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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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SALOMO oder
recitiren, Und der Landgraff seinem Praeceptori nicht hatte Satisfaction
gethan/ da war der Praeceptor zornig worden/ und hatte gesagt: Printz/
werdet ihr mir in einer halben Stund/ diese Sententias nicht recitiren
können/ so werde ich euch Ohrfeigen geben. Der Landgraff hatte sei-
nem Praeceptori alsbald auffs Maul geschlagen/ und gesagt: Praeceptor,
Melius estpraevenire, quam praeveniri.
Der Käyser lachte und sagte:
Ja/ ja ich versteh dich wol. Einem Gelahrten ist gut predigen. Und
darauff rieff der Käyser mit großmütiger Stimm: Sa! sa! Jhr
Brüder. Fort in JEsu Namen. Constantinopel und gantz Thracia
sol unser seyn. Das Orientalische und Occidentalische Käyserthumb/
müssen wieder zusammen seyn. Gott wird einmal erhören die Seuff-
tzer der armen Christen in Orient/ welche bißher den Ottomannischen
Hunden/ nicht allein von ihren Gütern/ sondern von ihren leiblichen
Kindern haben Tribut geben/ und im Fleisch und Blut dem Moloch
auffopffern/ und es unter die Janitscharen setzen müssen. Sa! sa!
Jhr Brüder. Fort in JEsu Namen. Du Antenor/ wann wir auff
den Abend ins Haupt-Quartier kommen/ so stelle dich bey der Tafel
ein. Jch hab noch von vielen Dingen mit dir zu reden. Mich dauchte/
mein Schind-Gaul hab entweder ein Eisen verlohren/ oder mangle
ihm sonst etwas. Dann er wolte nicht fort. Und es gieng mir wie den
Latetinschen Reutern. Jndem hörte ich einen Trompeter/ und dachte/
das ist kein Feld-Trompeter. Jch erschrack/ und dachte/ das wird
vielleicht ein Türckischer Trompeter seyn/ und sorge/ es werde viel-
leicht jetzt ein Türcke hinter mir herkommen/ und mir mit seinem Sä-
bel eins über den Kopff geben. Und in diesem Schrecken erwachte ich/
und hörte/ daß von unterschiedenen Thürnen/ wie des Morgens umb
drey Uhr bräuchlich ist/ geblasen wurde; Jch danck dir lieber HErre/
etc. Es ist allhier der Brauch/ daß wann vornehme Leut sterben/ so
pflegt der Thurnmann des Abends umb neun Uhr etzliche Grab-Lie-
der auff dem Thurn zu blasen. Einsmals gieng ein trunckener Mann
über den Kirchhoff/ da solche Lieder geblasen wurden/ und rieff: O du
ehrlicher Mann/ wolte Gott/ daß du meiner bösen Frauen diese Lie-
der zu Ehren blasen möchtest/ ich wolte dir gern einen Rosanobel ver-
ehren. Fürwar ich hätte einem jeglichen Thurnmann damals gern ei-
nen Reichsthaler verehrt/ wann sie dieses Blasen eine halbe Stunde
auffgehalten/ und mich nicht auß dem Schlaff erweckt hätten. Dann
ich belustigte mich in dieser Phantasey/ in diesem süssen Traum also/
als wann alles warhafftig geschehen wäre/ als ich noch schlieffe/ und
mein Gaul nicht fort wolte/ dachte ich immer/ was doch das seyn
werde/ davon Käyser Carol bey der Tafel mit mir reden wolle? Allein/
da ich erwachte/ dacht ich: Träum sind Träum. Von vielen andern
Dingen discurrirte Antenor/ und Philanderson hörte ihm zu mit gros-

ser

SALOMO oder
recitiren, Und der Landgraff ſeinem Præceptori nicht hatte Satisfaction
gethan/ da war der Præceptor zornig worden/ und hatte geſagt: Printz/
werdet ihr mir in einer halben Stund/ dieſe Sententias nicht recitiren
koͤnnen/ ſo werde ich euch Ohrfeigen geben. Der Landgraff hatte ſei-
nem Præceptori alsbald auffs Maul geſchlagen/ und geſagt: Præceptor,
Melius eſtprævenire, quam præveniri.
Der Kaͤyſer lachte und ſagte:
Ja/ ja ich verſteh dich wol. Einem Gelahrten iſt gut predigen. Und
darauff rieff der Kaͤyſer mit großmuͤtiger Stimm: Sa! ſa! Jhr
Bruͤder. Fort in JEſu Namen. Conſtantinopel und gantz Thracia
ſol unſer ſeyn. Das Orientaliſche und Occidentaliſche Kaͤyſerthumb/
muͤſſen wieder zuſammen ſeyn. Gott wird einmal erhoͤren die Seuff-
tzer der armen Chriſten in Orient/ welche bißher den Ottomanniſchen
Hunden/ nicht allein von ihren Guͤtern/ ſondern von ihren leiblichen
Kindern haben Tribut geben/ und im Fleiſch und Blut dem Moloch
auffopffern/ und es unter die Janitſcharen ſetzen muͤſſen. Sa! ſa!
Jhr Bruͤder. Fort in JEſu Namen. Du Antenor/ wann wir auff
den Abend ins Haupt-Quartier kommen/ ſo ſtelle dich bey der Tafel
ein. Jch hab noch von vielen Dingen mit dir zu reden. Mich dauchte/
mein Schind-Gaul hab entweder ein Eiſen verlohren/ oder mangle
ihm ſonſt etwas. Dann er wolte nicht fort. Und es gieng mir wie den
Latetinſchen Reutern. Jndem hoͤrte ich einen Trompeter/ und dachte/
das iſt kein Feld-Trompeter. Jch erſchrack/ und dachte/ das wird
vielleicht ein Tuͤrckiſcher Trompeter ſeyn/ und ſorge/ es werde viel-
leicht jetzt ein Tuͤrcke hinter mir herkommen/ und mir mit ſeinem Saͤ-
bel eins uͤber den Kopff geben. Und in dieſem Schrecken erwachte ich/
und hoͤrte/ daß von unterſchiedenen Thuͤrnen/ wie des Morgens umb
drey Uhr braͤuchlich iſt/ geblaſen wurde; Jch danck dir lieber HErre/
ꝛc. Es iſt allhier der Brauch/ daß wann vornehme Leut ſterben/ ſo
pflegt der Thurnmann des Abends umb neun Uhr etzliche Grab-Lie-
der auff dem Thurn zu blaſen. Einsmals gieng ein trunckener Mann
uͤber den Kirchhoff/ da ſolche Lieder geblaſen wurden/ und rieff: O du
ehrlicher Mann/ wolte Gott/ daß du meiner boͤſen Frauen dieſe Lie-
der zu Ehren blaſen moͤchteſt/ ich wolte dir gern einen Roſanobel ver-
ehren. Fuͤrwar ich haͤtte einem jeglichen Thurnmann damals gern ei-
nen Reichsthaler verehrt/ wann ſie dieſes Blaſen eine halbe Stunde
auffgehalten/ und mich nicht auß dem Schlaff erweckt haͤtten. Dann
ich beluſtigte mich in dieſer Phantaſey/ in dieſem ſuͤſſen Traum alſo/
als wann alles warhafftig geſchehen waͤre/ als ich noch ſchlieffe/ und
mein Gaul nicht fort wolte/ dachte ich immer/ was doch das ſeyn
werde/ davon Kaͤyſer Carol bey der Tafel mit mir reden wolle? Allein/
da ich erwachte/ dacht ich: Traͤum ſind Traͤum. Von vielen andern
Dingen diſcurrirte Antenor/ und Philanderſon hoͤrte ihm zu mit groſ-

ſer
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[90/0132] SALOMO oder recitiren, Und der Landgraff ſeinem Præceptori nicht hatte Satisfaction gethan/ da war der Præceptor zornig worden/ und hatte geſagt: Printz/ werdet ihr mir in einer halben Stund/ dieſe Sententias nicht recitiren koͤnnen/ ſo werde ich euch Ohrfeigen geben. Der Landgraff hatte ſei- nem Præceptori alsbald auffs Maul geſchlagen/ und geſagt: Præceptor, Melius eſtprævenire, quam præveniri. Der Kaͤyſer lachte und ſagte: Ja/ ja ich verſteh dich wol. Einem Gelahrten iſt gut predigen. Und darauff rieff der Kaͤyſer mit großmuͤtiger Stimm: Sa! ſa! Jhr Bruͤder. Fort in JEſu Namen. Conſtantinopel und gantz Thracia ſol unſer ſeyn. Das Orientaliſche und Occidentaliſche Kaͤyſerthumb/ muͤſſen wieder zuſammen ſeyn. Gott wird einmal erhoͤren die Seuff- tzer der armen Chriſten in Orient/ welche bißher den Ottomanniſchen Hunden/ nicht allein von ihren Guͤtern/ ſondern von ihren leiblichen Kindern haben Tribut geben/ und im Fleiſch und Blut dem Moloch auffopffern/ und es unter die Janitſcharen ſetzen muͤſſen. Sa! ſa! Jhr Bruͤder. Fort in JEſu Namen. Du Antenor/ wann wir auff den Abend ins Haupt-Quartier kommen/ ſo ſtelle dich bey der Tafel ein. Jch hab noch von vielen Dingen mit dir zu reden. Mich dauchte/ mein Schind-Gaul hab entweder ein Eiſen verlohren/ oder mangle ihm ſonſt etwas. Dann er wolte nicht fort. Und es gieng mir wie den Latetinſchen Reutern. Jndem hoͤrte ich einen Trompeter/ und dachte/ das iſt kein Feld-Trompeter. Jch erſchrack/ und dachte/ das wird vielleicht ein Tuͤrckiſcher Trompeter ſeyn/ und ſorge/ es werde viel- leicht jetzt ein Tuͤrcke hinter mir herkommen/ und mir mit ſeinem Saͤ- bel eins uͤber den Kopff geben. Und in dieſem Schrecken erwachte ich/ und hoͤrte/ daß von unterſchiedenen Thuͤrnen/ wie des Morgens umb drey Uhr braͤuchlich iſt/ geblaſen wurde; Jch danck dir lieber HErre/ ꝛc. Es iſt allhier der Brauch/ daß wann vornehme Leut ſterben/ ſo pflegt der Thurnmann des Abends umb neun Uhr etzliche Grab-Lie- der auff dem Thurn zu blaſen. Einsmals gieng ein trunckener Mann uͤber den Kirchhoff/ da ſolche Lieder geblaſen wurden/ und rieff: O du ehrlicher Mann/ wolte Gott/ daß du meiner boͤſen Frauen dieſe Lie- der zu Ehren blaſen moͤchteſt/ ich wolte dir gern einen Roſanobel ver- ehren. Fuͤrwar ich haͤtte einem jeglichen Thurnmann damals gern ei- nen Reichsthaler verehrt/ wann ſie dieſes Blaſen eine halbe Stunde auffgehalten/ und mich nicht auß dem Schlaff erweckt haͤtten. Dann ich beluſtigte mich in dieſer Phantaſey/ in dieſem ſuͤſſen Traum alſo/ als wann alles warhafftig geſchehen waͤre/ als ich noch ſchlieffe/ und mein Gaul nicht fort wolte/ dachte ich immer/ was doch das ſeyn werde/ davon Kaͤyſer Carol bey der Tafel mit mir reden wolle? Allein/ da ich erwachte/ dacht ich: Traͤum ſind Traͤum. Von vielen andern Dingen diſcurrirte Antenor/ und Philanderſon hoͤrte ihm zu mit groſ- ſer

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/132>, abgerufen am 25.11.2024.