Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Von der Einbildung. meine Seele und mein Gemüth/ daß weder die eusserliche noch inner-liche Sinne zu frey herrscheten. Meines Königreichs Geheimnüsse weren Gebet/ Gedult und Stillschweigen; die Beruhigung deß Ge- müths meine Krone. Was sind wir so als unruhige Knechte? Varro ein gelehrter Römer hat 288. opiniones oder Meynungen der Weltweisen/ welches das Summum Bonum und höchste Gut seye/ zusammen getragen; diese elende Leute haben gesucht/ das sie nicht funden haben; warumb? Weil sie es zu unterst/ und nicht zu oberst gesuchet haben; es ist aber nichts so das oberst/ als allein Gott: folget daß Gottes Freundschafft geniessen/ das höchste und beste seye. Jn dieser Welt gehet nichts über den Menschen/ in Menschen nichts über die Seele; in der Seele nichts herrlichers als die Vernunfft/ in der Vernunfft nichts stattlichers als der Verstand/ im Verstand nichts köstlichers als die Weißheit. Jn aller Weißheit excelliret die Gött- liche. Wer die nicht hoch achtet/ und für den grössesten Schatz seiner Seelen achtet/ mit dem heist es Mundus vult decipi opinioni- bus. Und so viel von der opinion und Einbildung/ davon die gantze Welt/ regieret/ verführet und betrogen wird: Einjeder folge seinem Sinn; Jch halts mit meiner Schäferin. [Abbildung]
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Von der Einbildung. meine Seele und mein Gemuͤth/ daß weder die euſſerliche noch inner-liche Sinne zu frey herꝛſcheten. Meines Koͤnigreichs Geheimnuͤſſe weren Gebet/ Gedult und Stillſchweigen; die Beruhigung deß Ge- muͤths meine Krone. Was ſind wir ſo als unruhige Knechte? Varro ein gelehrter Roͤmer hat 288. opiniones oder Meynungen der Weltweiſen/ welches das Summum Bonum und hoͤchſte Gut ſeye/ zuſammen getragen; dieſe elende Leute haben geſucht/ das ſie nicht funden haben; warumb? Weil ſie es zu unterſt/ und nicht zu oberſt geſuchet haben; es iſt aber nichts ſo das oberſt/ als allein Gott: folget daß Gottes Freundſchafft genieſſen/ das hoͤchſte und beſte ſeye. Jn dieſer Welt gehet nichts uͤber den Menſchen/ in Menſchen nichts uͤber die Seele; in der Seele nichts herꝛlichers als die Vernunfft/ in der Vernunfft nichts ſtattlichers als der Verſtand/ im Verſtand nichts koͤſtlichers als die Weißheit. Jn aller Weißheit excelliret die Goͤtt- liche. Wer die nicht hoch achtet/ und fuͤr den groͤſſeſten Schatz ſeiner Seelen achtet/ mit dem heiſt es Mundus vult decipi opinioni- bus. Und ſo viel von der opinion und Einbildung/ davon die gantze Welt/ regieret/ verfuͤhret und betrogen wird: Einjeder folge ſeinem Sinn; Jch halts mit meiner Schaͤferin. [Abbildung]
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Von der Einbildung.
meine Seele und mein Gemuͤth/ daß weder die euſſerliche noch inner-
liche Sinne zu frey herꝛſcheten. Meines Koͤnigreichs Geheimnuͤſſe
weren Gebet/ Gedult und Stillſchweigen; die Beruhigung deß Ge-
muͤths meine Krone. Was ſind wir ſo als unruhige Knechte? Varro
ein gelehrter Roͤmer hat 288. opiniones oder Meynungen der
Weltweiſen/ welches das Summum Bonum und hoͤchſte Gut ſeye/
zuſammen getragen; dieſe elende Leute haben geſucht/ das ſie nicht
funden haben; warumb? Weil ſie es zu unterſt/ und nicht zu oberſt
geſuchet haben; es iſt aber nichts ſo das oberſt/ als allein Gott: folget
daß Gottes Freundſchafft genieſſen/ das hoͤchſte und beſte ſeye. Jn
dieſer Welt gehet nichts uͤber den Menſchen/ in Menſchen nichts uͤber
die Seele; in der Seele nichts herꝛlichers als die Vernunfft/ in der
Vernunfft nichts ſtattlichers als der Verſtand/ im Verſtand nichts
koͤſtlichers als die Weißheit. Jn aller Weißheit excelliret die Goͤtt-
liche. Wer die nicht hoch achtet/ und fuͤr den groͤſſeſten Schatz ſeiner
Seelen achtet/ mit dem heiſt es Mundus vult decipi opinioni-
bus. Und ſo viel von der opinion und Einbildung/ davon die gantze
Welt/ regieret/ verfuͤhret und betrogen wird:
Einjeder folge ſeinem Sinn;
Jch halts mit meiner Schaͤferin.
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Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/605>, abgerufen am 29.06.2024. |