ger, tanzen an den Lustörtern um die Stadt und in der Stadt, im Fasching auf den Re- douten, (wo die höhern Stände bloß zusehen) und auf den Tanzsälen der Wirthshäuser, un- ter denen der Bock, die Mehlgrube, der Mondschein, der Fasen und der Sperl die berühmtesten sind. Auf letzteren findet man die seltsame Einrichtung mit den Saal- oder Tanzmenschern -- gemiethete Tänzerinnen, die der Wirth hält, um mit den Tanzlustigen herum zu springen. Sie dürfen niemand einen Tanz ausschlagen, und tanzen sich manche Nacht hindurch, für ein Gehalt von 30 bis 40 Kreutzer, halb todt. Der Walzer, hier der deutsche Tanz genannt, ist übrigens der Lieblingstanz aller Stände.
Der Spatziergang, die Spatzierfahrt und der Sommeraufenthalt auf dem Lande, sind ebenfalls von den Wienern sehr gesuchte Genüsse.
Das Volk strömt, besonders an Sonn- und Festtagen, zu allen Thoren hinaus, theils
ger, tanzen an den Luſtoͤrtern um die Stadt und in der Stadt, im Faſching auf den Re- douten, (wo die hoͤhern Staͤnde bloß zuſehen) und auf den Tanzſaͤlen der Wirthshaͤuſer, un- ter denen der Bock, die Mehlgrube, der Mondſchein, der Faſen und der Sperl die beruͤhmteſten ſind. Auf letzteren findet man die ſeltſame Einrichtung mit den Saal- oder Tanzmenſchern — gemiethete Taͤnzerinnen, die der Wirth haͤlt, um mit den Tanzluſtigen herum zu ſpringen. Sie duͤrfen niemand einen Tanz ausſchlagen, und tanzen ſich manche Nacht hindurch, fuͤr ein Gehalt von 30 bis 40 Kreutzer, halb todt. Der Walzer, hier der deutſche Tanz genannt, iſt uͤbrigens der Lieblingstanz aller Staͤnde.
Der Spatziergang, die Spatzierfahrt und der Sommeraufenthalt auf dem Lande, ſind ebenfalls von den Wienern ſehr geſuchte Genuͤſſe.
Das Volk ſtroͤmt, beſonders an Sonn- und Feſttagen, zu allen Thoren hinaus, theils
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ger, tanzen an den Luſtoͤrtern um die Stadt
und in der Stadt, im Faſching auf den Re-
douten, (wo die hoͤhern Staͤnde bloß zuſehen)
und auf den Tanzſaͤlen der Wirthshaͤuſer, un-
ter denen der Bock, die Mehlgrube, der
Mondſchein, der Faſen und der Sperl
die beruͤhmteſten ſind. Auf letzteren findet man
die ſeltſame Einrichtung mit den Saal- oder
Tanzmenſchern — gemiethete Taͤnzerinnen,
die der Wirth haͤlt, um mit den Tanzluſtigen
herum zu ſpringen. Sie duͤrfen niemand einen
Tanz ausſchlagen, und tanzen ſich manche
Nacht hindurch, fuͤr ein Gehalt von 30 bis
40 Kreutzer, halb todt. Der Walzer, hier
der deutſche Tanz genannt, iſt uͤbrigens
der Lieblingstanz aller Staͤnde.
Der Spatziergang, die Spatzierfahrt
und der Sommeraufenthalt auf dem
Lande, ſind ebenfalls von den Wienern ſehr
geſuchte Genuͤſſe.
Das Volk ſtroͤmt, beſonders an Sonn-
und Feſttagen, zu allen Thoren hinaus, theils
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/490>, abgerufen am 22.11.2024.
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