Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Die erbare Hure. Tauben ein Mährlein erzehlen; die Blinden die Farben unterscheidenlehren; die Narren klug machen; den Trunckenen wiedersprechen; den Tyrannen von der Gerechtigkeit; den Mördern von Barmhertzigkeit und Miltigkeit; predigen wolle. Wil man es grossen reichen Han- sen/ die mit diesem grossen Laster behafftet sind/ ins Gesichte sagen/ das ist eben/ als ob man einem brüllenden Löwen die Hand in den Ra- chen stecken/ oder einen auff- und außgebrochenen Tham/ und stren- gen oder schnellen Stron mit seinem Leibe auffhalten wolle. Ein Pre- diger richtet offtmals wenig oder nichts auß/ und das folget gewiß darauff/ daß der Teufel ihm den Brodkorb höher hänget/ und dencket: Wiltu also predigen/ so siehe/ wer dir ein Neu Jahr schicken werde. Aber ihr Hurer und Ehebrecher/ ihr Huren und Ehebreche- Von
Die erbare Hure. Tauben ein Maͤhrlein erzehlen; die Blinden die Farben unterſcheidenlehren; die Narꝛen klug machen; den Trunckenen wiederſprechen; den Tyrannen von der Gerechtigkeit; den Moͤrdern von Barmhertzigkeit und Miltigkeit; predigen wolle. Wil man es groſſen reichen Han- ſen/ die mit dieſem groſſen Laſter behafftet ſind/ ins Geſichte ſagen/ das iſt eben/ als ob man einem bruͤllenden Loͤwen die Hand in den Ra- chen ſtecken/ oder einen auff- und außgebrochenen Tham/ und ſtren- gen oder ſchnellen Stron mit ſeinem Leibe auffhalten wolle. Ein Pre- diger richtet offtmals wenig oder nichts auß/ und das folget gewiß darauff/ daß der Teufel ihm den Brodkorb hoͤher haͤnget/ und dencket: Wiltu alſo predigen/ ſo ſiehe/ wer dir ein Neu Jahr ſchicken werde. Aber ihr Hurer und Ehebrecher/ ihr Huren und Ehebreche- Von
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Die erbare Hure.
Tauben ein Maͤhrlein erzehlen; die Blinden die Farben unterſcheiden
lehren; die Narꝛen klug machen; den Trunckenen wiederſprechen; den
Tyrannen von der Gerechtigkeit; den Moͤrdern von Barmhertzigkeit
und Miltigkeit; predigen wolle. Wil man es groſſen reichen Han-
ſen/ die mit dieſem groſſen Laſter behafftet ſind/ ins Geſichte ſagen/
das iſt eben/ als ob man einem bruͤllenden Loͤwen die Hand in den Ra-
chen ſtecken/ oder einen auff- und außgebrochenen Tham/ und ſtren-
gen oder ſchnellen Stron mit ſeinem Leibe auffhalten wolle. Ein Pre-
diger richtet offtmals wenig oder nichts auß/ und das folget gewiß
darauff/ daß der Teufel ihm den Brodkorb hoͤher haͤnget/ und dencket:
Wiltu alſo predigen/ ſo ſiehe/ wer dir ein Neu Jahr ſchicken werde.
Aber ihr Hurer und Ehebrecher/ ihr Huren und Ehebreche-
rinnen/ die ihr ſo oft zu der Kuchen kommet/ ihr ſollet wiſſen/ daß Gott
ein keuſcher GOTT ſey/ und mit keuſchem Hertzen wolle angeruffen
ſeyn. Hoͤret doch abermals/ was fuͤr einen Donnerkeil der Apoſtel
Paulus in euere Hertzen ſchlage/ da er 1. Cor. 6. 9. ſaget: daß die Hurer
das Reich Gottes nicht ererben werden. Wer das Reich Gottes nit
ererbet/ den wird der Teufel holen mit Leib und Seele. Wann es Sa-
che waͤre/ daß ihr keine andere Suͤnde mehr begangen haͤttet/ als Hu-
rerey und Ehebruch/ ſo waͤre dieſe einige Suͤnde ein ſolches Greuel
vor Gott/ daß um derſelben willen/ der Himmel fuͤr euch wird zuge-
ſchloſſen werden: Wie fuͤr den fuͤnff thoͤrichten Jungfrauen/ wann ihr
nit bey Zeiten umkehret und wahre Buſſe thut/ wie David und Maria
Magdalena. Jſt noch unter euch jemand/ der Ohren hat/ zuhoͤren/ der
hoͤre. Jch zweifle nicht daran/ mancher vornehmer verſtockter Ehe-
brecher und Hurer/ manche Hure und Ehebrecherin/ ſonderlich man-
che Amme werde lachen/ und dencken/ was iſt das fuͤr ein Pratgen?
(oder Geſchwaͤtz?) allein wen ſoll ich dich vergleichen/ du unzuͤchtiges
gottloſes Huren-Volck. Du biſt gleich den Kinderlein/ die an dem
Marckt ſitzen/ und gegen ihre Geſellen ruffen: Wir haben euch ge-
pfiffen und ihr woltet nicht dantzen/ wir haben eu geklagt/ und ihr
wollet nit weinen/ Matth. 11. 17. Jch ruffe Himmel und Erde zum
Zeugen an/ O du unzuͤchtiges Volck/ daß ich dir gepfiffen und geklagt/
daß ich dir im Schertz und Ernſt/ mit Vermahnung und Bedrohung
geſaget habe/ was dir zuſagen iſt. Wiltu nicht hoͤren/ ſo will ich in die-
ſem Fall meine Seele errettet haben. Gehabe dich wol/ und beſſere
dich in dieſer Stunde. Dencke/ wie manche Hure/ wie mancher Hu-
renjaͤger itzo in der Hoͤlle ſitzen/ welche ihnen feſtiglich fuͤrgenommen
haben/ daß ſie wolten Buſſe thun/ wann ſie alt und grau wuͤrden/ al-
lein eher und bevor ſie ſich deſſen verſehen/ ſind ſie in ihren Suͤnden
dahin gefahren. Und du haſt leinen Buͤrgen/ daß du nicht in dieſer
Nacht/ ja wol gar in dieſer Stunde/ dich der Tod uͤbereyle/ und alſo
dein boͤſes Huren-Leben/ nebme ein boͤſes/ erſchroͤckliches ENDE.
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