Kopfzeuge, mit dem erklärtesten Abscheu gegen die altmodischen Drathgestelle, die ehedem ih- rer Klasse ganz eigenthümlich waren. Hinter ihr trippeln ein paar Schneiderburschen in seidenen Pantalons, mit Bänderschuhen und fliegenden Haaren her, die nur noch an der Sprache, und den wunderlichen Schultern zu erkennen sind. Mitten durch sie hin schreitet mit großen gewichsten Stiefeln ein Mensch in seinem Frack, mit schmaler Tresse um den großen Hut, den die blauen oder schwarzen Hände als Färber- oder Schmiedegesellen ver- rathen, und kauft sich eine Tasche voll Kai- serbirnen bey der nächsten Fratschlerin, die, beym Wiedergeben auf einen harten Tha- ler, unter ihren Kreutzern und Siebnern und Siebzehnern, auch Kremnitzer Dukaten mit herauszieht. Das Aeußere der mittlern und höhern Stände ist bey beyden Geschlechtern ganz englisch, mithin auch kostbarer, geworden. Es ist nicht mehr, wie sonst, mit Gold, Sil- ber und andern schimmernden Putz überladen,
Kopfzeuge, mit dem erklaͤrteſten Abſcheu gegen die altmodiſchen Drathgeſtelle, die ehedem ih- rer Klaſſe ganz eigenthuͤmlich waren. Hinter ihr trippeln ein paar Schneiderburſchen in ſeidenen Pantalons, mit Baͤnderſchuhen und fliegenden Haaren her, die nur noch an der Sprache, und den wunderlichen Schultern zu erkennen ſind. Mitten durch ſie hin ſchreitet mit großen gewichsten Stiefeln ein Menſch in ſeinem Frack, mit ſchmaler Treſſe um den großen Hut, den die blauen oder ſchwarzen Haͤnde als Faͤrber- oder Schmiedegeſellen ver- rathen, und kauft ſich eine Taſche voll Kai- ſerbirnen bey der naͤchſten Fratſchlerin, die, beym Wiedergeben auf einen harten Tha- ler, unter ihren Kreutzern und Siebnern und Siebzehnern, auch Kremnitzer Dukaten mit herauszieht. Das Aeußere der mittlern und hoͤhern Staͤnde iſt bey beyden Geſchlechtern ganz engliſch, mithin auch koſtbarer, geworden. Es iſt nicht mehr, wie ſonſt, mit Gold, Sil- ber und andern ſchimmernden Putz uͤberladen,
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0444"n="172"/>
Kopfzeuge, mit dem erklaͤrteſten Abſcheu gegen<lb/>
die altmodiſchen Drathgeſtelle, die ehedem ih-<lb/>
rer Klaſſe ganz eigenthuͤmlich waren. Hinter<lb/>
ihr trippeln ein paar Schneiderburſchen in<lb/>ſeidenen Pantalons, mit Baͤnderſchuhen und<lb/>
fliegenden Haaren her, die nur noch an der<lb/>
Sprache, und den wunderlichen Schultern zu<lb/>
erkennen ſind. Mitten durch ſie hin ſchreitet<lb/>
mit großen gewichsten Stiefeln ein Menſch in<lb/>ſeinem Frack, mit ſchmaler Treſſe um den<lb/>
großen Hut, den die blauen oder ſchwarzen<lb/>
Haͤnde als Faͤrber- oder Schmiedegeſellen ver-<lb/>
rathen, und kauft ſich eine Taſche voll <hirendition="#g">Kai-<lb/>ſerbirnen</hi> bey der naͤchſten <hirendition="#g">Fratſchlerin</hi>,<lb/>
die, beym Wiedergeben auf einen harten Tha-<lb/>
ler, unter ihren Kreutzern und Siebnern und<lb/>
Siebzehnern, auch Kremnitzer Dukaten mit<lb/>
herauszieht. Das Aeußere der mittlern und<lb/>
hoͤhern Staͤnde iſt bey beyden Geſchlechtern<lb/>
ganz engliſch, mithin auch koſtbarer, geworden.<lb/>
Es iſt nicht mehr, wie ſonſt, mit Gold, Sil-<lb/>
ber und andern ſchimmernden Putz uͤberladen,<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[172/0444]
Kopfzeuge, mit dem erklaͤrteſten Abſcheu gegen
die altmodiſchen Drathgeſtelle, die ehedem ih-
rer Klaſſe ganz eigenthuͤmlich waren. Hinter
ihr trippeln ein paar Schneiderburſchen in
ſeidenen Pantalons, mit Baͤnderſchuhen und
fliegenden Haaren her, die nur noch an der
Sprache, und den wunderlichen Schultern zu
erkennen ſind. Mitten durch ſie hin ſchreitet
mit großen gewichsten Stiefeln ein Menſch in
ſeinem Frack, mit ſchmaler Treſſe um den
großen Hut, den die blauen oder ſchwarzen
Haͤnde als Faͤrber- oder Schmiedegeſellen ver-
rathen, und kauft ſich eine Taſche voll Kai-
ſerbirnen bey der naͤchſten Fratſchlerin,
die, beym Wiedergeben auf einen harten Tha-
ler, unter ihren Kreutzern und Siebnern und
Siebzehnern, auch Kremnitzer Dukaten mit
herauszieht. Das Aeußere der mittlern und
hoͤhern Staͤnde iſt bey beyden Geſchlechtern
ganz engliſch, mithin auch koſtbarer, geworden.
Es iſt nicht mehr, wie ſonſt, mit Gold, Sil-
ber und andern ſchimmernden Putz uͤberladen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/444>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.