Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Zuschrifft. Hier frag ich alle Kramer-Jungen in gantz Hamburg/ ob einer un-ter ihnen ein solcher tummer Esel sey/ der ein Ding/ das von Amsterdam an ihn geschicket würde/ darumb er nicht geschrieben habe/ und nicht wisse/ warumb es an ihn ge- schicket werde/ auch nicht wisse/ ob er es verkauffen sol/ oder ob er es an andere Oerter verschicken sol/ hab auch keinen Adviso-brieff/ ob ein solcher tummer Junge ein solch Paquet auffbrechen und verkauffen werde/ bevor- ab da er nicht wisse/ wie theuer es verkaufft werden sol? Wann der Spargent dieses Paßquills sagen wolte/ er sey ein alter Mann/ und habe solche Dinge nicht verstanden: So antworte ich ihm/ warumb er dann nicht bey seinem Buchbinden blieben sey/ und habe Buchführer seyn lassen/ welche dabey herkommen seyn? Wann ich diesen Mann fragen solte/ ob er nicht den Titul dieses Paßquills gelesen? Ob er ihm nicht verdächtig fürkommen sey? Ob er nicht selbst vor der offentlichen Feilbietung darin geblättert und gelesen/ und den Jnhalt darin vermercket? Ob er nicht einen Gewinst bey dieser Verkäuffung gesuchet habe? Ob nicht ein Bogen höher als sonst zwey Bogen verkauffet worden? Ob er nicht bey seiner Seelen Seligkeit bekennen müssen: Daß er auß dem vorhergehenden Gerüchte und dem Jnhalt angemercket habe/ daß der Paßquillant mich/ Doct. Schuppen/ Ehrenverletzlich angegriffen habe/ und daß dieses Tra- ctätlein wider D. Schuppen außgegangen sey? Ob nicht der Rech- ten gemäß/ daß Buchführer keine Schmähschrifften verkauffen sol- len/ sondern solche Schrifften ungelesen und unverkaufft verbrennen oder der Obrigkeit ad inquirendum überliefern sollen: Jch wil ihn aber für der Welt nicht beschämen/ sondern ich wil ihm zu gefallen glauben/ was er sagt: Am Jüngsten Tage wird alles offenbar wer- den/ da sol er dem Richter der Lebendigen und der Todten davon Ant- wort geben. Jch mag nicht gerne einem anmuthen/ daß er einen Eyd thue/ wann ich den geringsten Argwohn habe/ daß er nicht mit voll- kommenem guten Gewissen schwere. Wann es nicht eine erschreckli- che Sünde were/ einen falschen Eyd zu schweren/ wolte ich einen Kerl umb einen Reichsthaler dingen/ daß er mir zugefallen in einer ungerechten Sache einen Eyd schweren solte. Jch habe auß Erfah- rung gelernet/ daß einen falschen Eyd schweren/ das gemeine Volck für keine/ oder doch für eine geringe Sünde halte/ weil der Meineyd nicht durch den Büttel oder Hencker gestraffet würde. Jch weiß/ daß seyen Leute gewesen/ welche umb zwey Marck Lübsch willen einen fal- schen Eyd geschworen/ alleine nach der That war ihnen zu muthe/ als ob ihnen die gantze Welt wolle zu enge werden. Jch dencke itzo an Hieronymum/ der sagt nachdencklich: Wann du einen treibest und verur-
Zuſchrifft. Hier frag ich alle Kramer-Jungen in gantz Hamburg/ ob einer un-ter ihnen ein ſolcher tummer Eſel ſey/ der ein Ding/ das von Amſterdam an ihn geſchicket wuͤrde/ darumb er nicht geſchrieben habe/ und nicht wiſſe/ warumb es an ihn ge- ſchicket werde/ auch nicht wiſſe/ ob er es verkauffen ſol/ oder ob er es an andere Oerter verſchicken ſol/ hab auch keinen Adviſo-brieff/ ob ein ſolcher tummer Junge ein ſolch Paquet auffbrechen und verkauffen werde/ bevor- ab da er nicht wiſſe/ wie theuer es verkaufft werden ſol? Wann der Spargent dieſes Paßquills ſagen wolte/ er ſey ein alter Mann/ und habe ſolche Dinge nicht verſtanden: So antworte ich ihm/ warumb er dann nicht bey ſeinem Buchbinden blieben ſey/ und habe Buchfuͤhrer ſeyn laſſen/ welche dabey herkommen ſeyn? Wann ich dieſen Mann fragen ſolte/ ob er nicht den Titul dieſes Paßquills geleſen? Ob er ihm nicht verdaͤchtig fuͤrkommen ſey? Ob er nicht ſelbſt vor der offentlichen Feilbietung darin geblaͤttert und geleſen/ und den Jnhalt darin vermercket? Ob er nicht einen Gewinſt bey dieſer Verkaͤuffung geſuchet habe? Ob nicht ein Bogen hoͤher als ſonſt zwey Bogen verkauffet worden? Ob er nicht bey ſeiner Seelen Seligkeit bekennen muͤſſen: Daß er auß dem vorhergehenden Geruͤchte und dem Jnhalt angemercket habe/ daß der Paßquillant mich/ Doct. Schuppen/ Ehrenverletzlich angegriffen habe/ und daß dieſes Tra- ctaͤtlein wider D. Schuppen außgegangen ſey? Ob nicht der Rech- ten gemaͤß/ daß Buchfuͤhrer keine Schmaͤhſchrifften verkauffen ſol- len/ ſondern ſolche Schrifften ungeleſen und unverkaufft verbrennen oder der Obrigkeit ad inquirendum uͤberliefern ſollen: Jch wil ihn aber fuͤr der Welt nicht beſchaͤmen/ ſondern ich wil ihm zu gefallen glauben/ was er ſagt: Am Juͤngſten Tage wird alles offenbar wer- den/ da ſol er dem Richter der Lebendigen und der Todten davon Ant- wort geben. Jch mag nicht gerne einem anmuthen/ daß er einen Eyd thue/ wann ich den geringſten Argwohn habe/ daß er nicht mit voll- kommenem guten Gewiſſen ſchwere. Wann es nicht eine erſchreckli- che Suͤnde were/ einen falſchen Eyd zu ſchweren/ wolte ich einen Kerl umb einen Reichsthaler dingen/ daß er mir zugefallen in einer ungerechten Sache einen Eyd ſchweren ſolte. Jch habe auß Erfah- rung gelernet/ daß einen falſchen Eyd ſchweren/ das gemeine Volck fuͤr keine/ oder doch fuͤr eine geringe Suͤnde halte/ weil der Meineyd nicht durch den Buͤttel oder Hencker geſtraffet wuͤrde. Jch weiß/ daß ſeyen Leute geweſen/ welche umb zwey Marck Luͤbſch willen einen fal- ſchen Eyd geſchworen/ alleine nach der That war ihnen zu muthe/ als ob ihnen die gantze Welt wolle zu enge werden. Jch dencke itzo an Hieronymum/ der ſagt nachdencklich: Wann du einen treibeſt und verur-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="dedication" n="2"> <p><pb facs="#f0663" n="621"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zuſchrifft.</hi></fw><lb/> Hier frag ich alle Kramer-Jungen in gantz Hamburg/ ob einer un-<lb/> ter ihnen ein ſolcher tummer Eſel ſey/ <hi rendition="#fr">der ein Ding/ das von<lb/> Amſterdam an ihn geſchicket wuͤrde/ darumb er nicht<lb/> geſchrieben habe/ und nicht wiſſe/ warumb es an ihn ge-<lb/> ſchicket werde/ auch nicht wiſſe/ ob er es verkauffen ſol/<lb/> oder ob er es an andere Oerter verſchicken ſol/ hab auch<lb/> keinen Adviſo-brieff/ ob ein ſolcher tummer Junge ein<lb/> ſolch Paquet auffbrechen und verkauffen werde/ bevor-<lb/> ab da er nicht wiſſe/ wie theuer es verkaufft werden ſol?</hi><lb/> Wann der Spargent dieſes Paßquills ſagen wolte/ er ſey ein alter<lb/> Mann/ und habe ſolche Dinge nicht verſtanden: So antworte ich<lb/> ihm/ warumb er dann nicht bey ſeinem Buchbinden blieben ſey/ und<lb/> habe Buchfuͤhrer ſeyn laſſen/ welche dabey herkommen ſeyn? Wann<lb/> ich dieſen Mann fragen ſolte/ ob er nicht den Titul dieſes Paßquills<lb/> geleſen? Ob er ihm nicht verdaͤchtig fuͤrkommen ſey? Ob er nicht ſelbſt<lb/> vor der offentlichen Feilbietung darin geblaͤttert und geleſen/ und<lb/> den Jnhalt darin vermercket? Ob er nicht einen Gewinſt bey dieſer<lb/> Verkaͤuffung geſuchet habe? Ob nicht ein Bogen hoͤher als ſonſt zwey<lb/> Bogen verkauffet worden? Ob er nicht bey ſeiner Seelen Seligkeit<lb/> bekennen muͤſſen: Daß er auß dem vorhergehenden Geruͤchte und<lb/> dem Jnhalt angemercket habe/ daß der Paßquillant mich/ Doct.<lb/> Schuppen/ Ehrenverletzlich angegriffen habe/ und daß dieſes Tra-<lb/> ctaͤtlein wider D. Schuppen außgegangen ſey? Ob nicht der Rech-<lb/> ten gemaͤß/ daß Buchfuͤhrer keine Schmaͤhſchrifften verkauffen ſol-<lb/> len/ ſondern ſolche Schrifften ungeleſen und unverkaufft verbrennen<lb/> oder der Obrigkeit <hi rendition="#aq">ad inquirendum</hi> uͤberliefern ſollen: Jch wil ihn<lb/> aber fuͤr der Welt nicht beſchaͤmen/ ſondern ich wil ihm zu gefallen<lb/> glauben/ was er ſagt: Am Juͤngſten Tage wird alles offenbar wer-<lb/> den/ da ſol er dem Richter der Lebendigen und der Todten davon Ant-<lb/> wort geben. Jch mag nicht gerne einem anmuthen/ daß er einen Eyd<lb/> thue/ wann ich den geringſten Argwohn habe/ daß er nicht mit voll-<lb/> kommenem guten Gewiſſen ſchwere. Wann es nicht eine erſchreckli-<lb/> che Suͤnde were/ einen falſchen Eyd zu ſchweren/ wolte ich einen<lb/> Kerl umb einen Reichsthaler dingen/ daß er mir zugefallen in einer<lb/> ungerechten Sache einen Eyd ſchweren ſolte. Jch habe auß Erfah-<lb/> rung gelernet/ daß einen falſchen Eyd ſchweren/ das gemeine Volck<lb/> fuͤr keine/ oder doch fuͤr eine geringe Suͤnde halte/ weil der Meineyd<lb/> nicht durch den Buͤttel oder Hencker geſtraffet wuͤrde. Jch weiß/ daß<lb/> ſeyen Leute geweſen/ welche umb zwey Marck Luͤbſch willen einen fal-<lb/> ſchen Eyd geſchworen/ alleine nach der That war ihnen zu muthe/ als<lb/> ob ihnen die gantze Welt wolle zu enge werden. Jch dencke itzo an<lb/> Hieronymum/ der ſagt nachdencklich: Wann du einen treibeſt und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">verur-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [621/0663]
Zuſchrifft.
Hier frag ich alle Kramer-Jungen in gantz Hamburg/ ob einer un-
ter ihnen ein ſolcher tummer Eſel ſey/ der ein Ding/ das von
Amſterdam an ihn geſchicket wuͤrde/ darumb er nicht
geſchrieben habe/ und nicht wiſſe/ warumb es an ihn ge-
ſchicket werde/ auch nicht wiſſe/ ob er es verkauffen ſol/
oder ob er es an andere Oerter verſchicken ſol/ hab auch
keinen Adviſo-brieff/ ob ein ſolcher tummer Junge ein
ſolch Paquet auffbrechen und verkauffen werde/ bevor-
ab da er nicht wiſſe/ wie theuer es verkaufft werden ſol?
Wann der Spargent dieſes Paßquills ſagen wolte/ er ſey ein alter
Mann/ und habe ſolche Dinge nicht verſtanden: So antworte ich
ihm/ warumb er dann nicht bey ſeinem Buchbinden blieben ſey/ und
habe Buchfuͤhrer ſeyn laſſen/ welche dabey herkommen ſeyn? Wann
ich dieſen Mann fragen ſolte/ ob er nicht den Titul dieſes Paßquills
geleſen? Ob er ihm nicht verdaͤchtig fuͤrkommen ſey? Ob er nicht ſelbſt
vor der offentlichen Feilbietung darin geblaͤttert und geleſen/ und
den Jnhalt darin vermercket? Ob er nicht einen Gewinſt bey dieſer
Verkaͤuffung geſuchet habe? Ob nicht ein Bogen hoͤher als ſonſt zwey
Bogen verkauffet worden? Ob er nicht bey ſeiner Seelen Seligkeit
bekennen muͤſſen: Daß er auß dem vorhergehenden Geruͤchte und
dem Jnhalt angemercket habe/ daß der Paßquillant mich/ Doct.
Schuppen/ Ehrenverletzlich angegriffen habe/ und daß dieſes Tra-
ctaͤtlein wider D. Schuppen außgegangen ſey? Ob nicht der Rech-
ten gemaͤß/ daß Buchfuͤhrer keine Schmaͤhſchrifften verkauffen ſol-
len/ ſondern ſolche Schrifften ungeleſen und unverkaufft verbrennen
oder der Obrigkeit ad inquirendum uͤberliefern ſollen: Jch wil ihn
aber fuͤr der Welt nicht beſchaͤmen/ ſondern ich wil ihm zu gefallen
glauben/ was er ſagt: Am Juͤngſten Tage wird alles offenbar wer-
den/ da ſol er dem Richter der Lebendigen und der Todten davon Ant-
wort geben. Jch mag nicht gerne einem anmuthen/ daß er einen Eyd
thue/ wann ich den geringſten Argwohn habe/ daß er nicht mit voll-
kommenem guten Gewiſſen ſchwere. Wann es nicht eine erſchreckli-
che Suͤnde were/ einen falſchen Eyd zu ſchweren/ wolte ich einen
Kerl umb einen Reichsthaler dingen/ daß er mir zugefallen in einer
ungerechten Sache einen Eyd ſchweren ſolte. Jch habe auß Erfah-
rung gelernet/ daß einen falſchen Eyd ſchweren/ das gemeine Volck
fuͤr keine/ oder doch fuͤr eine geringe Suͤnde halte/ weil der Meineyd
nicht durch den Buͤttel oder Hencker geſtraffet wuͤrde. Jch weiß/ daß
ſeyen Leute geweſen/ welche umb zwey Marck Luͤbſch willen einen fal-
ſchen Eyd geſchworen/ alleine nach der That war ihnen zu muthe/ als
ob ihnen die gantze Welt wolle zu enge werden. Jch dencke itzo an
Hieronymum/ der ſagt nachdencklich: Wann du einen treibeſt und
verur-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |