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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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De Lana Caprina.
reich der Fürstenthumbe diesen oder jenen Herrn und Monarchen zu
theil werde/ als allein wegen der Lana Caprina. Dieser kommet dar-
zu und bemächtiget sich dessen unter dem Schein der Hülffe und Ret-
tungs Zusprung/ nachgehends befleissiget und bemühet er sich/ wie
er solches Reich außmergele/ und deme die Schwingen zu fliegen
wol und genau beschneide/ zu letzt aber es umb seine libertet und
Freyheit gar bringe und raube. Ein ander nimmet ein und anders mit
unrecht/ doch wol unter einem herrlichen Schein/ Namen und Titul.
Ein ander nimmet sich grosser Beleidigung an/ damit er mit dem
Schwerdt andere frembde Güter und Herrschafften gewinne und
an sich ziehe/ oder Tyrannisirt wol gar in die Seinige. Bey friedlichen
Zeiten verhüten und wehren etwan noch ab/ die herrlich gegebene
Reichs und Fundamental-Gesetze/ löblicher Stände Authorität
und Ansehen/ und anderer Ordnungen Dignität und Würde/ damit
der Fürst und Potentat nicht alles/ was ihm nur gelüste und in den
Sinn komme/ thue und verrichte. Wenn es aber nun zum Krieg und
Waffen kommen/ wird alles mit einander etwan nur etlichen weni-
gen in die Hand gespielet/ die nachmalen alles eigenem Lüsten und
Belieben nach alles was sie nur wollen thun und außüben Beschauet
und besehet doch was die Lana Caprina für einen greulichen Nach-
druck habe/ bey der Election und Wahl eines Potentaten? Vitellius
hatte bey den Ernsthafften/ das Ansehen/ als wäre er demütig und
sehr leutselig; die/ die ihm gönstig und gewogen waren/ nenneten es
eine Gütigkeit und Freundligkeit/ da er alles vergeudete/ das seinige
verschenckte/ anderer Leute Güter hier und daraußtheilete. Ja bey
dieser grossen Begierligkeit zu dem Regiment/ wurden die Laster für
Tugenden gehalten und gepriesen. Waren diese Stimmen und Vota
nicht De Lana Caprina? Jch wil hier nicht anführen noch geden-
cken/ des hochmütigen und stoltzen Xerxis tolles und kühnes Begin-
nen/ der dem Athomonti trotzige Brieffe zuschriebe und das Hel-
lesponti
sche Meer mit Geisseln züchtigen und straffen liesse. Wenn
ich solche närrische Zoten auff die Bahn bringen solte/ würde ich das
Ansehen gewinnen/ als wolte ich der Thorheit selbsten einen Kleck an-
hencken. So ist dieses mein Vorhaben auch gar zumal nicht/ mich zu
erkühnen und in grosser Herren und Fürsten-Händel curios zu seyn.
Denn jener nit unbillig statuiret und gelehret/ das es sicherer und bes-
ser/ daß was Gott thut und lehret/ zu glauben/ als davon wissen und
disputiren. Jch halte es auch viel zuträglicher zu seyn den Untertha-
nen/ ihrer Obrigkeiten Geheiß und Befehl zu gehorsamen und zuver-
richten/ als darinnen zu grübeln/ oder das der Pöbel von der Regier-
Kunst/ darzu man offters über alles Verhoffen gelangen muß/ naß-
weise und fürwitzig sey. Unterdessen und hinzwischen ist gleichwol

bey

De Lana Caprina.
reich der Fuͤrſtenthumbe dieſen oder jenen Herꝛn und Monarchen zu
theil werde/ als allein wegen der Lana Caprina. Dieſer kommet dar-
zu und bemaͤchtiget ſich deſſen unter dem Schein der Huͤlffe und Ret-
tungs Zuſprung/ nachgehends befleiſſiget und bemuͤhet er ſich/ wie
er ſolches Reich außmergele/ und deme die Schwingen zu fliegen
wol und genau beſchneide/ zu letzt aber es umb ſeine libertet und
Freyheit gar bringe und raube. Ein ander nimmet ein und anders mit
unrecht/ doch wol unter einem herꝛlichen Schein/ Namen und Titul.
Ein ander nimmet ſich groſſer Beleidigung an/ damit er mit dem
Schwerdt andere frembde Guͤter und Herꝛſchafften gewinne und
an ſich ziehe/ oder Tyranniſirt wol gar in die Seinige. Bey friedlichen
Zeiten verhuͤten und wehren etwan noch ab/ die herꝛlich gegebene
Reichs und Fundamental-Geſetze/ loͤblicher Staͤnde Authoritaͤt
und Anſehen/ und anderer Ordnungen Dignitaͤt und Wuͤrde/ damit
der Fuͤrſt und Potentat nicht alles/ was ihm nur geluͤſte und in den
Sinn komme/ thue und verꝛichte. Wenn es aber nun zum Krieg und
Waffen kommen/ wird alles mit einander etwan nur etlichen weni-
gen in die Hand geſpielet/ die nachmalen alles eigenem Luͤſten und
Belieben nach alles was ſie nur wollen thun und außuͤben Beſchauet
und beſehet doch was die Lana Caprina fuͤr einen greulichen Nach-
druck habe/ bey der Election und Wahl eines Potentaten? Vitellius
hatte bey den Ernſthafften/ das Anſehen/ als waͤre er demuͤtig und
ſehr leutſelig; die/ die ihm goͤnſtig und gewogen waren/ nenneten es
eine Guͤtigkeit und Freundligkeit/ da er alles vergeudete/ das ſeinige
verſchenckte/ anderer Leute Guͤter hier und daraußtheilete. Ja bey
dieſer groſſen Begierligkeit zu dem Regiment/ wurden die Laſter fuͤr
Tugenden gehalten und geprieſen. Waren dieſe Stimmen und Vota
nicht De Lana Caprina? Jch wil hier nicht anfuͤhren noch geden-
cken/ des hochmuͤtigen und ſtoltzen Xerxis tolles und kuͤhnes Begin-
nen/ der dem Athomonti trotzige Brieffe zuſchriebe und das Hel-
lesponti
ſche Meer mit Geiſſeln zuͤchtigen und ſtraffen lieſſe. Wenn
ich ſolche naͤrꝛiſche Zoten auff die Bahn bringen ſolte/ wuͤrde ich das
Anſehen gewinnen/ als wolte ich der Thorheit ſelbſten einen Kleck an-
hencken. So iſt dieſes mein Vorhaben auch gar zumal nicht/ mich zu
erkuͤhnen und in groſſer Herꝛen und Fuͤrſten-Haͤndel curios zu ſeyn.
Deñ jener nit unbillig ſtatuiret und gelehret/ das es ſicherer und beſ-
ſer/ daß was Gott thut und lehret/ zu glauben/ als davon wiſſen und
diſputiren. Jch halte es auch viel zutraͤglicher zu ſeyn den Untertha-
nen/ ihrer Obrigkeiten Geheiß und Befehl zu gehorſamen und zuver-
richten/ als darinnen zu gruͤbeln/ oder das der Poͤbel von der Regier-
Kunſt/ darzu man offters uͤber alles Verhoffen gelangen muß/ naß-
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bey
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[415/0457] De Lana Caprina. reich der Fuͤrſtenthumbe dieſen oder jenen Herꝛn und Monarchen zu theil werde/ als allein wegen der Lana Caprina. Dieſer kommet dar- zu und bemaͤchtiget ſich deſſen unter dem Schein der Huͤlffe und Ret- tungs Zuſprung/ nachgehends befleiſſiget und bemuͤhet er ſich/ wie er ſolches Reich außmergele/ und deme die Schwingen zu fliegen wol und genau beſchneide/ zu letzt aber es umb ſeine libertet und Freyheit gar bringe und raube. Ein ander nimmet ein und anders mit unrecht/ doch wol unter einem herꝛlichen Schein/ Namen und Titul. Ein ander nimmet ſich groſſer Beleidigung an/ damit er mit dem Schwerdt andere frembde Guͤter und Herꝛſchafften gewinne und an ſich ziehe/ oder Tyranniſirt wol gar in die Seinige. Bey friedlichen Zeiten verhuͤten und wehren etwan noch ab/ die herꝛlich gegebene Reichs und Fundamental-Geſetze/ loͤblicher Staͤnde Authoritaͤt und Anſehen/ und anderer Ordnungen Dignitaͤt und Wuͤrde/ damit der Fuͤrſt und Potentat nicht alles/ was ihm nur geluͤſte und in den Sinn komme/ thue und verꝛichte. Wenn es aber nun zum Krieg und Waffen kommen/ wird alles mit einander etwan nur etlichen weni- gen in die Hand geſpielet/ die nachmalen alles eigenem Luͤſten und Belieben nach alles was ſie nur wollen thun und außuͤben Beſchauet und beſehet doch was die Lana Caprina fuͤr einen greulichen Nach- druck habe/ bey der Election und Wahl eines Potentaten? Vitellius hatte bey den Ernſthafften/ das Anſehen/ als waͤre er demuͤtig und ſehr leutſelig; die/ die ihm goͤnſtig und gewogen waren/ nenneten es eine Guͤtigkeit und Freundligkeit/ da er alles vergeudete/ das ſeinige verſchenckte/ anderer Leute Guͤter hier und daraußtheilete. Ja bey dieſer groſſen Begierligkeit zu dem Regiment/ wurden die Laſter fuͤr Tugenden gehalten und geprieſen. Waren dieſe Stimmen und Vota nicht De Lana Caprina? Jch wil hier nicht anfuͤhren noch geden- cken/ des hochmuͤtigen und ſtoltzen Xerxis tolles und kuͤhnes Begin- nen/ der dem Athomonti trotzige Brieffe zuſchriebe und das Hel- lespontiſche Meer mit Geiſſeln zuͤchtigen und ſtraffen lieſſe. Wenn ich ſolche naͤrꝛiſche Zoten auff die Bahn bringen ſolte/ wuͤrde ich das Anſehen gewinnen/ als wolte ich der Thorheit ſelbſten einen Kleck an- hencken. So iſt dieſes mein Vorhaben auch gar zumal nicht/ mich zu erkuͤhnen und in groſſer Herꝛen und Fuͤrſten-Haͤndel curios zu ſeyn. Deñ jener nit unbillig ſtatuiret und gelehret/ das es ſicherer und beſ- ſer/ daß was Gott thut und lehret/ zu glauben/ als davon wiſſen und diſputiren. Jch halte es auch viel zutraͤglicher zu ſeyn den Untertha- nen/ ihrer Obrigkeiten Geheiß und Befehl zu gehorſamen und zuver- richten/ als darinnen zu gruͤbeln/ oder das der Poͤbel von der Regier- Kunſt/ darzu man offters uͤber alles Verhoffen gelangen muß/ naß- weiſe und fuͤrwitzig ſey. Unterdeſſen und hinzwiſchen iſt gleichwol bey

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/457>, abgerufen am 22.11.2024.