bis 200,000 Gulden einbüßen) und endlich auch den Wetteifer der Nebentheater, besonders Marinellis und Schikaneders, die den Geschmack der Wiener besser kennen und ihre Schwachheit für Nationalstücke, durch kurze Lustspiele und kleine Singstücke nutzen, während das Hof- theater sie durch, hier sogenannte Sächsische Schauspiele, Ritterstücke, und weinerliche Fa- miliengemälde, mit Sitten, die man nicht kennt und zum Theil abgeschmackt, kleinstäd- tisch und lächerlich findet, regelmäßig einschlä- fert -- diese Umstände, und die übertriebene Anzahl des Nebenpersonale, das verhältniß- mäßig auch nicht schlecht besoldet ist, und die Ausgaben erhöhet, gab mir, sage ich, der ge- dachte Kenner, als die Ursachen des schlechten Zustandes dieser Bühne an, und ich fand kei- nen Grund an der Richtigkeit derselben zu zweifeln.
"Im Ganzen," fuhr er fort: "ist das Nationaltheater jetzt schlechter, da es der Hof besorgt, als es vorher unter Privatunterneh-
bis 200,000 Gulden einbuͤßen) und endlich auch den Wetteifer der Nebentheater, beſonders Marinellis und Schikaneders, die den Geſchmack der Wiener beſſer kennen und ihre Schwachheit fuͤr Nationalſtuͤcke, durch kurze Luſtſpiele und kleine Singſtuͤcke nutzen, waͤhrend das Hof- theater ſie durch, hier ſogenannte Saͤchſiſche Schauſpiele, Ritterſtuͤcke, und weinerliche Fa- miliengemaͤlde, mit Sitten, die man nicht kennt und zum Theil abgeſchmackt, kleinſtaͤd- tiſch und laͤcherlich findet, regelmaͤßig einſchlaͤ- fert — dieſe Umſtaͤnde, und die uͤbertriebene Anzahl des Nebenperſonale, das verhaͤltniß- maͤßig auch nicht ſchlecht beſoldet iſt, und die Ausgaben erhoͤhet, gab mir, ſage ich, der ge- dachte Kenner, als die Urſachen des ſchlechten Zuſtandes dieſer Buͤhne an, und ich fand kei- nen Grund an der Richtigkeit derſelben zu zweifeln.
„Im Ganzen,“ fuhr er fort: „iſt das Nationaltheater jetzt ſchlechter, da es der Hof beſorgt, als es vorher unter Privatunterneh-
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bis 200,000 Gulden einbuͤßen) und endlich auch
den Wetteifer der Nebentheater, beſonders
Marinellis und Schikaneders, die den Geſchmack
der Wiener beſſer kennen und ihre Schwachheit
fuͤr Nationalſtuͤcke, durch kurze Luſtſpiele und
kleine Singſtuͤcke nutzen, waͤhrend das Hof-
theater ſie durch, hier ſogenannte Saͤchſiſche
Schauſpiele, Ritterſtuͤcke, und weinerliche Fa-
miliengemaͤlde, mit Sitten, die man nicht
kennt und zum Theil abgeſchmackt, kleinſtaͤd-
tiſch und laͤcherlich findet, regelmaͤßig einſchlaͤ-
fert — dieſe Umſtaͤnde, und die uͤbertriebene
Anzahl des Nebenperſonale, das verhaͤltniß-
maͤßig auch nicht ſchlecht beſoldet iſt, und die
Ausgaben erhoͤhet, gab mir, ſage ich, der ge-
dachte Kenner, als die Urſachen des ſchlechten
Zuſtandes dieſer Buͤhne an, und ich fand kei-
nen Grund an der Richtigkeit derſelben zu
zweifeln.
„Im Ganzen,“ fuhr er fort: „iſt das
Nationaltheater jetzt ſchlechter, da es der Hof
beſorgt, als es vorher unter Privatunterneh-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/466>, abgerufen am 22.11.2024.
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