Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Sendschreiben. habe. Zum andern daß ich einen solchen modum zum Schreiben hab/der den Theologis ungewöhnlich seye. Auff das erste hab ich dem Weitberühmten/ nit nur auff Universitäten/ sondern auch in einer vornehmen Republica, durch Lust und Unlust/ durch Glück und Unglück Hochgeübten Theologo, Herrn Dilhern zu Nürnberg ge- antwortet/ in einem noch ungetruckten gar kleinen Tractätlein/ ge- nant der verthädigte Fabel- Hans/ welches seiner Hoch Ehr. W. Jch dedicirt und gebeten/ daß sie in dieser Sach Scheidsmann sein wollen. Wird mich dieser Ehrliche vornehme Mann besser informi- ren, und meine Meinung umbstossen/ wil ich mich gerne weisen las- sen. Es gehe unterdessen wie es wolle/ so wird niemand/ so lange ich lebe/ einige Fabul auß dem AEsopo oder auß andern/ sie mögen so gut applicirt werden können als sie wollen auff der Cantzel von mir hören. Wie viel Fabuln aber in Lutheri Schrifften/ in Matthesii und anderer Hochgelahrter Leut Postillen stehen/ wird ein ander guter Mann remonstriren. Was das andere anlanget wegen der Art zu Schreiben/ da faage ich ob Lutherus alle Phrases und Arte zu reden/ auß der Bibel genommen habe/ auch wann er an die aller Vornehm- ste Potentaten in gantz Europa geschrieben hat? Es hat auff diese meine Frage ein vornehmer Prälat geantwortet: Lutheri Schuhe seyen nicht einem jeden Dorff-Priester gerecht. Nun bin ich ein sol- cher Narr nicht/ daß ich mich Luthero vergleiche. Jch bin aber ein Priester zu Hamburg. Jst nun Hamburg ein Dorff/ so hab ich mein Lebtag kein grösser und Volckreicher Dorff gesehen als Hamburg. Du grosser Prälat/ wiltu auch zornig werden/ wann die Leut mich einen Priester eines grossen Dorffs nennen werden? Jch werde un- terdessen ein Lutheraner und ein Lutherischer Priester genant. Solt nun das ungereimbt seyn/ daß ich Lutheri Fußstapffen/ von weiten nachfolgete/ daß ich es machte wie jener Knab beym Virgilio, qui Patrem Troja profugum sequebatur licet non passibus aequis? Das ist ein jeder Dorff-Priester nicht nur in den Fetten Marschlän- dern sondern auch in den Magern Geestländern zuthun schuldig/ daß er das Maul auffthue/ wie Lutherus gethan hat/ nnd es dem Grossen so wol sage als dem Kleinen/ nach dem Vermögen das ihm Gott ge- geben hat. Jch frage Butyrolambium und allen seinen Anhang/ ob nicht wahr sey/ was ich in meinem Träctätlein geschrieben hab. Allein du redest nicht wie die Theologi reden. Dein Stylus ist nicht Theolo- gisch. Allein ich frage abermals/ wer verdampt einen Westphäling oder Niedersachsen/ wann er nicht redet wie ein Oesterreicher oder wie ein Schwab? Jst das die Todsünde/ davon Butyrolambius pra- let/ damit ich die Hölle verdienet habe/ umb derent willen mir das Heilige Abendmal soll versaget werden? Jn
Sendſchreiben. habe. Zum andern daß ich einen ſolchen modum zum Schꝛeiben hab/der den Theologis ungewoͤhnlich ſeye. Auff das erſte hab ich dem Weitberuͤhmten/ nit nur auff Univerſitaͤten/ ſondern auch in einer vornehmen Republica, durch Luſt und Unluſt/ durch Gluͤck und Ungluͤck Hochgeuͤbten Theologo, Herꝛn Dilhern zu Nuͤrnberg ge- antwortet/ in einem noch ungetruckten gar kleinen Tractaͤtlein/ ge- nant der verthaͤdigte Fabel- Hans/ welches ſeiner Hoch Ehr. W. Jch dedicirt und gebeten/ daß ſie in dieſer Sach Scheidsmann ſein wollen. Wird mich dieſer Ehrliche vornehme Mann beſſer informi- ren, und meine Meinung umbſtoſſen/ wil ich mich gerne weiſen laſ- ſen. Es gehe unterdeſſen wie es wolle/ ſo wird niemand/ ſo lange ich lebe/ einige Fabul auß dem Æſopo oder auß andern/ ſie moͤgen ſo gut applicirt werden koͤnnen als ſie wollen auff der Cantzel von mir hoͤren. Wie viel Fabuln aber in Lutheri Schrifften/ in Mattheſii und anderer Hochgelahrter Leut Poſtillen ſtehen/ wird ein ander guter Mann remonſtriren. Was das andere anlanget wegen der Art zu Schreiben/ da faage ich ob Lutherus alle Phraſes und Arte zu reden/ auß der Bibel genommen habe/ auch wann er an die aller Vornehm- ſte Potentaten in gantz Europa geſchrieben hat? Es hat auff dieſe meine Frage ein vornehmer Praͤlat geantwortet: Lutheri Schuhe ſeyen nicht einem jeden Dorff-Prieſter gerecht. Nun bin ich ein ſol- cher Narꝛ nicht/ daß ich mich Luthero vergleiche. Jch bin aber ein Prieſter zu Hamburg. Jſt nun Hamburg ein Dorff/ ſo hab ich mein Lebtag kein groͤſſer und Volckreicher Dorff geſehen als Hamburg. Du groſſer Praͤlat/ wiltu auch zornig werden/ wann die Leut mich einen Prieſter eines groſſen Dorffs nennen werden? Jch werde un- terdeſſen ein Lutheraner und ein Lutheriſcher Prieſter genant. Solt nun das ungereimbt ſeyn/ daß ich Lutheri Fußſtapffen/ von weiten nachfolgete/ daß ich es machte wie jener Knab beym Virgilio, qui Patrem Trojâ profugum ſequebatur licet non paſſibus æquis? Das iſt ein jeder Dorff-Prieſter nicht nur in den Fetten Marſchlaͤn- dern ſondern auch in den Magern Geeſtlaͤndern zuthun ſchuldig/ daß er das Maul auffthue/ wie Lutherus gethan hat/ nnd es dem Groſſen ſo wol ſage als dem Kleinen/ nach dem Vermoͤgen das ihm Gott ge- geben hat. Jch frage Butyrolambium und allen ſeinen Anhang/ ob nicht wahr ſey/ was ich in meinem Traͤctaͤtlein geſchrieben hab. Allein du redeſt nicht wie die Theologi reden. Dein Stylus iſt nicht Theolo- giſch. Allein ich frage abermals/ wer verdampt einen Weſtphaͤling oder Niederſachſen/ wann er nicht redet wie ein Oeſterreicher oder wie ein Schwab? Jſt das die Todſuͤnde/ davon Butyrolambius pra- let/ damit ich die Hoͤlle verdienet habe/ umb derent willen mir das Heilige Abendmal ſoll verſaget werden? Jn
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Sendſchreiben.
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der den Theologis ungewoͤhnlich ſeye. Auff das erſte hab ich dem
Weitberuͤhmten/ nit nur auff Univerſitaͤten/ ſondern auch in einer
vornehmen Republica, durch Luſt und Unluſt/ durch Gluͤck und
Ungluͤck Hochgeuͤbten Theologo, Herꝛn Dilhern zu Nuͤrnberg ge-
antwortet/ in einem noch ungetruckten gar kleinen Tractaͤtlein/ ge-
nant der verthaͤdigte Fabel- Hans/ welches ſeiner Hoch Ehr. W.
Jch dedicirt und gebeten/ daß ſie in dieſer Sach Scheidsmann ſein
wollen. Wird mich dieſer Ehrliche vornehme Mann beſſer informi-
ren, und meine Meinung umbſtoſſen/ wil ich mich gerne weiſen laſ-
ſen. Es gehe unterdeſſen wie es wolle/ ſo wird niemand/ ſo lange ich
lebe/ einige Fabul auß dem Æſopo oder auß andern/ ſie moͤgen ſo
gut applicirt werden koͤnnen als ſie wollen auff der Cantzel von mir
hoͤren. Wie viel Fabuln aber in Lutheri Schrifften/ in Mattheſii und
anderer Hochgelahrter Leut Poſtillen ſtehen/ wird ein ander guter
Mann remonſtriren. Was das andere anlanget wegen der Art zu
Schreiben/ da faage ich ob Lutherus alle Phraſes und Arte zu reden/
auß der Bibel genommen habe/ auch wann er an die aller Vornehm-
ſte Potentaten in gantz Europa geſchrieben hat? Es hat auff dieſe
meine Frage ein vornehmer Praͤlat geantwortet: Lutheri Schuhe
ſeyen nicht einem jeden Dorff-Prieſter gerecht. Nun bin ich ein ſol-
cher Narꝛ nicht/ daß ich mich Luthero vergleiche. Jch bin aber ein
Prieſter zu Hamburg. Jſt nun Hamburg ein Dorff/ ſo hab ich mein
Lebtag kein groͤſſer und Volckreicher Dorff geſehen als Hamburg.
Du groſſer Praͤlat/ wiltu auch zornig werden/ wann die Leut mich
einen Prieſter eines groſſen Dorffs nennen werden? Jch werde un-
terdeſſen ein Lutheraner und ein Lutheriſcher Prieſter genant. Solt
nun das ungereimbt ſeyn/ daß ich Lutheri Fußſtapffen/ von weiten
nachfolgete/ daß ich es machte wie jener Knab beym Virgilio, qui
Patrem Trojâ profugum ſequebatur licet non paſſibus æquis?
Das iſt ein jeder Dorff-Prieſter nicht nur in den Fetten Marſchlaͤn-
dern ſondern auch in den Magern Geeſtlaͤndern zuthun ſchuldig/ daß
er das Maul auffthue/ wie Lutherus gethan hat/ nnd es dem Groſſen
ſo wol ſage als dem Kleinen/ nach dem Vermoͤgen das ihm Gott ge-
geben hat. Jch frage Butyrolambium und allen ſeinen Anhang/ ob
nicht wahr ſey/ was ich in meinem Traͤctaͤtlein geſchrieben hab. Allein
du redeſt nicht wie die Theologi reden. Dein Stylus iſt nicht Theolo-
giſch. Allein ich frage abermals/ wer verdampt einen Weſtphaͤling
oder Niederſachſen/ wann er nicht redet wie ein Oeſterreicher oder
wie ein Schwab? Jſt das die Todſuͤnde/ davon Butyrolambius pra-
let/ damit ich die Hoͤlle verdienet habe/ umb derent willen mir das
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