Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Zuschrifft. werde. Jch wil nicht sagen von dem Gasthause/ von dem Waysen-hause/ von dem Zuchthause/ von dem Pesthause/ von dem Pochen- hause/ darauff jährlich ein grosses gehet. Jch wil nicht sagen von den milden Stifftungen und Testamenten/ welche in vorigen Zeiten von privat-Leuten in Hamburg gemachet worden/ da armen Leuten nicht ellein freye Wohnungen/ sondern auch Kleider/ Hembder/ Kohlen und dergleichen vermachet sind. Sondern ich bedencke/ was deß Jahrs nur bey der Kirchen zu S. Jacob Jährlich auff die Armen ge- wendet werde. Jch sage das/ daß dergleichen in manchem grossen Firstenthumb in Teutschland nicht geschehe. Zwar wann ich die Warheit sagen soll/ muß ich bekennen/ daß die Mildigkeit und Frey- geligkeit der alten Hamburger viel grösser gewesen sey/ als der heu- tigen/ wie ich auß unterschiedenen Stifftungen und Testamenten ge- sehn habe. Vor 50. oder 100. Jahren sind den zehenden Theil so viel Küschen in Hamburg nicht gewesen/ als itzo. Allein damals haben privrt-Leute Armenhäuser bauen lassen/ haben Testamenta gema- chet/ und verordnet/ daß Studenten auff Univ ersitäten unterhalten werden/ damit sie dermaleins Kirchen und Schulen mit gutem Nu- tzen verstehen mögen. Heutiges Tages aber stirbet mancher Mann/ der viel tausend hinterlässet/ und zu Unterhaltung Kirchen und Schu- len/ zu Pflegung der Armen/ nicht einen Reichsthaler gibt. Das ist deß Geitz-Teuffels Art/ daß er seinem lieben getreuen hilfft die Ka- sten voll Geld samlen/ aber er/ (der Geitz-Teuffel) behält den Schlüs- sel dazu/ und die Geitzhälse dürffen nichts auß geben denen Personen/ welche jn sein höllisches Reich zerstören können. Gleichwol erwecket der liebe Gett noch unterweilens mittelmässiges Glücks-Personen/ wel- che ihr gutes Hertz durch ihre milde Hand darthun und erweisen. Al- lein da ist der Teuffel wider geschäfftig/ und machet/ daß es solche Leu- te bekommen/ welche nicht Gott/ sondern dem Teuffel dienen. Jch halte dafür/ daß mancher in der Hölle sitze bey dem reichen Schlem- mer/ welcher allhier ist gespeiset/ geträncket und gekleidet worden/ wie ich davon weitläufftiger geredet habe in einem Tractätlein/ genant Die Allmosen-Büchse/ welches bald an das Liecht kommen wird. Das ist nicht der geringste Mißbrauch der Allmosen/ daß dadurch Knechte und Mägde in ihrem Muthwillen und Ungehorsam ge- stärcket werden/ und wann ein Knecht oder Magd ihrem Herrn und Frauen nicht wollen gehorsam seyn/ lauffen sie zu einer Kuppelerin/ welche faule Eyer und stinckende Butter zusammen bringen muß. Da werden dann ein hauffen Bettelkinder gezeuget/ und wie ihr Ehestand ohne Gott ist angefangen/ also wird er auch ohne Gott fortgeführet/ und da ist kein Glück oder Segen dabey. Das ist gewiß/ daß wo Ungehorsam ist/ da ist lauter Fluch. Der erste Fluch ist umb deß
Zuſchrifft. werde. Jch wil nicht ſagen von dem Gaſthauſe/ von dem Wayſen-hauſe/ von dem Zuchthauſe/ von dem Peſthauſe/ von dem Pochen- hauſe/ darauff jaͤhrlich ein groſſes gehet. Jch wil nicht ſagen von den milden Stifftungen und Teſtamenten/ welche in vorigen Zeiten von privat-Leuten in Hamburg gemachet worden/ da armen Leuten nicht ellein freye Wohnungen/ ſondern auch Kleider/ Hembder/ Kohlen und dergleichen vermachet ſind. Sondern ich bedencke/ was deß Jahrs nur bey der Kirchen zu S. Jacob Jaͤhrlich auff die Armen ge- wendet werde. Jch ſage das/ daß dergleichen in manchem groſſen Firſtenthumb in Teutſchland nicht geſchehe. Zwar wann ich die Warheit ſagen ſoll/ muß ich bekennen/ daß die Mildigkeit und Frey- geligkeit der alten Hamburger viel groͤſſer geweſen ſey/ als der heu- tigen/ wie ich auß unterſchiedenen Stifftungen und Teſtamenten ge- ſehn habe. Vor 50. oder 100. Jahren ſind den zehenden Theil ſo viel Kuͤſchen in Hamburg nicht geweſen/ als itzo. Allein damals haben privꝛt-Leute Armenhaͤuſer bauen laſſen/ haben Teſtamenta gema- chet/ und verordnet/ daß Studenten auff Univ erſitaͤten unterhalten werden/ damit ſie dermaleins Kirchen und Schulen mit gutem Nu- tzen verſtehen moͤgen. Heutiges Tages aber ſtirbet mancher Mann/ der viel tauſend hinterlaͤſſet/ und zu Unterhaltung Kirchen und Schu- len/ zu Pflegung der Armen/ nicht einen Reichsthaler gibt. Das iſt deß Geitz-Teuffels Art/ daß er ſeinem lieben getreuen hilfft die Ka- ſten voll Geld ſamlen/ aber er/ (der Geitz-Teuffel) behaͤlt den Schluͤſ- ſel dazu/ und die Geitzhaͤlſe duͤrffen nichts auß geben denen Perſonen/ welche jn ſein hoͤlliſches Reich zerſtoͤrẽ koͤnnẽ. Gleichwol erwecket der liebe Gett noch unterweilens mittelmaͤſſiges Gluͤcks-Perſonen/ wel- che ihr gutes Hertz durch ihre milde Hand darthun und erweiſen. Al- lein da iſt der Teuffel wider geſchaͤfftig/ und machet/ daß es ſolche Leu- te bekommen/ welche nicht Gott/ ſondern dem Teuffel dienen. Jch halte dafuͤr/ daß mancher in der Hoͤlle ſitze bey dem reichen Schlem- mer/ welcher allhier iſt geſpeiſet/ getraͤncket und gekleidet worden/ wie ich davon weitlaͤufftiger geredet habe in einem Tractaͤtlein/ genant Die Allmoſen-Buͤchſe/ welches bald an das Liecht kommen wird. Das iſt nicht der geringſte Mißbrauch der Allmoſen/ daß dadurch Knechte und Maͤgde in ihrem Muthwillen und Ungehorſam ge- ſtaͤrcket werden/ und wann ein Knecht oder Magd ihrem Herrn und Frauen nicht wollen gehorſam ſeyn/ lauffen ſie zu einer Kuppelerin/ welche faule Eyer und ſtinckende Butter zuſammen bringen muß. Da werden dann ein hauffen Bettelkinder gezeuget/ und wie ihr Eheſtand ohne Gott iſt angefangen/ alſo wird er auch ohne Gott fortgefuͤhret/ und da iſt kein Gluͤck oder Segen dabey. Das iſt gewiß/ daß wo Ungehorſam iſt/ da iſt lauter Fluch. Der erſte Fluch iſt umb deß
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Zuſchrifft.
werde. Jch wil nicht ſagen von dem Gaſthauſe/ von dem Wayſen-
hauſe/ von dem Zuchthauſe/ von dem Peſthauſe/ von dem Pochen-
hauſe/ darauff jaͤhrlich ein groſſes gehet. Jch wil nicht ſagen von den
milden Stifftungen und Teſtamenten/ welche in vorigen Zeiten von
privat-Leuten in Hamburg gemachet worden/ da armen Leuten nicht
ellein freye Wohnungen/ ſondern auch Kleider/ Hembder/ Kohlen
und dergleichen vermachet ſind. Sondern ich bedencke/ was deß
Jahrs nur bey der Kirchen zu S. Jacob Jaͤhrlich auff die Armen ge-
wendet werde. Jch ſage das/ daß dergleichen in manchem groſſen
Firſtenthumb in Teutſchland nicht geſchehe. Zwar wann ich die
Warheit ſagen ſoll/ muß ich bekennen/ daß die Mildigkeit und Frey-
geligkeit der alten Hamburger viel groͤſſer geweſen ſey/ als der heu-
tigen/ wie ich auß unterſchiedenen Stifftungen und Teſtamenten ge-
ſehn habe. Vor 50. oder 100. Jahren ſind den zehenden Theil ſo viel
Kuͤſchen in Hamburg nicht geweſen/ als itzo. Allein damals haben
privꝛt-Leute Armenhaͤuſer bauen laſſen/ haben Teſtamenta gema-
chet/ und verordnet/ daß Studenten auff Univ erſitaͤten unterhalten
werden/ damit ſie dermaleins Kirchen und Schulen mit gutem Nu-
tzen verſtehen moͤgen. Heutiges Tages aber ſtirbet mancher Mann/
der viel tauſend hinterlaͤſſet/ und zu Unterhaltung Kirchen und Schu-
len/ zu Pflegung der Armen/ nicht einen Reichsthaler gibt. Das iſt
deß Geitz-Teuffels Art/ daß er ſeinem lieben getreuen hilfft die Ka-
ſten voll Geld ſamlen/ aber er/ (der Geitz-Teuffel) behaͤlt den Schluͤſ-
ſel dazu/ und die Geitzhaͤlſe duͤrffen nichts auß geben denen Perſonen/
welche jn ſein hoͤlliſches Reich zerſtoͤrẽ koͤnnẽ. Gleichwol erwecket der
liebe Gett noch unterweilens mittelmaͤſſiges Gluͤcks-Perſonen/ wel-
che ihr gutes Hertz durch ihre milde Hand darthun und erweiſen. Al-
lein da iſt der Teuffel wider geſchaͤfftig/ und machet/ daß es ſolche Leu-
te bekommen/ welche nicht Gott/ ſondern dem Teuffel dienen. Jch
halte dafuͤr/ daß mancher in der Hoͤlle ſitze bey dem reichen Schlem-
mer/ welcher allhier iſt geſpeiſet/ getraͤncket und gekleidet worden/ wie
ich davon weitlaͤufftiger geredet habe in einem Tractaͤtlein/ genant
Die Allmoſen-Buͤchſe/ welches bald an das Liecht kommen wird.
Das iſt nicht der geringſte Mißbrauch der Allmoſen/ daß dadurch
Knechte und Maͤgde in ihrem Muthwillen und Ungehorſam ge-
ſtaͤrcket werden/ und wann ein Knecht oder Magd ihrem Herrn und
Frauen nicht wollen gehorſam ſeyn/ lauffen ſie zu einer Kuppelerin/
welche faule Eyer und ſtinckende Butter zuſammen bringen
muß. Da werden dann ein hauffen Bettelkinder gezeuget/ und wie ihr
Eheſtand ohne Gott iſt angefangen/ alſo wird er auch ohne Gott
fortgefuͤhret/ und da iſt kein Gluͤck oder Segen dabey. Das iſt gewiß/
daß wo Ungehorſam iſt/ da iſt lauter Fluch. Der erſte Fluch iſt umb
deß
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Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/372>, abgerufen am 16.02.2025. |