sellschaft von Freunden essen wollten; und kurz, sie werden von den Nichtkranken überall so in die Enge getrieben, daß sie, aus Man- gel der nöthigen Ruhe, Ungezwungenheit und Heiterkeit, die Hälfte ihres eigentlichen Zweckes verfehlen. Dies Geräusch dauert von den ersten Tagen des Junius bis ungefähr zu den letzten des Julius, wo es sich auf einmal, meist immer in drey Tagen, verliert, weil die Gesellschaft, die es machte, sich gleichsam das Wort gegeben hatte, zu gleicher Zeit zu kom- men und zu gehen.
Jetzt schöpfen die übrigen Brunnengäste wieder Athem, und ihre Anzahl wird durch solche Geschäftsleute vermehrt, die nur -- in den Hundestagen -- ihre Gesundheit wahr- nehmen können; oder durch solche schüchterne Kranke, die am liebsten unter Ihresgleichen sind; oder durch solche, welche die gesunkenen Preise der Miethen und anderer Bedürfnisse zu benutzen gezwungen sind. Um diese Zeit wird Karlsbad immer stiller und leerer und
ſellſchaft von Freunden eſſen wollten; und kurz, ſie werden von den Nichtkranken uͤberall ſo in die Enge getrieben, daß ſie, aus Man- gel der noͤthigen Ruhe, Ungezwungenheit und Heiterkeit, die Haͤlfte ihres eigentlichen Zweckes verfehlen. Dies Geraͤuſch dauert von den erſten Tagen des Junius bis ungefaͤhr zu den letzten des Julius, wo es ſich auf einmal, meiſt immer in drey Tagen, verliert, weil die Geſellſchaft, die es machte, ſich gleichſam das Wort gegeben hatte, zu gleicher Zeit zu kom- men und zu gehen.
Jetzt ſchoͤpfen die uͤbrigen Brunnengaͤſte wieder Athem, und ihre Anzahl wird durch ſolche Geſchaͤftsleute vermehrt, die nur — in den Hundestagen — ihre Geſundheit wahr- nehmen koͤnnen; oder durch ſolche ſchuͤchterne Kranke, die am liebſten unter Ihresgleichen ſind; oder durch ſolche, welche die geſunkenen Preiſe der Miethen und anderer Beduͤrfniſſe zu benutzen gezwungen ſind. Um dieſe Zeit wird Karlsbad immer ſtiller und leerer und
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="78"/>ſellſchaft von Freunden eſſen wollten; und<lb/>
kurz, ſie werden von den Nichtkranken uͤberall<lb/>ſo in die Enge getrieben, daß ſie, aus Man-<lb/>
gel der noͤthigen Ruhe, Ungezwungenheit<lb/>
und Heiterkeit, die Haͤlfte ihres eigentlichen<lb/>
Zweckes verfehlen. Dies Geraͤuſch dauert von<lb/>
den erſten Tagen des Junius bis ungefaͤhr zu<lb/>
den letzten des Julius, wo es ſich auf einmal,<lb/>
meiſt immer in drey Tagen, verliert, weil die<lb/>
Geſellſchaft, die es machte, ſich gleichſam das<lb/>
Wort gegeben hatte, zu gleicher Zeit zu kom-<lb/>
men und zu gehen.</p><lb/><p>Jetzt ſchoͤpfen die uͤbrigen Brunnengaͤſte<lb/>
wieder Athem, und ihre Anzahl wird durch<lb/>ſolche Geſchaͤftsleute vermehrt, die nur — in<lb/>
den Hundestagen — ihre Geſundheit wahr-<lb/>
nehmen koͤnnen; oder durch ſolche ſchuͤchterne<lb/>
Kranke, die am liebſten unter Ihresgleichen<lb/>ſind; oder durch ſolche, welche die geſunkenen<lb/>
Preiſe der Miethen und anderer Beduͤrfniſſe<lb/>
zu benutzen gezwungen ſind. Um dieſe Zeit<lb/>
wird Karlsbad immer ſtiller und leerer und<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[78/0086]
ſellſchaft von Freunden eſſen wollten; und
kurz, ſie werden von den Nichtkranken uͤberall
ſo in die Enge getrieben, daß ſie, aus Man-
gel der noͤthigen Ruhe, Ungezwungenheit
und Heiterkeit, die Haͤlfte ihres eigentlichen
Zweckes verfehlen. Dies Geraͤuſch dauert von
den erſten Tagen des Junius bis ungefaͤhr zu
den letzten des Julius, wo es ſich auf einmal,
meiſt immer in drey Tagen, verliert, weil die
Geſellſchaft, die es machte, ſich gleichſam das
Wort gegeben hatte, zu gleicher Zeit zu kom-
men und zu gehen.
Jetzt ſchoͤpfen die uͤbrigen Brunnengaͤſte
wieder Athem, und ihre Anzahl wird durch
ſolche Geſchaͤftsleute vermehrt, die nur — in
den Hundestagen — ihre Geſundheit wahr-
nehmen koͤnnen; oder durch ſolche ſchuͤchterne
Kranke, die am liebſten unter Ihresgleichen
ſind; oder durch ſolche, welche die geſunkenen
Preiſe der Miethen und anderer Beduͤrfniſſe
zu benutzen gezwungen ſind. Um dieſe Zeit
wird Karlsbad immer ſtiller und leerer und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/86>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.