/ <hi rendition="#aq">Noli<lb/> me tangere,</hi> Jch habe den 19 Martij gepredigt von der Paſſion/<lb/> und habe erzehlet/ daß da Chriſtus habe leiden muͤſſen/ damals ſeyen<lb/><hi rendition="#fr">Hannas und Caiphas Schwiegervater und Tochter-<lb/> mann/ Hoheprieſter zu Jeruſalem geweſen.</hi> Dieſe beyde<lb/> haben das Hohe Prieſterthum/ wie <hi rendition="#aq">Joſe phus</hi> meldet/ umb eine ge-<lb/> wiſſe Summa Geldes von Roͤmern erkaufft. Dabey habe ich geſa-<lb/> get: <hi rendition="#fr">Wo dieſes noch heutiges Tages geſchicht/</hi> daß man eine-<lb/> ſolche Kauffmannſchafft mit Geiſtlichen und Weltlichen Aemptern<lb/> treibet/ daß niemand faſt zu einem Ampt kommen kan/ er kauffe ſich<lb/> dann dazu/ oder bringe ſich durch Heyrahten/ durch Schwaͤgerſchafft<lb/> oder Vetterſchafft darzu/ da muͤſſe der unſchuldige HErꝛ Chriſtus in<lb/> ſeinen Gliedern gemeiniglich leyden:</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Hannas</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [642/0684]
Abgenoͤhtigte
men? Haben wir nicht faſt in allen Kirchen unſere Stuͤhle gehabt?
Sind wir nicht offt genug zum Beichtſtuhl/ zum H. Abendmal ge-
gangen? Haben wir nicht reichlich genug gegeben zu Erbauung Kir-
chen und Schulen? Haben wir nicht ins Waͤiſenhauß/ ins Gaſthauß/
in andere Hoſpitalia nicht gnnng geſchicket? Haben wir frembde ver-
triebene Leute nicht wol verſorget? Allein das machts nicht aus
im Chriſtenthum/ ſondern man muß auch ſonſt den Wil-
len thun des Himmliſchen Vaters ꝛc. Das ſind meine for-
malia verba geweſen. Jch frage hier die gantze Chriſtenheit/ ob ich
mit dieſen Worten gelahrte Leute welche mit Theologi-
ſchen Schrifften die Kirche Gottes erbauet/ außgehoͤ-
net habe/ wie Butyrolambius in ſeiner Paßquil vorgibt? Si tu ta-
lis non es, hæc nihil ad Te; Sin agnoſcis malum tuum, de ad-
monitum puta. Jch frage ob das heiſſet Satyriſiret, fabuliret.
Schand und Pickelheringspoſſen auff der Cantzel ge-
prediget/ wie Butyrolambius in ſeiner Paßquill am 48.
Blat ein groß Geſchrey davon machet? Zum andern ſprichſtu
in deiner Paßquil am 54. Blat/ ich habe den 19. Martii des Frey-
tages auff der Cantzel oͤffentlich in der Predigt geſagt/ daß in Den-
nemarck die Prediger faſt Monatlich umb Ehebruchs
willen geſtraffet werden/ welches daher kompt/ dieweil
ſie ihrer Anteceſſorum Wittiben und Toͤchter nehmen
muͤſten/ dazu ſie doch keine Liebe truͤgen. Hier haben dir
deine außgeſchickte Kundſchaffer abermals nicht recht referiret/ wie
du hernacher ſehen wirſt. Es ſtecket aber hier etwas ſonderliches ver-
borgen. Erſtlich hat Butyrolambius vermeinet/ er wolte mich da-
durch in Dennemarck verhaſt machen. Zum Andern hat ihm ohn
Zweiffel ſein Gewiſſen geſagt/ wie ſein Vetter und Anverwandter
Demetrius der Goldſchmied ſey zu ſeinem Dienſt kommen/ nemlich
per caſum genitivum, und dieſes ulcus conſcientiæ heiſt/ Noli
me tangere, Jch habe den 19 Martij gepredigt von der Paſſion/
und habe erzehlet/ daß da Chriſtus habe leiden muͤſſen/ damals ſeyen
Hannas und Caiphas Schwiegervater und Tochter-
mann/ Hoheprieſter zu Jeruſalem geweſen. Dieſe beyde
haben das Hohe Prieſterthum/ wie Joſe phus meldet/ umb eine ge-
wiſſe Summa Geldes von Roͤmern erkaufft. Dabey habe ich geſa-
get: Wo dieſes noch heutiges Tages geſchicht/ daß man eine-
ſolche Kauffmannſchafft mit Geiſtlichen und Weltlichen Aemptern
treibet/ daß niemand faſt zu einem Ampt kommen kan/ er kauffe ſich
dann dazu/ oder bringe ſich durch Heyrahten/ durch Schwaͤgerſchafft
oder Vetterſchafft darzu/ da muͤſſe der unſchuldige HErꝛ Chriſtus in
ſeinen Gliedern gemeiniglich leyden:
Hannas
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |