Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Sendschreiben. meister/ welcher seinen Schülern etwas dictiren wolte und sagte:Scribite pueri, scribite. Dicam vobis aliquid, quod non inve- nietis in Dictionario, neque in Calepino, neque in Sylva Vo- cabulorum: Ciconia, Ciconia. Habt ihr es? est magnum ani- mal. Habt ihr es geschrieben? longum habens rostrum, longum habens rostrum. Et saltum saciens post ranam SIC, und da- mit sprang er über eine Banck. Jch wil dem Herrn kürtzlich sagen/ was die vornemste Ursach sey/ welche mich zu dem Calender zu Wolf- fenbüttel bracht hatte. Jch habe hiebevor einen grossen Cavallier ge- kant/ welchen ein Calendermacher oder Mathematicus überredet hatte/ es würde über zwey Jahr eine Schlacht bey Nürnberg ge- schehen/ da würde er die Käyserliche Armee auß dem Feld schlagen. Dieser Cavallier gieng wieder in Krieg. Fünff Monat hernach/ bekam ich die traurige Zeitung/ daß er todt sey. Hans Puckel von Nürnberg ist seit der Zeit so offt zu Hamburg gewesen/ allein man frage Herrn und Knecht im weissen Schwan/ ob Hans Puckel/ jemals mit einem Wort gedacht habe/ daß seyt der Zeit die Käyserliche Armee bey Nürnberg geschlagen sey? Jch habe mit unterschiedenen Cavalliern und Politicis zu thun gehabt/ welche sich einbilden/ unser HErr Gott müsse sich nohtwendig/ in Veränderung der Länder und Königreich/ nach den Calendermachern reguliren, und thun oder geschehen las- sen/ was die Calendermacher sagen. Uber diese Vanität klaget der geistreiche Theologus Herr Georg Albrecht/ gewesener wolverdien- ter Superintendens zu Nördlingen/ und sagt: Was die Practicam Astrologicam belanget/ die man gemeiniglich zu End des Calen- ders setzt/ auß dem Gestirn und Planeten prognosticiren, und ver- kündigen wil/ über welches Land Krieg/ Theurung und Pestilentz kommen soll/ oder wie es dem Menschen in dieser und anderer Zeit er- gehen werde/ halten unsere Evangelische Theologi nichts darvon. Lutherus sagt: Die Astrologia ist keine Kunst. Dann sie hat keine Principia und Demonstrationes, darauff man gewiß unwanckend fussen und gründen könte. Sondern die Sterngucker richten sich/ und urtheilen nach den Fällen/ wie sichs zuträgt/ sagen/ und geben für/ das ist einmal oder zwey geschehen/ und hat sich also zugetragen/ dar- umb muß es allezeit so geschehen/ etc. D. Jacob Andreae hat die Ca- lendermacher und Practic-Schreiber unter die Zeichendeuter gezo- gen/ und in einer offenen Predigt/ die er Anno 1578. in Truck außge- hen lassen/ hefftig wider sie gedonnert/ mit diesen Worten: Es wer- den leider Leute gefunden/ die auff solche Practiken und Calender mehr halten/ dann auff Gottes Wort. Dem Calender/ wie es Wittern oder der Practick/ wie es sonsten ergehen soll/ lauffen sie alsbald zu/ und se- hen was der Zeichendeuter ohngefehr/ oder auß Gottes Verhängniß/ der Q q iij
Sendſchreiben. meiſter/ welcher ſeinen Schuͤlern etwas dictiren wolte und ſagte:Scribite pueri, ſcribite. Dicam vobis aliquid, quod non inve- nietis in Dictionario, neque in Calepino, neque in Sylva Vo- cabulorum: Ciconia, Ciconia. Habt ihr es? eſt magnum ani- mal. Habt ihr es geſchrieben? longum habens roſtrum, longum habens roſtrum. Et ſaltum ſaciens poſt ranam SIC, und da- mit ſprang er uͤber eine Banck. Jch wil dem Herꝛn kuͤrtzlich ſagen/ was die vornemſte Urſach ſey/ welche mich zu dem Calender zu Wolf- fenbuͤttel bracht hatte. Jch habe hiebevor einen groſſen Cavallier ge- kant/ welchen ein Calendermacher oder Mathematicus uͤberredet hatte/ es wuͤrde uͤber zwey Jahr eine Schlacht bey Nuͤrnberg ge- ſchehen/ da wuͤrde er die Kaͤyſerliche Armee auß dem Feld ſchlagen. Dieſer Cavallier gieng wieder in Krieg. Fuͤnff Monat hernach/ bekam ich die traurige Zeitung/ daß er todt ſey. Hans Puckel von Nuͤrnberg iſt ſeit der Zeit ſo offt zu Hamburg geweſen/ allein man frage Herꝛn und Knecht im weiſſen Schwan/ ob Hans Puckel/ jemals mit einem Wort gedacht habe/ daß ſeyt der Zeit die Kaͤyſerliche Armee bey Nuͤrnberg geſchlagen ſey? Jch habe mit unterſchiedenen Cavalliern und Politicis zu thun gehabt/ welche ſich einbilden/ unſer HErꝛ Gott muͤſſe ſich nohtwendig/ in Veraͤnderung der Laͤnder und Koͤnigreich/ nach den Calendermachern reguliren, und thun oder geſchehen laſ- ſen/ was die Calendermacher ſagen. Uber dieſe Vanitaͤt klaget der geiſtreiche Theologus Herꝛ Georg Albrecht/ geweſener wolverdien- ter Superintendens zu Noͤrdlingen/ und ſagt: Was die Practicam Aſtrologicam belanget/ die man gemeiniglich zu End des Calen- ders ſetzt/ auß dem Geſtirn und Planeten prognoſticiren, und ver- kuͤndigen wil/ uͤber welches Land Krieg/ Theurung und Peſtilentz kommen ſoll/ oder wie es dem Menſchen in dieſer und anderer Zeit er- gehen werde/ halten unſere Evangeliſche Theologi nichts darvon. Lutherus ſagt: Die Aſtrologia iſt keine Kunſt. Dann ſie hat keine Principia und Demonſtrationes, darauff man gewiß unwanckend fuſſen und gruͤnden koͤnte. Sondern die Sterngucker richten ſich/ und urtheilen nach den Faͤllen/ wie ſichs zutraͤgt/ ſagen/ und geben fuͤr/ das iſt einmal oder zwey geſchehen/ und hat ſich alſo zugetragen/ dar- umb muß es allezeit ſo geſchehen/ ꝛc. D. Jacob Andreæ hat die Ca- lendermacher und Practic-Schreiber unter die Zeichendeuter gezo- gen/ und in einer offenen Predigt/ die er Anno 1578. in Truck außge- hen laſſen/ hefftig wider ſie gedonnert/ mit dieſen Worten: Es wer- den leider Leute gefunden/ die auff ſolche Practiken und Calender mehr halten/ dann auff Gottes Wort. Dem Calender/ wie es Wittern oder der Practick/ wie es ſonſten ergehen ſoll/ lauffen ſie alsbald zu/ und ſe- hen was der Zeichendeuter ohngefehr/ oder auß Gottes Verhaͤngniß/ der Q q iij
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cabulorum: Ciconia, Ciconia. Habt ihr es? eſt magnum ani-
mal. Habt ihr es geſchrieben? longum habens roſtrum, longum
habens roſtrum. Et ſaltum ſaciens poſt ranam SIC, und da-
mit ſprang er uͤber eine Banck. Jch wil dem Herꝛn kuͤrtzlich ſagen/
was die vornemſte Urſach ſey/ welche mich zu dem Calender zu Wolf-
fenbuͤttel bracht hatte. Jch habe hiebevor einen groſſen Cavallier ge-
kant/ welchen ein Calendermacher oder Mathematicus uͤberredet
hatte/ es wuͤrde uͤber zwey Jahr eine Schlacht bey Nuͤrnberg ge-
ſchehen/ da wuͤrde er die Kaͤyſerliche Armee auß dem Feld ſchlagen.
Dieſer Cavallier gieng wieder in Krieg. Fuͤnff Monat hernach/ bekam
ich die traurige Zeitung/ daß er todt ſey. Hans Puckel von Nuͤrnberg
iſt ſeit der Zeit ſo offt zu Hamburg geweſen/ allein man frage Herꝛn
und Knecht im weiſſen Schwan/ ob Hans Puckel/ jemals mit einem
Wort gedacht habe/ daß ſeyt der Zeit die Kaͤyſerliche Armee bey
Nuͤrnberg geſchlagen ſey? Jch habe mit unterſchiedenen Cavalliern
und Politicis zu thun gehabt/ welche ſich einbilden/ unſer HErꝛ Gott
muͤſſe ſich nohtwendig/ in Veraͤnderung der Laͤnder und Koͤnigreich/
nach den Calendermachern reguliren, und thun oder geſchehen laſ-
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geiſtreiche Theologus Herꝛ Georg Albrecht/ geweſener wolverdien-
ter Superintendens zu Noͤrdlingen/ und ſagt: Was die Practicam
Aſtrologicam belanget/ die man gemeiniglich zu End des Calen-
ders ſetzt/ auß dem Geſtirn und Planeten prognoſticiren, und ver-
kuͤndigen wil/ uͤber welches Land Krieg/ Theurung und Peſtilentz
kommen ſoll/ oder wie es dem Menſchen in dieſer und anderer Zeit er-
gehen werde/ halten unſere Evangeliſche Theologi nichts darvon.
Lutherus ſagt: Die Aſtrologia iſt keine Kunſt. Dann ſie hat keine
Principia und Demonſtrationes, darauff man gewiß unwanckend
fuſſen und gruͤnden koͤnte. Sondern die Sterngucker richten ſich/ und
urtheilen nach den Faͤllen/ wie ſichs zutraͤgt/ ſagen/ und geben fuͤr/
das iſt einmal oder zwey geſchehen/ und hat ſich alſo zugetragen/ dar-
umb muß es allezeit ſo geſchehen/ ꝛc. D. Jacob Andreæ hat die Ca-
lendermacher und Practic-Schreiber unter die Zeichendeuter gezo-
gen/ und in einer offenen Predigt/ die er Anno 1578. in Truck außge-
hen laſſen/ hefftig wider ſie gedonnert/ mit dieſen Worten: Es wer-
den leider Leute gefunden/ die auff ſolche Practiken und Calender mehr
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hen was der Zeichendeuter ohngefehr/ oder auß Gottes Verhaͤngniß/
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