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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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zehn, zwanzig und funfzig Dukaten; und ich
stand zufällig neben einem Wechsler im Par-
terre, der für seinen geschlossenen Sitz hundert
Kaisergulden gegeben hatte. Als Madame Vi-
gano zum ersten Male im Parter erschien,
war die Freude und das Getümmel um sie
her außerordentlich. Damen und Herren vom er-
sten Range waren ausgestiegen, standen in langen
Reihen da, und ließen sie durch sich hin gehen;
wo diese Reihen sich endigten, sammleten sich
Haufen aus andern Klassen um sie her, folg-
ten ihr, wie ein Triumphzug, und der Hof,
der auch im Parter war, mußte sich, ohne
bemerkt zu werden, durch das Gewühl hin-
durch drängen. Man sagt, daß ein eifersüch-
tiges Mißfallen der Kaiserin der Grund ge-
wesen sey, daß das Tänzerpaar nicht ange-
nommen wurde. Das Publikum machte ein
gewaltiges Geräusch darüber, und ein witziger
Kopf sagte: Der Hof mag zusehen, was
er thut! Die Vigano oder den Frie-
den!

zehn, zwanzig und funfzig Dukaten; und ich
ſtand zufaͤllig neben einem Wechsler im Par-
terre, der fuͤr ſeinen geſchloſſenen Sitz hundert
Kaiſergulden gegeben hatte. Als Madame Vi-
gano zum erſten Male im Parter erſchien,
war die Freude und das Getuͤmmel um ſie
her außerordentlich. Damen und Herren vom er-
ſten Range waren ausgeſtiegen, ſtanden in langen
Reihen da, und ließen ſie durch ſich hin gehen;
wo dieſe Reihen ſich endigten, ſammleten ſich
Haufen aus andern Klaſſen um ſie her, folg-
ten ihr, wie ein Triumphzug, und der Hof,
der auch im Parter war, mußte ſich, ohne
bemerkt zu werden, durch das Gewuͤhl hin-
durch draͤngen. Man ſagt, daß ein eiferſuͤch-
tiges Mißfallen der Kaiſerin der Grund ge-
weſen ſey, daß das Taͤnzerpaar nicht ange-
nommen wurde. Das Publikum machte ein
gewaltiges Geraͤuſch daruͤber, und ein witziger
Kopf ſagte: Der Hof mag zuſehen, was
er thut! Die Vigano oder den Frie-
den!

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[202/0474] zehn, zwanzig und funfzig Dukaten; und ich ſtand zufaͤllig neben einem Wechsler im Par- terre, der fuͤr ſeinen geſchloſſenen Sitz hundert Kaiſergulden gegeben hatte. Als Madame Vi- gano zum erſten Male im Parter erſchien, war die Freude und das Getuͤmmel um ſie her außerordentlich. Damen und Herren vom er- ſten Range waren ausgeſtiegen, ſtanden in langen Reihen da, und ließen ſie durch ſich hin gehen; wo dieſe Reihen ſich endigten, ſammleten ſich Haufen aus andern Klaſſen um ſie her, folg- ten ihr, wie ein Triumphzug, und der Hof, der auch im Parter war, mußte ſich, ohne bemerkt zu werden, durch das Gewuͤhl hin- durch draͤngen. Man ſagt, daß ein eiferſuͤch- tiges Mißfallen der Kaiſerin der Grund ge- weſen ſey, daß das Taͤnzerpaar nicht ange- nommen wurde. Das Publikum machte ein gewaltiges Geraͤuſch daruͤber, und ein witziger Kopf ſagte: Der Hof mag zuſehen, was er thut! Die Vigano oder den Frie- den!

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/474>, abgerufen am 25.11.2024.