habe schon oben, bey der Marinelli'schen Bühne, die Nebengründe angegeben, welche Zuschauer in dieselben locken. Die bessern Klassen wissen wohl, daß sie großentheils abgeschmackte Dinge sehen werden, und nehmen sich vor, das näch- stemal nicht wieder zu kommen. Dies geht so weit, daß man sich auch das wirklich Gute, womit man überrascht wird, nicht gefallen lassen will und sich scheuet, es anzuerkennen.
Die Hetze bleibt immer noch ein Lieblings- schauspiel des Volks und wenn von den besse- ren Ständen sich einzelne Zuschauer dort ein- finden, so ist es aus den Gründen und unter den Umständen, die ich oben bey der War- schauer Hetze angegeben habe. Es sind viele Leute von besserer Erziehung in Wien, die dies Schauspiel mit keinem Auge je gesehen haben. -- Auch ist es, seitdem ich nicht hier gewesen bin, sehr herunter gekommen. Löwe und Löwin sind todt. Kein Bär ist vorhanden, der dem großen Kurländischen Bär gliche, welcher im Sommer 1785, bey
habe ſchon oben, bey der Marinelli'ſchen Buͤhne, die Nebengruͤnde angegeben, welche Zuſchauer in dieſelben locken. Die beſſern Klaſſen wiſſen wohl, daß ſie großentheils abgeſchmackte Dinge ſehen werden, und nehmen ſich vor, das naͤch- ſtemal nicht wieder zu kommen. Dies geht ſo weit, daß man ſich auch das wirklich Gute, womit man uͤberraſcht wird, nicht gefallen laſſen will und ſich ſcheuet, es anzuerkennen.
Die Hetze bleibt immer noch ein Lieblings- ſchauſpiel des Volks und wenn von den beſſe- ren Staͤnden ſich einzelne Zuſchauer dort ein- finden, ſo iſt es aus den Gruͤnden und unter den Umſtaͤnden, die ich oben bey der War- ſchauer Hetze angegeben habe. Es ſind viele Leute von beſſerer Erziehung in Wien, die dies Schauſpiel mit keinem Auge je geſehen haben. — Auch iſt es, ſeitdem ich nicht hier geweſen bin, ſehr herunter gekommen. Loͤwe und Loͤwin ſind todt. Kein Baͤr iſt vorhanden, der dem großen Kurlaͤndiſchen Baͤr gliche, welcher im Sommer 1785, bey
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0487"n="215"/>
habe ſchon oben, bey der Marinelli'ſchen Buͤhne,<lb/>
die Nebengruͤnde angegeben, welche Zuſchauer<lb/>
in dieſelben locken. Die beſſern Klaſſen wiſſen<lb/>
wohl, daß ſie großentheils abgeſchmackte Dinge<lb/>ſehen werden, und nehmen ſich vor, das naͤch-<lb/>ſtemal nicht wieder zu kommen. Dies geht ſo<lb/>
weit, daß man ſich auch das wirklich Gute,<lb/>
womit man uͤberraſcht wird, nicht gefallen<lb/>
laſſen will und ſich ſcheuet, es anzuerkennen.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Hetze</hi> bleibt immer noch ein Lieblings-<lb/>ſchauſpiel des Volks und wenn von den beſſe-<lb/>
ren Staͤnden ſich einzelne Zuſchauer dort ein-<lb/>
finden, ſo iſt es aus den Gruͤnden und unter<lb/>
den Umſtaͤnden, die ich oben bey der War-<lb/>ſchauer Hetze angegeben habe. Es ſind viele<lb/>
Leute von beſſerer Erziehung in Wien, die<lb/>
dies Schauſpiel mit keinem Auge je geſehen<lb/>
haben. — Auch iſt es, ſeitdem ich nicht hier<lb/>
geweſen bin, <hirendition="#g">ſehr herunter gekommen</hi>.<lb/>
Loͤwe und Loͤwin ſind todt. Kein <hirendition="#g">Baͤr</hi> iſt<lb/>
vorhanden, der dem großen <hirendition="#g">Kurlaͤndiſchen</hi><lb/>
Baͤr gliche, welcher im Sommer 1785, bey<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[215/0487]
habe ſchon oben, bey der Marinelli'ſchen Buͤhne,
die Nebengruͤnde angegeben, welche Zuſchauer
in dieſelben locken. Die beſſern Klaſſen wiſſen
wohl, daß ſie großentheils abgeſchmackte Dinge
ſehen werden, und nehmen ſich vor, das naͤch-
ſtemal nicht wieder zu kommen. Dies geht ſo
weit, daß man ſich auch das wirklich Gute,
womit man uͤberraſcht wird, nicht gefallen
laſſen will und ſich ſcheuet, es anzuerkennen.
Die Hetze bleibt immer noch ein Lieblings-
ſchauſpiel des Volks und wenn von den beſſe-
ren Staͤnden ſich einzelne Zuſchauer dort ein-
finden, ſo iſt es aus den Gruͤnden und unter
den Umſtaͤnden, die ich oben bey der War-
ſchauer Hetze angegeben habe. Es ſind viele
Leute von beſſerer Erziehung in Wien, die
dies Schauſpiel mit keinem Auge je geſehen
haben. — Auch iſt es, ſeitdem ich nicht hier
geweſen bin, ſehr herunter gekommen.
Loͤwe und Loͤwin ſind todt. Kein Baͤr iſt
vorhanden, der dem großen Kurlaͤndiſchen
Baͤr gliche, welcher im Sommer 1785, bey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/487>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.