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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Eylfertiges


MEin lieber HErr Calenderschreiber/ sive sis
Magister, noster, sive noster Magister Salve
multum, plus, plurimum.
Es schreibet Arnoldus
de Thungaris, Magister noster in sacra pagina,

an Mag. Ortvvinum Gratium, beklaget sein Un-
glück/ und sagt: Ego vexor jam supra vexationem. Nunc intelli-
go illud dicterium Poetarum esse Verum: Nullum damnum so-
lum.
Mir gehet es itzo fast eben also. Jüngst hat Butyrolambius sei-
ne stinckende Butter allenthalben zum Marck getragen/ und die Leut
damit betrogen. Kurtz hernach hat M. Bernhard Schmidt seinen
Rachen gegen mich auffgesperret/ und vermeinet er wolle mich fressen.
Allein gemach/ gemach M. Bernd. Jch muß euch zuvor eine Histo-
riam
erzehlen/ eh ihr mich fresset. Es solte einsmals ein Schulmei-
ster seinen Schülern die Wort im Horatio Mecaenas atavis edite
regibus, expliciren.
Als er sich nun lang bedacht/ und lang darauff
studiret hatte; sagte er: Scribite pueri, Scribite. At aber. Avis du Vo-
gel. Mecaenas wiltu mich fressen? Edite regibus, Fresset von den
Königen. Nach dem ich vermeint M. Bernd werde ein wenig auffhö-
ren zu schnauben/ so höre ich/ daß der Herr mir auch die Ruben ver-
brennen/ und den zu Wolffenbüttel getruckten Calender wiederlegen
wolle. Uber das wolle eine gantze Universität wieder mich schreiben.
Jch versichere den Herrn/ daß ich mich für einem so wenig fürchte
als für dem andern. Da der tapffere Held Witte Wittens sich gefan-
gen geben muste/ wolte er seinen Degen damit er so lange für die Hol-
ländische Freyheit und Wolfahrt Ritterlich gefochten hatte/ keinem
gemeinen Soldaten geben/ sondern begehrte daß ein Officirer kom-
men und ihm denselben abnehmen solle. Weil ja itzo so mancher Gram-
maticali
scher Mußquetirer mir an das Leder will/ so ist mir lieber
und habe auch mehr Ehr davon/ daß ich mit einer gantzen vor-
nehmen Universität rechte/ als daß M. Bernhard Schmidt gegen
mich mit seinem kahlen Tesacken auffgezogen kompt/ und ein Auffhe-
bens macht wie die Handwercks Bursch in den Fechtschulen. Als Ja-
cob Hochstraes wider Reuchlin geschrieben hatte/ da wurde er end-
lich hoffärtig/ und wolte nicht mehr Jacob Hochstraes/ sondern Ja-
cobus de alta platea
heissen; Zog darauff nach Rom und meinte er
wolle Reuchlin zu einem Ketzer machen und auff das Feuer brin-
gen. Allein er bekam Jngolstäter Bier zu Lohn/ und schrieb endlich an
M. Ortvvinum Gratium; Non sum libenter hic in Roma. Quia illa
causa, propter quam ego sum hic, est mihi nunc adversa. Ego vellem
quod nunquam incepissem eam, Omnes derident me, & vexant me, &

noscunt
Eylfertiges


MEin lieber HErꝛ Calenderſchreiber/ ſive ſis
Magiſter, noſter, ſive noſter Magiſter Salve
multum, plus, plurimum.
Es ſchreibet Arnoldus
de Thungaris, Magiſter noſter in ſacrâ paginâ,

an Mag. Ortvvinum Gratium, beklaget ſein Un-
gluͤck/ und ſagt: Ego vexor jam ſupra vexationem. Nunc intelli-
go illud dicterium Poetarum eſſe Verum: Nullum damnum ſo-
lum.
Mir gehet es itzo faſt eben alſo. Juͤngſt hat Butyrolambius ſei-
ne ſtinckende Butter allenthalben zum Marck getragen/ und die Leut
damit betrogen. Kurtz hernach hat M. Bernhard Schmidt ſeinen
Rachen gegen mich auffgeſperꝛet/ und vermeinet er wolle mich freſſen.
Allein gemach/ gemach M. Bernd. Jch muß euch zuvor eine Hiſto-
riam
erzehlen/ eh ihr mich freſſet. Es ſolte einsmals ein Schulmei-
ſter ſeinen Schuͤlern die Wort im Horatio Mecænas atavis edite
regibus, expliciren.
Als er ſich nun lang bedacht/ und lang darauff
ſtudiret hatte; ſagte er: Scribite pueri, Scribite. At abeꝛ. Avis du Vo-
gel. Mecænas wiltu mich freſſen? Edite regibus, Freſſet von den
Koͤnigen. Nach dem ich vermeint M. Bernd werde ein wenig auffhoͤ-
ren zu ſchnauben/ ſo hoͤre ich/ daß der Herꝛ mir auch die Ruben ver-
brennen/ und den zu Wolffenbuͤttel getruckten Calender wiederlegen
wolle. Uber das wolle eine gantze Univerſitaͤt wieder mich ſchreiben.
Jch verſichere den Herꝛn/ daß ich mich fuͤr einem ſo wenig fuͤrchte
als fuͤr dem andern. Da der tapffere Held Witte Wittens ſich gefan-
gen geben muſte/ wolte er ſeinen Degen damit er ſo lange fuͤr die Hol-
laͤndiſche Freyheit und Wolfahrt Ritterlich gefochten hatte/ keinem
gemeinen Soldaten geben/ ſondern begehrte daß ein Officirer kom-
men und ihm denſelbẽ abnehmen ſolle. Weil ja itzo ſo mancher Gram-
maticali
ſcher Mußquetirer mir an das Leder will/ ſo iſt mir lieber
und habe auch mehr Ehr davon/ daß ich mit einer gantzen vor-
nehmen Univerſitaͤt rechte/ als daß M. Bernhard Schmidt gegen
mich mit ſeinem kahlen Teſacken auffgezogen kompt/ und ein Auffhe-
bens macht wie die Handwercks Burſch in den Fechtſchulen. Als Ja-
cob Hochſtraes wider Reuchlin geſchrieben hatte/ da wurde er end-
lich hoffaͤrtig/ und wolte nicht mehr Jacob Hochſtraes/ ſondern Ja-
cobus de altâ platea
heiſſen; Zog darauff nach Rom und meinte er
wolle Reuchlin zu einem Ketzer machen und auff das Feuer brin-
gen. Allein er bekam Jngolſtaͤter Bier zu Lohn/ und ſchrieb endlich an
M. Ortvvinum Gratium; Non ſum libenter hic in Roma. Quia illa
cauſa, propter quam ego ſum hic, eſt mihi nunc adverſa. Ego vellem
quod nunquam incepiſſem eam, Omnes derident me, & vexant me, &

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[604/0646] Eylfertiges MEin lieber HErꝛ Calenderſchreiber/ ſive ſis Magiſter, noſter, ſive noſter Magiſter Salve multum, plus, plurimum. Es ſchreibet Arnoldus de Thungaris, Magiſter noſter in ſacrâ paginâ, an Mag. Ortvvinum Gratium, beklaget ſein Un- gluͤck/ und ſagt: Ego vexor jam ſupra vexationem. Nunc intelli- go illud dicterium Poetarum eſſe Verum: Nullum damnum ſo- lum. Mir gehet es itzo faſt eben alſo. Juͤngſt hat Butyrolambius ſei- ne ſtinckende Butter allenthalben zum Marck getragen/ und die Leut damit betrogen. Kurtz hernach hat M. Bernhard Schmidt ſeinen Rachen gegen mich auffgeſperꝛet/ und vermeinet er wolle mich freſſen. Allein gemach/ gemach M. Bernd. Jch muß euch zuvor eine Hiſto- riam erzehlen/ eh ihr mich freſſet. Es ſolte einsmals ein Schulmei- ſter ſeinen Schuͤlern die Wort im Horatio Mecænas atavis edite regibus, expliciren. Als er ſich nun lang bedacht/ und lang darauff ſtudiret hatte; ſagte er: Scribite pueri, Scribite. At abeꝛ. Avis du Vo- gel. Mecænas wiltu mich freſſen? Edite regibus, Freſſet von den Koͤnigen. Nach dem ich vermeint M. Bernd werde ein wenig auffhoͤ- ren zu ſchnauben/ ſo hoͤre ich/ daß der Herꝛ mir auch die Ruben ver- brennen/ und den zu Wolffenbuͤttel getruckten Calender wiederlegen wolle. Uber das wolle eine gantze Univerſitaͤt wieder mich ſchreiben. Jch verſichere den Herꝛn/ daß ich mich fuͤr einem ſo wenig fuͤrchte als fuͤr dem andern. Da der tapffere Held Witte Wittens ſich gefan- gen geben muſte/ wolte er ſeinen Degen damit er ſo lange fuͤr die Hol- laͤndiſche Freyheit und Wolfahrt Ritterlich gefochten hatte/ keinem gemeinen Soldaten geben/ ſondern begehrte daß ein Officirer kom- men und ihm denſelbẽ abnehmen ſolle. Weil ja itzo ſo mancher Gram- maticaliſcher Mußquetirer mir an das Leder will/ ſo iſt mir lieber und habe auch mehr Ehr davon/ daß ich mit einer gantzen vor- nehmen Univerſitaͤt rechte/ als daß M. Bernhard Schmidt gegen mich mit ſeinem kahlen Teſacken auffgezogen kompt/ und ein Auffhe- bens macht wie die Handwercks Burſch in den Fechtſchulen. Als Ja- cob Hochſtraes wider Reuchlin geſchrieben hatte/ da wurde er end- lich hoffaͤrtig/ und wolte nicht mehr Jacob Hochſtraes/ ſondern Ja- cobus de altâ platea heiſſen; Zog darauff nach Rom und meinte er wolle Reuchlin zu einem Ketzer machen und auff das Feuer brin- gen. Allein er bekam Jngolſtaͤter Bier zu Lohn/ und ſchrieb endlich an M. Ortvvinum Gratium; Non ſum libenter hic in Roma. Quia illa cauſa, propter quam ego ſum hic, eſt mihi nunc adverſa. Ego vellem quod nunquam incepiſſem eam, Omnes derident me, & vexant me, & noſcunt

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/646>, abgerufen am 22.11.2024.