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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die erbare Hure.
habe/ daß er ein Hurer sey/ und in andern Lastern stecke? Da antwor-
tete er: Ja Ehrenhold/ ihr habt gut reden/ der Madensack muß erneh-
ret seyn. Jhr wisset/ daß er ein wunderlicher Herr sey. Wann ich ihm
von solchen Dingen in der Beichte sagete/ würde er mich bey schei-
nender Sonne/ mit Weib und Kindern wegjagen/ und ins Elend
treiben. Jch sage ihm genugsam/ daß Gott im 6. Gebot befohlen ha-
be: Du solt nicht Ehebrechen. Wer Ohren hat zu hören/ der höre.

Ehrenhold antwortete/ das ist nicht genug/ sondern ein treuer
Lehrer und Prediger muß unterweilens zu dem David selbst/ zu dem
Achab selbst/ zu der Jesebel selbst/ zu dem Herodes und seiner Hure
selbst gehen/ und sagen: Du/ du bist der Mann/ du du bist die Frau/
die das und das thut.

Herr Georg antwortete: O Ehrenhold/ das Ding lässet sich
leichtlich sagen/ aber schwerlich verpracticiren. Jch redete jüngst auf
der Cantzel von Hurerey und Ehebruch/ und mein Schwiegervater/
welcher meines Herren Küchenmeister ist/ merckte wol/ wo es hinging
bate mich nach der Predigt zu Gast/ und sagte: Sohn/ ihr werdet mich
und eure Kinder üm unsere zettliche Wolfahrt bringen. Hat nicht der
Abt zu N. auch eine Concubin? Hat nicht der Bischoff zu N. eine Con-
cubin/ gleichwol gehen sie zur Beicht und zum H. Abendmal/ und ih-
re Priester absolviren sie/ und stellen ein solches Nasenweises Wesen
nicht an/ als ihr? O hätte ich doch meine liebe Tochter/ mein gehorsa-
mes Kind zum Grabe begleiten müssen/ als ich sie zur Copulation
(Trauung) führete/ ach hätte ich doch ihrer seligen Mutter gefolget/
welche immer sagte: Jch solte mich für Pfaffen hüten/ und mein Kind
Georgen dem Rentschreiber geben/ bey dem könne sie Eyer und Fett
haben.

Ja mein lieber Ehrenhold/ ihr wisset nicht/ wie es einem armen
Gesellen gehe/ der ein Hauffen Kinder; der einen bösen ungnädigen
Herren/ der eine böse stoltze und hoffärtige Frau: und einen eigennü-
tzigen geitzigen Schwiegervater hat/ der nicht allein als ein Vater
und Beförderer/ sondern gar als ein Regent des Landes herschen und
regteren wil. Ach das ist eine Last/ daran drey oder vier gnug zutragen
hätten.

Jch schüttelte den Kopff/ und konte mich nicht gnugsam ver-
wundern/ über den Küchenmeister/ welcher ein grosser Heiligen-Fres-
ser seyn wolte/ und so fleissig in der Bibel lase/ daß er seinen Tochter-
mann übel außgedeutet/ daß er sein Ampt gethan/ und die Warheit
auff der Cantzel geredet habe. Jch dachte/ wann in diesem gantzen Lan-
de Prediger verfolget würden/ so würde dieser Küchenmeister es ma-
chen/ wie des Königes Achabs Hoffmeister Obadias/ und würde sie
mit Wasser und Brod versorgen. Allein weit gefehlet.

Weil
J i v

Die erbare Hure.
habe/ daß er ein Hurer ſey/ und in andern Laſtern ſtecke? Da antwor-
tete er: Ja Ehrenhold/ ihr habt gut reden/ der Madenſack muß erneh-
ret ſeyn. Jhr wiſſet/ daß er ein wunderlicher Herꝛ ſey. Wann ich ihm
von ſolchen Dingen in der Beichte ſagete/ wuͤrde er mich bey ſchei-
nender Sonne/ mit Weib und Kindern wegjagen/ und ins Elend
treiben. Jch ſage ihm genugſam/ daß Gott im 6. Gebot befohlen ha-
be: Du ſolt nicht Ehebrechen. Wer Ohren hat zu hoͤꝛen/ der hoͤre.

Ehrenhold antwortete/ das iſt nicht genug/ ſondern ein treuer
Lehrer und Prediger muß unterweilens zu dem David ſelbſt/ zu dem
Achab ſelbſt/ zu der Jeſebel ſelbſt/ zu dem Herodes und ſeiner Hure
ſelbſt gehen/ und ſagen: Du/ du biſt der Mann/ du du biſt die Frau/
die das und das thut.

Herꝛ Georg antwortete: O Ehrenhold/ das Ding laͤſſet ſich
leichtlich ſagen/ aber ſchwerlich verpracticiren. Jch redete juͤngſt auf
der Cantzel von Hurerey und Ehebruch/ und mein Schwiegervater/
welcher meines Herꝛen Kuͤchenmeiſter iſt/ merckte wol/ wo es hinging
bate mich nach der Predigt zu Gaſt/ und ſagte: Sohn/ ihr werdet mich
und eure Kinder uͤm unſere zettliche Wolfahrt bringen. Hat nicht der
Abt zu N. auch eine Concubin? Hat nicht der Biſchoff zu N. eine Con-
cubin/ gleichwol gehen ſie zur Beicht und zum H. Abendmal/ und ih-
re Prieſter abſolviren ſie/ und ſtellen ein ſolches Naſenweiſes Weſen
nicht an/ als ihr? O haͤtte ich doch meine liebe Tochter/ mein gehorſa-
mes Kind zum Grabe begleiten muͤſſen/ als ich ſie zur Copulation
(Trauung) fuͤhrete/ ach haͤtte ich doch ihrer ſeligen Mutter gefolget/
welche immer ſagte: Jch ſolte mich fuͤr Pfaffen huͤten/ und mein Kind
Georgen dem Rentſchreiber geben/ bey dem koͤnne ſie Eyer und Fett
haben.

Ja mein lieber Ehrenhold/ ihr wiſſet nicht/ wie es einem armẽ
Geſellen gehe/ der ein Hauffen Kinder; der einen boͤſen ungnaͤdigen
Herꝛen/ der eine boͤſe ſtoltze und hoffaͤrtige Frau: und einen eigennuͤ-
tzigen geitzigen Schwiegervater hat/ der nicht allein als ein Vater
und Befoͤrderer/ ſondern gar als ein Regent des Landes herſchen und
regteren wil. Ach das iſt eine Laſt/ daran drey oder vier gnug zutragen
haͤtten.

Jch ſchuͤttelte den Kopff/ und konte mich nicht gnugſam ver-
wundern/ uͤber den Kuͤchenmeiſter/ welcher ein groſſer Heiligen-Freſ-
ſer ſeyn wolte/ und ſo fleiſſig in der Bibel laſe/ daß er ſeinen Tochter-
mann uͤbel außgedeutet/ daß er ſein Ampt gethan/ und die Warheit
auff der Cantzel geredet habe. Jch dachte/ wann in dieſem gantzen Lan-
de Prediger verfolget wuͤrden/ ſo wuͤrde dieſer Kuͤchenmeiſter es ma-
chen/ wie des Koͤniges Achabs Hoffmeiſter Obadias/ und wuͤrde ſie
mit Waſſer und Brod verſorgen. Allein weit gefehlet.

Weil
J i v
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[505/0547] Die erbare Hure. habe/ daß er ein Hurer ſey/ und in andern Laſtern ſtecke? Da antwor- tete er: Ja Ehrenhold/ ihr habt gut reden/ der Madenſack muß erneh- ret ſeyn. Jhr wiſſet/ daß er ein wunderlicher Herꝛ ſey. Wann ich ihm von ſolchen Dingen in der Beichte ſagete/ wuͤrde er mich bey ſchei- nender Sonne/ mit Weib und Kindern wegjagen/ und ins Elend treiben. Jch ſage ihm genugſam/ daß Gott im 6. Gebot befohlen ha- be: Du ſolt nicht Ehebrechen. Wer Ohren hat zu hoͤꝛen/ der hoͤre. Ehrenhold antwortete/ das iſt nicht genug/ ſondern ein treuer Lehrer und Prediger muß unterweilens zu dem David ſelbſt/ zu dem Achab ſelbſt/ zu der Jeſebel ſelbſt/ zu dem Herodes und ſeiner Hure ſelbſt gehen/ und ſagen: Du/ du biſt der Mann/ du du biſt die Frau/ die das und das thut. Herꝛ Georg antwortete: O Ehrenhold/ das Ding laͤſſet ſich leichtlich ſagen/ aber ſchwerlich verpracticiren. Jch redete juͤngſt auf der Cantzel von Hurerey und Ehebruch/ und mein Schwiegervater/ welcher meines Herꝛen Kuͤchenmeiſter iſt/ merckte wol/ wo es hinging bate mich nach der Predigt zu Gaſt/ und ſagte: Sohn/ ihr werdet mich und eure Kinder uͤm unſere zettliche Wolfahrt bringen. Hat nicht der Abt zu N. auch eine Concubin? Hat nicht der Biſchoff zu N. eine Con- cubin/ gleichwol gehen ſie zur Beicht und zum H. Abendmal/ und ih- re Prieſter abſolviren ſie/ und ſtellen ein ſolches Naſenweiſes Weſen nicht an/ als ihr? O haͤtte ich doch meine liebe Tochter/ mein gehorſa- mes Kind zum Grabe begleiten muͤſſen/ als ich ſie zur Copulation (Trauung) fuͤhrete/ ach haͤtte ich doch ihrer ſeligen Mutter gefolget/ welche immer ſagte: Jch ſolte mich fuͤr Pfaffen huͤten/ und mein Kind Georgen dem Rentſchreiber geben/ bey dem koͤnne ſie Eyer und Fett haben. Ja mein lieber Ehrenhold/ ihr wiſſet nicht/ wie es einem armẽ Geſellen gehe/ der ein Hauffen Kinder; der einen boͤſen ungnaͤdigen Herꝛen/ der eine boͤſe ſtoltze und hoffaͤrtige Frau: und einen eigennuͤ- tzigen geitzigen Schwiegervater hat/ der nicht allein als ein Vater und Befoͤrderer/ ſondern gar als ein Regent des Landes herſchen und regteren wil. Ach das iſt eine Laſt/ daran drey oder vier gnug zutragen haͤtten. Jch ſchuͤttelte den Kopff/ und konte mich nicht gnugſam ver- wundern/ uͤber den Kuͤchenmeiſter/ welcher ein groſſer Heiligen-Freſ- ſer ſeyn wolte/ und ſo fleiſſig in der Bibel laſe/ daß er ſeinen Tochter- mann uͤbel außgedeutet/ daß er ſein Ampt gethan/ und die Warheit auff der Cantzel geredet habe. Jch dachte/ wann in dieſem gantzen Lan- de Prediger verfolget wuͤrden/ ſo wuͤrde dieſer Kuͤchenmeiſter es ma- chen/ wie des Koͤniges Achabs Hoffmeiſter Obadias/ und wuͤrde ſie mit Waſſer und Brod verſorgen. Allein weit gefehlet. Weil J i v

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/547>, abgerufen am 25.11.2024.