Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Unschuld gen. Er pflegte mich allezeit auff eine Philosophische Mahlzeit zubitten/ die er auch redlich hielte/ ich bekenne/ daß in diesen Qvalitä- ten ich noch mein Lebetage keinen angetroffen. Was fünfftens die Erlernung Lateinischer Sprache junger Als ich in meiner Jugend in die Schule gieng/ hatte ich unter Der Tapffere Fürst Printz Johan Moritz von Nassau/ Gou- Es ist leider mehr als zu wahr/ wie annoch an vielen Orten die Discurt
Unſchuld gen. Er pflegte mich allezeit auff eine Philoſophiſche Mahlzeit zubitten/ die er auch redlich hielte/ ich bekenne/ daß in dieſen Qvalitaͤ- ten ich noch mein Lebetage keinen angetroffen. Was fuͤnfftens die Erlernung Lateiniſcher Sprache junger Als ich in meiner Jugend in die Schule gieng/ hatte ich unter Der Tapffere Fuͤrſt Printz Johan Moritz von Naſſau/ Gou- Es iſt leider mehr als zu wahr/ wie annoch an vielen Orten die Diſcurt
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Unſchuld
gen. Er pflegte mich allezeit auff eine Philoſophiſche Mahlzeit zu
bitten/ die er auch redlich hielte/ ich bekenne/ daß in dieſen Qvalitaͤ-
ten ich noch mein Lebetage keinen angetroffen.
Was fuͤnfftens die Erlernung Lateiniſcher Sprache junger
Fuͤrſten anbetrifft/ iſt ſolches gantz keine Pralerey noch unmoͤglich/
ſintemahl mit denſelben viel anders als mit gemeinen Knaben
uͤmbzugehen/ weil deroſelben Heroiſche Gemuͤther/ mehr durch ei-
ne ſonderliche geſchicklichkeit/ eines klugen Hoffmeiſters/ als durch
vielfaͤltige Schulfuͤchſiſche blaͤuung zu unterrichten ſind/ dahero die
beſten Schulen und Freyen Kuͤnſte junger Fuͤrſten/ die ſchoͤnen
Zeughaͤuſer/ Ruͤſtkammer/ und geheimte Rathsſtuben ſeyn/ da-
rinne von richtigen Staatsſachen tractiret und gehandelt wird? die
rechten Præceptores erfahrene Kriegs-Obriſten/ kluge verſtaͤndige
Raͤthe/ die Ruthe aber damit man ſie zuͤchtiget/ iſt das Gedaͤchtnuͤs
ihrer Vor-Eltern/ ruͤhmliche tapffere Thaten voriger Fuͤrſten/ die
ſie ſo wohl in Kriegs-als Friedenzeiten begangen haben/ denen ſie
nachzufolgen ſich befleiſſen ſollen. B. C I. R 80.
Als ich in meiner Jugend in die Schule gieng/ hatte ich unter
andern einen Præceptorem, wann die Knaben die lection nicht kon-
ten/ ſo nahm er ſie bey den Haaren und ſagte? lerne es! lerne es.
Butyrolambius, weil du dann an der alten Pedantiſchen und Orbi-
lianiſchen Schulmeiſterey ein groſſes gefallen/ und die neuerfun-
dene leichtere Art ohn Praxi und Erfahrenheit doch tadeln wilt/
muſt du dich nur nach Hamburg begeben/ da dich die neue Metho-
diſten wol nach der alten Arth werden informiren koͤnnen/ und dir
deines unzeitigen Iudicii wegen eine Haarhuſche oder die Pritzſche
geben und ſprechen/ Butyrolambi, wenn du ein ding nicht weiſt/ ſo
lerne es! lerne es.
Der Tapffere Fuͤrſt Printz Johan Moritz von Naſſau/ Gou-
vernator uͤber das Hertzogthumb Cleve/ hatte zu meiner Zeit/ als
ich die Gnade gehabt an ſeiner Taffel zu ſitzen/ einen einfaͤltigen
Menſchen/ dem lieſſe er eine Schuͤſſel Caldaunen zu verzehren auß
der Kuͤche holen/ der Narꝛ ſagte/ Herꝛgen/ wer eine Wittwe heyra-
then/ und Caldaunen freſſen will/ muß nicht dencken was drinnen
geweſen. Du einfaͤltiger Narꝛ Butyrolambius, weiſt auch nit was in
deiner Feder geweſen/ da du ſie zu dieſem Werck angeſetzet/ wiſſe/
wenn du es auch anders wiſſen wilſt/ daß Antenors Methodus infor-
mandi mehr Leuten bekant.
Es iſt leider mehr als zu wahr/ wie annoch an vielen Orten die
zarten Gemuͤther mit dem Maſcula, Panis, penis, crinis, zermartert
und aͤrger tribuliret werden/ als die Hunde die das groſſe Waſſer-
Rad zu Leyden umbtreiben muͤſſen. Jch will keinen außfuͤrlichen
Diſcurt
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