Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Regenten-Spiegel. collatoribus die Hände nicht vergülden kan? Wie muß er sich dochofft für einen kahlen Dintensieder/ für einem Schreiber oder Stiefel- schmierer bücken/ und den Hut so tieff abziehen/ wann er ihn bey sei- nem Herrn anmelden sol/ bey welchem er Promotion sucht? Und wann er mit vielen Betteln und Flehen Promotion erlangt/ so heist es/ Domine Iohannes, ihr solt zwar den Dienst haben: Allein ihr müst Jungfer Margrätlein/ meiner Gnädigen Frauen Kammer-Mägd- lein heyrathen. Wir wollen euch hernach allesambt ferner befördern helffen. Vielleicht nicht ohne Ursach/ dann Jungfer Margrätlein hat vielleicht hiebevor Herrn und Knecht bey Tag und Nacht einen Reu- terdienst geleistet. Wann ich solche Ding höre und sehe/ gehet es mir durch Hertz/ Seel/ Marck und Bein/ und verdreust mich/ daß ich stu- dirt hab. Und wann ich meine verflossene Jahre wider herbey brin- gen/ und mein Leben auffs neu anfangen könt/ wolt ich neben den Stu- diis ein Handwerck lernen/ nnd wann mich die undanckbare/ gottlose Welt verfolgte/ wolt ich mahlen/ oder den Leuten Purgationes einge- ben/ wie der Evangelist Lucas/ oder wolt Teppich machen/ wie Pau- lus/ und wolte mich an der Politicorum und Weltkinder Gunst oder Ungunst nicht kehren. Vielweniger wolte ich ihnen gute Wort geben/ daß sie mein oder der Meinigen Promotores seyn wolten. Es kam jüngst ein ehrlicher Kerl zu mir/ welcher lang in der Welt herumb gelauffen/ Jtalien/ Franckreich und Niderland wol besehen/ unter- schiedene Sprachen gelernet/ in Historien und in der fortification sich wol geübt hatte. Er kan alle Monarche in den vier Monarchien/ nach der Reyhe her erzehlen/ und weiß/ in welchem Jahr ein jeder zur Re- gierung kommen sey/ und wie lang er regiert hab. Er hat zweyen vor- nehmen Fürsten für einen Kammerdiener auffgewartet/ und einem andern vornehmen Fürsten hiebevor auch als ein Laquey gedienet. Er ist an vielen Gräflichen und andern Höfen wol bekant. Er hat etzli- chen vornehmen reichen Dänischen Cavalliern in frembden Landen auffgewartet/ welche ihn nicht nur für einen Kamm@rdtener/ sondern gleichsam wie einen geheimen Rath gehalten haben. Als er nun jüngst zu mir kam/ und ich nach vielen Discursen fragte/ wo seine Reise hin- gehe? Da sagt er: Jch wil in Holland/ und alsdann in Franckreich/ und wil ein Schneider werden Jch lachte von Grund meiner See- len. Allein er remonstrirte mir vernünfftig/ was ihn darzu bewege. Als sagt ich: Nun so ziehet hin in Gottes Namen. Die Jtaliänische Sprache wird euch an dem Ort nicht reich machen. Allein Nadel und Scheer kan euch einmal etwas eintragen. Und ihr könnet doch dabey thun/ was ihr bißhero gethan. Mein Vater Sel. hatte einsmals einen Drescher/ der war beym H. Grab gewesen/ und verstunde unterschie- dene Sprachen. Allein/ mein Vater Sel. gab ihm nicht mehr Lohn/ als
Regenten-Spiegel. collatoribus die Haͤnde nicht verguͤlden kan? Wie muß er ſich dochofft fuͤr einen kahlen Dintenſieder/ fuͤr einem Schreiber oder Stiefel- ſchmierer buͤcken/ und den Hut ſo tieff abziehen/ wann er ihn bey ſei- nem Herꝛn anmelden ſol/ bey welchem er Promotion ſucht? Und wañ er mit vielen Betteln und Flehen Promotion erlangt/ ſo heiſt es/ Domine Iohannes, ihr ſolt zwar den Dienſt haben: Allein ihr muͤſt Jungfer Margraͤtlein/ meiner Gnaͤdigen Frauen Kammer-Maͤgd- lein heyrathen. Wir wollen euch hernach alleſambt ferner befoͤrdern helffen. Vielleicht nicht ohne Urſach/ dann Jungfer Margraͤtlein hat vielleicht hiebevor Herꝛn und Knecht bey Tag und Nacht einen Reu- terdienſt geleiſtet. Wann ich ſolche Ding hoͤre und ſehe/ gehet es mir durch Hertz/ Seel/ Marck und Bein/ und verdreuſt mich/ daß ich ſtu- dirt hab. Und wann ich meine verfloſſene Jahre wider herbey brin- gen/ und mein Leben auffs neu anfangen koͤnt/ wolt ich neben den Stu- diis ein Handwerck lernen/ nnd wann mich die undanckbare/ gottloſe Welt verfolgte/ wolt ich mahlen/ oder den Leuten Purgationes einge- ben/ wie der Evangeliſt Lucas/ oder wolt Teppich machen/ wie Pau- lus/ und wolte mich an der Politicorum und Weltkinder Gunſt oder Ungunſt nicht kehren. Vielweniger wolte ich ihnen gute Wort geben/ daß ſie mein oder der Meinigen Promotores ſeyn wolten. Es kam juͤngſt ein ehrlicher Kerl zu mir/ welcher lang in der Welt herumb gelauffen/ Jtalien/ Franckreich und Niderland wol beſehen/ unter- ſchiedene Sprachen gelernet/ in Hiſtorien und in der fortification ſich wol geuͤbt hatte. Er kan alle Monarche in den vier Monarchien/ nach der Reyhe her erzehlen/ und weiß/ in welchem Jahr ein jeder zur Re- gierung kommen ſey/ und wie lang er regiert hab. Er hat zweyen vor- nehmen Fuͤrſten fuͤr einen Kammerdiener auffgewartet/ und einem andern vornehmen Fuͤrſten hiebevor auch als ein Laquey gedienet. Er iſt an vielen Graͤflichen und andern Hoͤfen wol bekant. Er hat etzli- chen vornehmen reichen Daͤniſchen Cavalliern in frembden Landen auffgewartet/ welche ihn nicht nur fuͤr einen Kammərdtener/ ſondern gleichſam wie einen geheimen Rath gehalten haben. Als er nun juͤngſt zu mir kam/ und ich nach vielen Diſcurſen fragte/ wo ſeine Reiſe hin- gehe? Da ſagt er: Jch wil in Holland/ und alsdann in Franckreich/ und wil ein Schneider werden Jch lachte von Grund meiner See- len. Allein er remonſtrirte mir vernuͤnfftig/ was ihn darzu bewege. Als ſagt ich: Nun ſo ziehet hin in Gottes Namen. Die Jtaliaͤniſche Sprache wird euch an dem Ort nicht reich machen. Allein Nadel und Scheer kan euch einmal etwas eintragen. Und ihr koͤnnet doch dabey thun/ was ihr bißhero gethan. Mein Vater Sel. hatte einsmals einen Dreſcher/ der war beym H. Grab geweſen/ und verſtunde unterſchie- dene Sprachen. Allein/ mein Vater Sel. gab ihm nicht mehr Lohn/ als
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0103" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Regenten-Spiegel.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">collatoribus</hi></hi> die Haͤnde nicht verguͤlden kan? Wie muß er ſich doch<lb/> offt fuͤr einen kahlen Dintenſieder/ fuͤr einem Schreiber oder Stiefel-<lb/> ſchmierer buͤcken/ und den Hut ſo tieff abziehen/ wann er ihn bey ſei-<lb/> nem Herꝛn anmelden ſol/ bey welchem er Promotion ſucht? Und wañ<lb/> er mit vielen Betteln und Flehen Promotion erlangt/ ſo heiſt es/<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Domine Iohannes,</hi></hi> ihr ſolt zwar den Dienſt haben: Allein ihr muͤſt<lb/> Jungfer Margraͤtlein/ meiner Gnaͤdigen Frauen Kammer-Maͤgd-<lb/> lein heyrathen. Wir wollen euch hernach alleſambt ferner befoͤrdern<lb/> helffen. Vielleicht nicht ohne Urſach/ dann Jungfer Margraͤtlein hat<lb/> vielleicht hiebevor Herꝛn und Knecht bey Tag und Nacht einen Reu-<lb/> terdienſt geleiſtet. Wann ich ſolche Ding hoͤre und ſehe/ gehet es mir<lb/> durch Hertz/ Seel/ Marck und Bein/ und verdreuſt mich/ daß ich ſtu-<lb/> dirt hab. Und wann ich meine verfloſſene Jahre wider herbey brin-<lb/> gen/ und mein Leben auffs neu anfangen koͤnt/ wolt ich neben den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Stu-<lb/> diis</hi></hi> ein Handwerck lernen/ nnd wann mich die undanckbare/ gottloſe<lb/> Welt verfolgte/ wolt ich mahlen/ oder den Leuten Purgationes einge-<lb/> ben/ wie der Evangeliſt Lucas/ oder wolt Teppich machen/ wie Pau-<lb/> lus/ und wolte mich an der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Politicorum</hi></hi> und Weltkinder Gunſt oder<lb/> Ungunſt nicht kehren. Vielweniger wolte ich ihnen gute Wort geben/<lb/> daß ſie mein oder der Meinigen Promotores ſeyn wolten. Es kam<lb/> juͤngſt ein ehrlicher Kerl zu mir/ welcher lang in der Welt herumb<lb/> gelauffen/ Jtalien/ Franckreich und Niderland wol beſehen/ unter-<lb/> ſchiedene Sprachen gelernet/ in Hiſtorien und in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">fortification</hi></hi> ſich<lb/> wol geuͤbt hatte. Er kan alle Monarche in den vier Monarchien/ nach<lb/> der Reyhe her erzehlen/ und weiß/ in welchem Jahr ein jeder zur Re-<lb/> gierung kommen ſey/ und wie lang er regiert hab. Er hat zweyen vor-<lb/> nehmen Fuͤrſten fuͤr einen Kammerdiener auffgewartet/ und einem<lb/> andern vornehmen Fuͤrſten hiebevor auch als ein Laquey gedienet. Er<lb/> iſt an vielen Graͤflichen und andern Hoͤfen wol bekant. Er hat etzli-<lb/> chen vornehmen reichen Daͤniſchen Cavalliern in frembden Landen<lb/> auffgewartet/ welche ihn nicht nur fuͤr einen Kammərdtener/ ſondern<lb/> gleichſam wie einen geheimen Rath gehalten haben. Als er nun juͤngſt<lb/> zu mir kam/ und ich nach vielen Diſcurſen fragte/ wo ſeine Reiſe hin-<lb/> gehe? Da ſagt er: Jch wil in Holland/ und alsdann in Franckreich/<lb/> und wil ein Schneider werden Jch lachte von Grund meiner See-<lb/> len. Allein er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">remonſtrirte</hi></hi> mir vernuͤnfftig/ was ihn darzu bewege. Als<lb/> ſagt ich: Nun ſo ziehet hin in Gottes Namen. Die Jtaliaͤniſche<lb/> Sprache wird euch an dem Ort nicht reich machen. Allein Nadel und<lb/> Scheer kan euch einmal etwas eintragen. Und ihr koͤnnet doch dabey<lb/> thun/ was ihr bißhero gethan. Mein Vater Sel. hatte einsmals einen<lb/> Dreſcher/ der war beym H. Grab geweſen/ und verſtunde unterſchie-<lb/> dene Sprachen. Allein/ mein Vater Sel. gab ihm nicht mehr Lohn/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0103]
Regenten-Spiegel.
collatoribus die Haͤnde nicht verguͤlden kan? Wie muß er ſich doch
offt fuͤr einen kahlen Dintenſieder/ fuͤr einem Schreiber oder Stiefel-
ſchmierer buͤcken/ und den Hut ſo tieff abziehen/ wann er ihn bey ſei-
nem Herꝛn anmelden ſol/ bey welchem er Promotion ſucht? Und wañ
er mit vielen Betteln und Flehen Promotion erlangt/ ſo heiſt es/
Domine Iohannes, ihr ſolt zwar den Dienſt haben: Allein ihr muͤſt
Jungfer Margraͤtlein/ meiner Gnaͤdigen Frauen Kammer-Maͤgd-
lein heyrathen. Wir wollen euch hernach alleſambt ferner befoͤrdern
helffen. Vielleicht nicht ohne Urſach/ dann Jungfer Margraͤtlein hat
vielleicht hiebevor Herꝛn und Knecht bey Tag und Nacht einen Reu-
terdienſt geleiſtet. Wann ich ſolche Ding hoͤre und ſehe/ gehet es mir
durch Hertz/ Seel/ Marck und Bein/ und verdreuſt mich/ daß ich ſtu-
dirt hab. Und wann ich meine verfloſſene Jahre wider herbey brin-
gen/ und mein Leben auffs neu anfangen koͤnt/ wolt ich neben den Stu-
diis ein Handwerck lernen/ nnd wann mich die undanckbare/ gottloſe
Welt verfolgte/ wolt ich mahlen/ oder den Leuten Purgationes einge-
ben/ wie der Evangeliſt Lucas/ oder wolt Teppich machen/ wie Pau-
lus/ und wolte mich an der Politicorum und Weltkinder Gunſt oder
Ungunſt nicht kehren. Vielweniger wolte ich ihnen gute Wort geben/
daß ſie mein oder der Meinigen Promotores ſeyn wolten. Es kam
juͤngſt ein ehrlicher Kerl zu mir/ welcher lang in der Welt herumb
gelauffen/ Jtalien/ Franckreich und Niderland wol beſehen/ unter-
ſchiedene Sprachen gelernet/ in Hiſtorien und in der fortification ſich
wol geuͤbt hatte. Er kan alle Monarche in den vier Monarchien/ nach
der Reyhe her erzehlen/ und weiß/ in welchem Jahr ein jeder zur Re-
gierung kommen ſey/ und wie lang er regiert hab. Er hat zweyen vor-
nehmen Fuͤrſten fuͤr einen Kammerdiener auffgewartet/ und einem
andern vornehmen Fuͤrſten hiebevor auch als ein Laquey gedienet. Er
iſt an vielen Graͤflichen und andern Hoͤfen wol bekant. Er hat etzli-
chen vornehmen reichen Daͤniſchen Cavalliern in frembden Landen
auffgewartet/ welche ihn nicht nur fuͤr einen Kammərdtener/ ſondern
gleichſam wie einen geheimen Rath gehalten haben. Als er nun juͤngſt
zu mir kam/ und ich nach vielen Diſcurſen fragte/ wo ſeine Reiſe hin-
gehe? Da ſagt er: Jch wil in Holland/ und alsdann in Franckreich/
und wil ein Schneider werden Jch lachte von Grund meiner See-
len. Allein er remonſtrirte mir vernuͤnfftig/ was ihn darzu bewege. Als
ſagt ich: Nun ſo ziehet hin in Gottes Namen. Die Jtaliaͤniſche
Sprache wird euch an dem Ort nicht reich machen. Allein Nadel und
Scheer kan euch einmal etwas eintragen. Und ihr koͤnnet doch dabey
thun/ was ihr bißhero gethan. Mein Vater Sel. hatte einsmals einen
Dreſcher/ der war beym H. Grab geweſen/ und verſtunde unterſchie-
dene Sprachen. Allein/ mein Vater Sel. gab ihm nicht mehr Lohn/
als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |