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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der
Einbildung/
Oder vorgefasten eingebildeten
Meynunge der Menschen.

EJn klug-verständiger Redener/ als er wolte
seinen Zuhörern zu verstehen geben/ wie die gantze
breite Welt durch die Einbildung und selbstgemach-
te Meynung regieret und beherrschet werde/ zog er
auß seinem Hosensack ein Täschenmesser herfür: des-
sen sich dann ein jedweder Zuseher zum höchsten verwunderte/ und bey
sich bedachte/ was doch immermehr hierauß werden wolte/ drauff
fieng er an und sprach/ gleichwie ein jedweder unter euch/ ihr meine al-
lerliebste Zuhörer/ sich hierüber verwundert/ also wollet ihr bey euch
bedencken/ wie daß gleicherweise/ die gantze Welt nicht anders als
durch opinion und Einbildunge regieret und beherrschet werde. Ler-
net/ saget er und begreiffet/ wie daß männiglich/ gantze Länder/ König-
reiche und Städte durch die selbstgemachte Einbildung entweder re-
gieret und bezwungen oder aber betrogen werden. Viele Dinge/ die
eusserlich einen herrlichen Schein haben/ seynd es dennoch nicht/ viele
seynd es und scheinen nicht eusserlichen. Dessen ist ein herrlicher Zeu-
ge der sehr verschlagene/ und aller menschlichen Boßheit genauester
Achthaber/ der Florentinische Machiavellus. Der hat frey offent-
lich herausser gesaget/ was andere falscher Welt verständige in ihren
Hertzen nicht alleine heimlich verdecken und festiglich glauben/ son-
dern auch in ihrer gantzen Lebenszeit üben und verrichten. Jnzwischen
und nichts destoweniger wird der arme Machiavellus von männi-
glichen zu der Banck gehauen. Es verfluchen ihn hohe und grosse Po-
tentaten/ dieweil sie ihre heimliche Stücklein von den entdecket und
offenbaret sehen. Es verfluchen ihn grosser Herren hohe Beambte und
Staats Leute/ dieweilen sie thre Gewissen von ihm gerühret und
Rege gemachet befinden. Es vermaledeyen solchen die Unterthanen/
dieweil sie durch solches/ deß Machiavelli angezündetes Liecht/

gleich-
K k v


Von der
Einbildung/
Oder vorgefaſten eingebildeten
Meynunge der Menſchen.

EJn klug-verſtaͤndiger Redener/ als er wolte
ſeinen Zuhoͤrern zu verſtehen geben/ wie die gantze
breite Welt durch die Einbildung und ſelbſtgemach-
te Meynung regieret und beherrſchet werde/ zog er
auß ſeinem Hoſenſack ein Taͤſchenmeſſer herfuͤr: deſ-
ſen ſich dann ein jedweder Zuſeher zum hoͤchſten verwunderte/ und bey
ſich bedachte/ was doch immermehr hierauß werden wolte/ drauff
fieng er an und ſprach/ gleichwie ein jedweder unter euch/ ihr meine al-
lerliebſte Zuhoͤrer/ ſich hieruͤber verwundert/ alſo wollet ihr bey euch
bedencken/ wie daß gleicherweiſe/ die gantze Welt nicht anders als
durch opinion und Einbildunge regieret und beherrſchet werde. Ler-
net/ ſaget er und begreiffet/ wie daß maͤnniglich/ gantze Laͤnder/ Koͤnig-
reiche und Staͤdte durch die ſelbſtgemachte Einbildung entweder re-
gieret und bezwungen oder aber betrogen werden. Viele Dinge/ die
euſſerlich einen herrlichen Schein haben/ ſeynd es dennoch nicht/ viele
ſeynd es und ſcheinen nicht euſſerlichen. Deſſen iſt ein herrlicher Zeu-
ge der ſehr verſchlagene/ und aller menſchlichen Boßheit genaueſter
Achthaber/ der Florentiniſche Machiavellus. Der hat frey offent-
lich herauſſer geſaget/ was andere falſcher Welt verſtaͤndige in ihren
Hertzen nicht alleine heimlich verdecken und feſtiglich glauben/ ſon-
dern auch in ihrer gantzen Lebenszeit uͤben und verrichten. Jnzwiſchen
und nichts deſtoweniger wird der arme Machiavellus von maͤnni-
glichen zu der Banck gehauen. Es verfluchen ihn hohe und groſſe Po-
tentaten/ dieweil ſie ihre heimliche Stuͤcklein von den entdecket und
offenbaret ſehen. Es verfluchen ihn groſſer Herren hohe Beambte und
Staats Leute/ dieweilen ſie thre Gewiſſen von ihm geruͤhret und
Rege gemachet befinden. Es vermaledeyen ſolchen die Unterthanen/
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[521/0563] Von der Einbildung/ Oder vorgefaſten eingebildeten Meynunge der Menſchen. EJn klug-verſtaͤndiger Redener/ als er wolte ſeinen Zuhoͤrern zu verſtehen geben/ wie die gantze breite Welt durch die Einbildung und ſelbſtgemach- te Meynung regieret und beherrſchet werde/ zog er auß ſeinem Hoſenſack ein Taͤſchenmeſſer herfuͤr: deſ- ſen ſich dann ein jedweder Zuſeher zum hoͤchſten verwunderte/ und bey ſich bedachte/ was doch immermehr hierauß werden wolte/ drauff fieng er an und ſprach/ gleichwie ein jedweder unter euch/ ihr meine al- lerliebſte Zuhoͤrer/ ſich hieruͤber verwundert/ alſo wollet ihr bey euch bedencken/ wie daß gleicherweiſe/ die gantze Welt nicht anders als durch opinion und Einbildunge regieret und beherrſchet werde. Ler- net/ ſaget er und begreiffet/ wie daß maͤnniglich/ gantze Laͤnder/ Koͤnig- reiche und Staͤdte durch die ſelbſtgemachte Einbildung entweder re- gieret und bezwungen oder aber betrogen werden. Viele Dinge/ die euſſerlich einen herrlichen Schein haben/ ſeynd es dennoch nicht/ viele ſeynd es und ſcheinen nicht euſſerlichen. Deſſen iſt ein herrlicher Zeu- ge der ſehr verſchlagene/ und aller menſchlichen Boßheit genaueſter Achthaber/ der Florentiniſche Machiavellus. Der hat frey offent- lich herauſſer geſaget/ was andere falſcher Welt verſtaͤndige in ihren Hertzen nicht alleine heimlich verdecken und feſtiglich glauben/ ſon- dern auch in ihrer gantzen Lebenszeit uͤben und verrichten. Jnzwiſchen und nichts deſtoweniger wird der arme Machiavellus von maͤnni- glichen zu der Banck gehauen. Es verfluchen ihn hohe und groſſe Po- tentaten/ dieweil ſie ihre heimliche Stuͤcklein von den entdecket und offenbaret ſehen. Es verfluchen ihn groſſer Herren hohe Beambte und Staats Leute/ dieweilen ſie thre Gewiſſen von ihm geruͤhret und Rege gemachet befinden. Es vermaledeyen ſolchen die Unterthanen/ dieweil ſie durch ſolches/ deß Machiavelli angezuͤndetes Liecht/ gleich- K k v

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/563>, abgerufen am 22.11.2024.