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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Vorrede.

Jch antwortete/ wie solte es recht seyn? Der Pabst hat ihn deßwe-
gen in den Bann thun wollen/ er aber hat sich entschuldiget/ und vor-
geben/ er sey kein rechter Christ/ dann als er geboren worden/ sey ein
Meß-Pfaffe in N. gewesen/ der habe die Kinder in Lateinischer Spra-
che/ und zwar in deß bösen Feindes Namen getauffet.

Eben dieser Meß-Pfaffe habe ihn auch getaufft. Darumb werde er
ihn ohn Zweiffel in deß bösen Geistes Namen getaufft haben.
Wann er nun nicht recht getaufft/ sey er auch kein rechter Christ/ ja
es sey auch die Ehe so er mit der ersten Gemahlin getroffen/ keine rech-
te Ehe gewesen. Dann die Ehe sey nach der Meynung deß Pabsts ein
Sacrament. Die Sacramenta aber seyn Güter/ die nur zur Kirche
gehören.

Weil nun seine vorige Gemahlin unfruchtbar gewesen/ und seinem
Hause daran gelegen sey/ daß er Kinder habe/ als hat er nothwendig
eine andere Gemahlin erwehlen müssen.

Jch redete ein wenig weitläufftiger von dieser Sache. Da striche
der alte Ehebrecher seinen grauen Bart/ und sagte: Ja/ ich muß es
bekennen/ es ist unrecht. Ein Ehebrecher von Hause auß seyn/ das ge-
het noch wol hin. Allein/ wann man es so offentlich thun wil/ wie der
N. von N. das ist allzu grob.

Jch antwortete mit lächlendem Munde: Jhr alter Ehebrecher
von Hause auß/ lasset euch ein jedes graues Haar einen Bußprediger
seyn; Es ist itzo noch Zeit Busse zu thun/ wer weiß/ ob nicht über 40.
Tage/ ja ob nicht über 40. Stunden es zu spät sey. Werdet ihr dem
Teuffel ferner dienen von Hause auß/ so möchte es einmal unverse-
hens kommen/ daß er euch von Hause auß holete/ und euch die Hauß-
bestallung im ewigen höllischen Feuer bezahlete.

Es war ein ander adelicher und hochgelehrter Ehebrecher von
Hause auß dabey/ welcher vermeynete/ dieses sey etwas zu hart gere-
det/ und sagte. Ach mein/ was thäte David/ der Mann nach dem Her-
tzen und Willen Gottes? zwar da er kam ins Alter/ da machte er den
Psalter. Allein/ dieses war eine sonderbare Gabe Gottes. Wann ich
die Gabe hätte/ Psalmen zu machen/ es solte kein Tag hingehen/ da ich
nicht ein paar Psalmen verfertigen wolte. Allein/ die Gabe habe ich
nicht/ darumb muß ich es unterlassen.

Ein anderer vornehmer Ehebrecher thäte seinen Mund auff und
sagte: Wir haben jüngst bey der Cantzeley einen casum gehabt/ da
war ein ehrlicher Haußmann/ welcher sich durch seine Magd hatte
verführen lassen/ und bekante gegen mich/ daß er die Ehe zwar nicht
gebrochen/ aber dieselbe gewaltig gebeuget habe/ und bate umb ein
gnädiges Urtheil.

Es wurde ihm zuerkant/ daß er 1. offentliche Kirchenbusse thun/ die

Christl.
Vorrede.

Jch antwortete/ wie ſolte es recht ſeyn? Der Pabſt hat ihn deßwe-
gen in den Bann thun wollen/ er aber hat ſich entſchuldiget/ und vor-
geben/ er ſey kein rechter Chriſt/ dann als er geboren worden/ ſey ein
Meß-Pfaffe in N. geweſen/ der habe die Kinder in Lateiniſcher Spra-
che/ und zwar in deß boͤſen Feindes Namen getauffet.

Eben dieſer Meß-Pfaffe habe ihn auch getaufft. Darumb werde er
ihn ohn Zweiffel in deß boͤſen Geiſtes Namen getaufft haben.
Wann er nun nicht recht getaufft/ ſey er auch kein rechter Chriſt/ ja
es ſey auch die Ehe ſo er mit der erſten Gemahlin getroffen/ keine rech-
te Ehe geweſen. Dann die Ehe ſey nach der Meynung deß Pabſts ein
Sacrament. Die Sacramenta aber ſeyn Guͤter/ die nur zur Kirche
gehoͤren.

Weil nun ſeine vorige Gemahlin unfruchtbar geweſen/ und ſeinem
Hauſe daran gelegen ſey/ daß er Kinder habe/ als hat er nothwendig
eine andere Gemahlin erwehlen muͤſſen.

Jch redete ein wenig weitlaͤufftiger von dieſer Sache. Da ſtriche
der alte Ehebrecher ſeinen grauen Bart/ und ſagte: Ja/ ich muß es
bekennen/ es iſt unrecht. Ein Ehebrecher von Hauſe auß ſeyn/ das ge-
het noch wol hin. Allein/ wann man es ſo offentlich thun wil/ wie der
N. von N. das iſt allzu grob.

Jch antwortete mit laͤchlendem Munde: Jhr alter Ehebrecher
von Hauſe auß/ laſſet euch ein jedes graues Haar einen Bußprediger
ſeyn; Es iſt itzo noch Zeit Buſſe zu thun/ wer weiß/ ob nicht uͤber 40.
Tage/ ja ob nicht uͤber 40. Stunden es zu ſpaͤt ſey. Werdet ihr dem
Teuffel ferner dienen von Hauſe auß/ ſo moͤchte es einmal unverſe-
hens kommen/ daß er euch von Hauſe auß holete/ und euch die Hauß-
beſtallung im ewigen hoͤlliſchen Feuer bezahlete.

Es war ein ander adelicher und hochgelehrter Ehebrecher von
Hauſe auß dabey/ welcher vermeynete/ dieſes ſey etwas zu hart gere-
det/ und ſagte. Ach mein/ was thaͤte David/ der Mann nach dem Her-
tzen und Willen Gottes? zwar da er kam ins Alter/ da machte er den
Pſalter. Allein/ dieſes war eine ſonderbare Gabe Gottes. Wann ich
die Gabe haͤtte/ Pſalmen zu machen/ es ſolte kein Tag hingehẽ/ da ich
nicht ein paar Pſalmen verfertigen wolte. Allein/ die Gabe habe ich
nicht/ darumb muß ich es unterlaſſen.

Ein anderer vornehmer Ehebrecher thaͤte ſeinen Mund auff und
ſagte: Wir haben juͤngſt bey der Cantzeley einen caſum gehabt/ da
war ein ehrlicher Haußmann/ welcher ſich durch ſeine Magd hatte
verfuͤhren laſſen/ und bekante gegen mich/ daß er die Ehe zwar nicht
gebrochen/ aber dieſelbe gewaltig gebeuget habe/ und bate umb ein
gnaͤdiges Urtheil.

Es wurde ihm zuerkant/ daß er 1. offentliche Kirchenbuſſe thun/ die

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[466/0508] Vorrede. Jch antwortete/ wie ſolte es recht ſeyn? Der Pabſt hat ihn deßwe- gen in den Bann thun wollen/ er aber hat ſich entſchuldiget/ und vor- geben/ er ſey kein rechter Chriſt/ dann als er geboren worden/ ſey ein Meß-Pfaffe in N. geweſen/ der habe die Kinder in Lateiniſcher Spra- che/ und zwar in deß boͤſen Feindes Namen getauffet. Eben dieſer Meß-Pfaffe habe ihn auch getaufft. Darumb werde er ihn ohn Zweiffel in deß boͤſen Geiſtes Namen getaufft haben. Wann er nun nicht recht getaufft/ ſey er auch kein rechter Chriſt/ ja es ſey auch die Ehe ſo er mit der erſten Gemahlin getroffen/ keine rech- te Ehe geweſen. Dann die Ehe ſey nach der Meynung deß Pabſts ein Sacrament. Die Sacramenta aber ſeyn Guͤter/ die nur zur Kirche gehoͤren. Weil nun ſeine vorige Gemahlin unfruchtbar geweſen/ und ſeinem Hauſe daran gelegen ſey/ daß er Kinder habe/ als hat er nothwendig eine andere Gemahlin erwehlen muͤſſen. Jch redete ein wenig weitlaͤufftiger von dieſer Sache. Da ſtriche der alte Ehebrecher ſeinen grauen Bart/ und ſagte: Ja/ ich muß es bekennen/ es iſt unrecht. Ein Ehebrecher von Hauſe auß ſeyn/ das ge- het noch wol hin. Allein/ wann man es ſo offentlich thun wil/ wie der N. von N. das iſt allzu grob. Jch antwortete mit laͤchlendem Munde: Jhr alter Ehebrecher von Hauſe auß/ laſſet euch ein jedes graues Haar einen Bußprediger ſeyn; Es iſt itzo noch Zeit Buſſe zu thun/ wer weiß/ ob nicht uͤber 40. Tage/ ja ob nicht uͤber 40. Stunden es zu ſpaͤt ſey. Werdet ihr dem Teuffel ferner dienen von Hauſe auß/ ſo moͤchte es einmal unverſe- hens kommen/ daß er euch von Hauſe auß holete/ und euch die Hauß- beſtallung im ewigen hoͤlliſchen Feuer bezahlete. Es war ein ander adelicher und hochgelehrter Ehebrecher von Hauſe auß dabey/ welcher vermeynete/ dieſes ſey etwas zu hart gere- det/ und ſagte. Ach mein/ was thaͤte David/ der Mann nach dem Her- tzen und Willen Gottes? zwar da er kam ins Alter/ da machte er den Pſalter. Allein/ dieſes war eine ſonderbare Gabe Gottes. Wann ich die Gabe haͤtte/ Pſalmen zu machen/ es ſolte kein Tag hingehẽ/ da ich nicht ein paar Pſalmen verfertigen wolte. Allein/ die Gabe habe ich nicht/ darumb muß ich es unterlaſſen. Ein anderer vornehmer Ehebrecher thaͤte ſeinen Mund auff und ſagte: Wir haben juͤngſt bey der Cantzeley einen caſum gehabt/ da war ein ehrlicher Haußmann/ welcher ſich durch ſeine Magd hatte verfuͤhren laſſen/ und bekante gegen mich/ daß er die Ehe zwar nicht gebrochen/ aber dieſelbe gewaltig gebeuget habe/ und bate umb ein gnaͤdiges Urtheil. Es wurde ihm zuerkant/ daß er 1. offentliche Kirchenbuſſe thun/ die Chriſtl.

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/508>, abgerufen am 22.11.2024.