tung und fruchtbare Theaterpolizey. Der Hof selbst übernahm zuletzt, da diese Bühne einzu- gehen drohete, die Besorgung derselben, und brachte abermals einige Verbesserungen an, aber sie blieb im Schmachten und sie ist, mei- nes Ermessens, noch darin. Ich höre so eben, daß sie wieder an einem Privatunternehmer überlassen werden soll, weil es der Hof für unschicklich hält, in Zeiten, wie die laufenden, bey einer Unternehmung, die bloß dem Ver- gnügen dient, das nützlicher zu verwendende Geld aufzuopfern. Ein Mann von feinem Ge- schmack, ein geborner Wiener, gab mir Man- gel an Auswahl unter den anzunehmenden Schauspielern und Schauspielerinnen; Unei- nigkeit, Anmaßung, Trägheit und erklärte Mittelmäßigkeit unter diesen; zu reichliche Besoldung derselben; unglückliche Wahl der aufzuführenden Stücke, die oft, bey großen darauf verwandten Kosten, dem Publikum durchaus mißfallen; übrigens schlechte Wirth- schaft (sonst könnte der Hof nicht jährlich 150
Sechstes Heft. N
tung und fruchtbare Theaterpolizey. Der Hof ſelbſt uͤbernahm zuletzt, da dieſe Buͤhne einzu- gehen drohete, die Beſorgung derſelben, und brachte abermals einige Verbeſſerungen an, aber ſie blieb im Schmachten und ſie iſt, mei- nes Ermeſſens, noch darin. Ich hoͤre ſo eben, daß ſie wieder an einem Privatunternehmer uͤberlaſſen werden ſoll, weil es der Hof fuͤr unſchicklich haͤlt, in Zeiten, wie die laufenden, bey einer Unternehmung, die bloß dem Ver- gnuͤgen dient, das nuͤtzlicher zu verwendende Geld aufzuopfern. Ein Mann von feinem Ge- ſchmack, ein geborner Wiener, gab mir Man- gel an Auswahl unter den anzunehmenden Schauſpielern und Schauſpielerinnen; Unei- nigkeit, Anmaßung, Traͤgheit und erklaͤrte Mittelmaͤßigkeit unter dieſen; zu reichliche Beſoldung derſelben; ungluͤckliche Wahl der aufzufuͤhrenden Stuͤcke, die oft, bey großen darauf verwandten Koſten, dem Publikum durchaus mißfallen; uͤbrigens ſchlechte Wirth- ſchaft (ſonſt koͤnnte der Hof nicht jaͤhrlich 150
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tung und fruchtbare Theaterpolizey. Der Hof
ſelbſt uͤbernahm zuletzt, da dieſe Buͤhne einzu-
gehen drohete, die Beſorgung derſelben, und
brachte abermals einige Verbeſſerungen an,
aber ſie blieb im Schmachten und ſie iſt, mei-
nes Ermeſſens, noch darin. Ich hoͤre ſo eben,
daß ſie wieder an einem Privatunternehmer
uͤberlaſſen werden ſoll, weil es der Hof fuͤr
unſchicklich haͤlt, in Zeiten, wie die laufenden,
bey einer Unternehmung, die bloß dem Ver-
gnuͤgen dient, das nuͤtzlicher zu verwendende
Geld aufzuopfern. Ein Mann von feinem Ge-
ſchmack, ein geborner Wiener, gab mir Man-
gel an Auswahl unter den anzunehmenden
Schauſpielern und Schauſpielerinnen; Unei-
nigkeit, Anmaßung, Traͤgheit und erklaͤrte
Mittelmaͤßigkeit unter dieſen; zu reichliche
Beſoldung derſelben; ungluͤckliche Wahl der
aufzufuͤhrenden Stuͤcke, die oft, bey großen
darauf verwandten Koſten, dem Publikum
durchaus mißfallen; uͤbrigens ſchlechte Wirth-
ſchaft (ſonſt koͤnnte der Hof nicht jaͤhrlich 150
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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