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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die erbare Hure.
sche vergraben. Den Hurer und Ehebrecher aber/ haben sie über dem
Grabe der geschäudeten/ mit den Füssen auffgehenget/ und also jäm-
merlich sterben lassen.

Käyser Julius hat seiner Diener einem um Ehebruchs wegen/
den Kopff abschlagen lassen. Desgleichen hat Augustus, wie Hora-
tius
von ihm bezeuget/ gethan. Warum hat Käyser Augustus den
Sinnreichen Poeten Ovidium auß Rom gejaget/ als um der garsti-
gen Hurenlieder willen/ die er gemacht hatte!

Die Heidnische Regenten werden dermaleins die Christliche
Obrigkeit schamrot machen/ welche dieses Laster/ daß Gott der HErr
in seinem Wort ernstlich verboten hat/ ungestraffet lassen.

Jm Ober-Teutschlande ist an vielen Orten der Gebrauch/ dz
wann einer Hurerey getrieben hat/ er offentliche Kirchenbusse thun
muß. An manchem Ort ist der Brauch/ daß der Hurer und die Hure
so lang die Predigt wäret/ ein brennendes Wachslicht in der Hand
halten müssen.

Jch war einsmals Hoffprediger bey einem dapffern und groß-
mütigen Helde/ einer seiner vornehmsten Adelichen Diener/ hatte ei-
nen Knecht/ welcher Hurerey getrieben. Der Edelmann liebete den
Knecht/ und suchte alle Mittel von der Kirchenbusse ihn loß zu ma-
chen; Allein der dapfere Held antwortete/ ich halte N. N. für meinen
Freund. Allein ich wil lieber ihn auß meinen Diensten lassen/ als daß
ich seinen Knecht der Kirchenbusse erlassen solle. Mein Herr Vater
seliger/ hatte einen Kammerdiener/ welchen er liebete/ der hatte auch
wider das 6. Gebot gesündiget/ und ließ eine Capell bauen/ und ver-
meinte dadurch Ablaß zu erlangen. Allein/ da die Capell auffgebauet
war/ sagte mein Herr Vater/ er solle nun Kirchenbusse thun/ dann
das sey keine Straffe/ sondern eine Wolthat/ daß er mit der Christli-
chen Gemeine versühnet werde; allein hier wollen die Hurer Ehrwür-
dige Leute seyn.

Jch hatte einsmals eine Amme/ deren Mutter in einem Got-
teshause lebete/ die war so hoffärtig und muthwillig/ daß sie unter-
weilens nicht fressen wolte/ was ein Hollsteinischer vom Adel über
seiner Tafel isset. Jch sagte einsmals auß Ungedult zu ihr: Nun du
Hure/ ich habe von dir leiden müssen/ was ich hiebevor von keiner
Gräflichen Dame nicht gelitten hätte. Gott wird mir ja endlich helf-
fen/ daß ich deiner entrahten könne. Da fing sie an zuexpostuliren/ was
ich vom Huren sage? Sie sey eine ehrliche Hure/ sie habe nur mit einen
Kerl zuthun gehabt. Jch verwunderte mich über die Phrasin/ die ich
im Cicerone nicht gelesen hatte. Jch dachte/ giebet es denn auch ehr-
liche Huren in der Welt/ so werden vielleicht auch ehrliche Schelmen/
ehrliche Diebe/ ehrliche Mörder darin seyn. Kurtz hernach kam einer
zu mir/ und brachte einen alten ansehnlichen Mann mit sich/ und be-

gehrete

Die erbare Hure.
ſche vergraben. Den Hurer und Ehebrecher aber/ haben ſie uͤber dem
Grabe der geſchaͤudeten/ mit den Fuͤſſen auffgehenget/ und alſo jaͤm-
merlich ſterben laſſen.

Kaͤyſer Julius hat ſeiner Diener einem um Ehebruchs wegen/
den Kopff abſchlagen laſſen. Desgleichen hat Auguſtus, wie Hora-
tius
von ihm bezeuget/ gethan. Warum hat Kaͤyſer Auguſtus den
Sinnreichen Poeten Ovidium auß Rom gejaget/ als um der garſti-
gen Hurenlieder willen/ die er gemacht hatte!

Die Heidniſche Regenten werden dermaleins die Chriſtliche
Obrigkeit ſchamrot machen/ welche dieſes Laſter/ daß Gott der HErr
in ſeinem Wort ernſtlich verboten hat/ ungeſtraffet laſſen.

Jm Ober-Teutſchlande iſt an vielen Orten der Gebrauch/ dz
wann einer Hurerey getrieben hat/ er offentliche Kirchenbuſſe thun
muß. An manchem Ort iſt der Brauch/ daß der Hurer und die Hure
ſo lang die Predigt waͤret/ ein brennendes Wachslicht in der Hand
halten muͤſſen.

Jch war einsmals Hoffprediger bey einem dapffern und groß-
muͤtigen Helde/ einer ſeiner vornehmſten Adelichen Diener/ hatte ei-
nen Knecht/ welcher Hurerey getrieben. Der Edelmann liebete den
Knecht/ und ſuchte alle Mittel von der Kirchenbuſſe ihn loß zu ma-
chen; Allein der dapfere Held antwortete/ ich halte N. N. fuͤr meinen
Freund. Allein ich wil lieber ihn auß meinen Dienſten laſſen/ als daß
ich ſeinen Knecht der Kirchenbuſſe erlaſſen ſolle. Mein Herr Vater
ſeliger/ hatte einen Kammerdiener/ welchen er liebete/ der hatte auch
wider das 6. Gebot geſuͤndiget/ und ließ eine Capell bauen/ und ver-
meinte dadurch Ablaß zu erlangen. Allein/ da die Capell auffgebauet
war/ ſagte mein Herꝛ Vater/ er ſolle nun Kirchenbuſſe thun/ dann
das ſey keine Straffe/ ſondern eine Wolthat/ daß er mit der Chriſtli-
chen Gemeine verſuͤhnet werde; allein hier wollen die Hurer Ehrwuͤꝛ-
dige Leute ſeyn.

Jch hatte einsmals eine Amme/ deren Mutter in einem Got-
teshauſe lebete/ die war ſo hoffaͤrtig und muthwillig/ daß ſie unter-
weilens nicht freſſen wolte/ was ein Hollſteiniſcher vom Adel uͤber
ſeiner Tafel iſſet. Jch ſagte einsmals auß Ungedult zu ihr: Nun du
Hure/ ich habe von dir leiden muͤſſen/ was ich hiebevor von keiner
Graͤflichen Dame nicht gelitten haͤtte. Gott wird mir ja endlich helf-
fen/ daß ich deiner entrahten koͤnne. Da fing ſie an zuexpoſtuliren/ was
ich vom Huren ſage? Sie ſey eine ehrliche Hure/ ſie habe nur mit einẽ
Kerl zuthun gehabt. Jch verwunderte mich uͤber die Phraſin/ die ich
im Cicerone nicht geleſen hatte. Jch dachte/ giebet es denn auch ehr-
liche Huren in der Welt/ ſo werden vielleicht auch ehrliche Schelmen/
ehrliche Diebe/ ehrliche Moͤrder darin ſeyn. Kurtz hernach kam einer
zu mir/ und brachte einen alten anſehnlichen Mann mit ſich/ und be-

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[514/0556] Die erbare Hure. ſche vergraben. Den Hurer und Ehebrecher aber/ haben ſie uͤber dem Grabe der geſchaͤudeten/ mit den Fuͤſſen auffgehenget/ und alſo jaͤm- merlich ſterben laſſen. Kaͤyſer Julius hat ſeiner Diener einem um Ehebruchs wegen/ den Kopff abſchlagen laſſen. Desgleichen hat Auguſtus, wie Hora- tius von ihm bezeuget/ gethan. Warum hat Kaͤyſer Auguſtus den Sinnreichen Poeten Ovidium auß Rom gejaget/ als um der garſti- gen Hurenlieder willen/ die er gemacht hatte! Die Heidniſche Regenten werden dermaleins die Chriſtliche Obrigkeit ſchamrot machen/ welche dieſes Laſter/ daß Gott der HErr in ſeinem Wort ernſtlich verboten hat/ ungeſtraffet laſſen. Jm Ober-Teutſchlande iſt an vielen Orten der Gebrauch/ dz wann einer Hurerey getrieben hat/ er offentliche Kirchenbuſſe thun muß. An manchem Ort iſt der Brauch/ daß der Hurer und die Hure ſo lang die Predigt waͤret/ ein brennendes Wachslicht in der Hand halten muͤſſen. Jch war einsmals Hoffprediger bey einem dapffern und groß- muͤtigen Helde/ einer ſeiner vornehmſten Adelichen Diener/ hatte ei- nen Knecht/ welcher Hurerey getrieben. Der Edelmann liebete den Knecht/ und ſuchte alle Mittel von der Kirchenbuſſe ihn loß zu ma- chen; Allein der dapfere Held antwortete/ ich halte N. N. fuͤr meinen Freund. Allein ich wil lieber ihn auß meinen Dienſten laſſen/ als daß ich ſeinen Knecht der Kirchenbuſſe erlaſſen ſolle. Mein Herr Vater ſeliger/ hatte einen Kammerdiener/ welchen er liebete/ der hatte auch wider das 6. Gebot geſuͤndiget/ und ließ eine Capell bauen/ und ver- meinte dadurch Ablaß zu erlangen. Allein/ da die Capell auffgebauet war/ ſagte mein Herꝛ Vater/ er ſolle nun Kirchenbuſſe thun/ dann das ſey keine Straffe/ ſondern eine Wolthat/ daß er mit der Chriſtli- chen Gemeine verſuͤhnet werde; allein hier wollen die Hurer Ehrwuͤꝛ- dige Leute ſeyn. Jch hatte einsmals eine Amme/ deren Mutter in einem Got- teshauſe lebete/ die war ſo hoffaͤrtig und muthwillig/ daß ſie unter- weilens nicht freſſen wolte/ was ein Hollſteiniſcher vom Adel uͤber ſeiner Tafel iſſet. Jch ſagte einsmals auß Ungedult zu ihr: Nun du Hure/ ich habe von dir leiden muͤſſen/ was ich hiebevor von keiner Graͤflichen Dame nicht gelitten haͤtte. Gott wird mir ja endlich helf- fen/ daß ich deiner entrahten koͤnne. Da fing ſie an zuexpoſtuliren/ was ich vom Huren ſage? Sie ſey eine ehrliche Hure/ ſie habe nur mit einẽ Kerl zuthun gehabt. Jch verwunderte mich uͤber die Phraſin/ die ich im Cicerone nicht geleſen hatte. Jch dachte/ giebet es denn auch ehr- liche Huren in der Welt/ ſo werden vielleicht auch ehrliche Schelmen/ ehrliche Diebe/ ehrliche Moͤrder darin ſeyn. Kurtz hernach kam einer zu mir/ und brachte einen alten anſehnlichen Mann mit ſich/ und be- gehrete

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/556>, abgerufen am 22.11.2024.