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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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kram mit Lebensmitteln und kleinen Bedürf-
nissen aller Art. Die Anzahl dieser Kräme-
rinnen ist auch sichtbar gestiegen, seitdem ich
in Wien nicht gewesen bin, aber zugleich hat
sich eine Art von Lazzaroni hervorgethan, die
sonst nicht so häufig waren, und wahrscheinlich
noch häufiger seyn würden, wenn die bisheri-
gen Werbungen die Straßen von Wien nicht
von Zeit zu Zeit aufgeräumt hätten. Indessen
liegt und steht doch mancher Taugenichts an
dem Krame seiner Frau, die mit Obst, Leb-
zelten, Strümpfen, Handschuhen, Büchern etc.
handelt, unbeschäftigt herum, und läßt sich von
ihr füttern. Auf eben diesem Wege sind auch
die häufigen Wein- Bier- und Kaffeschenken,
und die Trödeleyen und Diebesniederlagen ent-
standen. Man hat unter dem vorigen und je-
tzigen Kaiser Versuche gemacht, diese Frey-
heit einzuschränken, und das eheliche Zusam-
menlaufen zu erschweren; aber man sagt, die
Regierung sey dabey in Verlegenheit gerathen
und habe unruhige Auftritte von den Fischwei-

kram mit Lebensmitteln und kleinen Beduͤrf-
niſſen aller Art. Die Anzahl dieſer Kraͤme-
rinnen iſt auch ſichtbar geſtiegen, ſeitdem ich
in Wien nicht geweſen bin, aber zugleich hat
ſich eine Art von Lazzaroni hervorgethan, die
ſonſt nicht ſo haͤufig waren, und wahrſcheinlich
noch haͤufiger ſeyn wuͤrden, wenn die bisheri-
gen Werbungen die Straßen von Wien nicht
von Zeit zu Zeit aufgeraͤumt haͤtten. Indeſſen
liegt und ſteht doch mancher Taugenichts an
dem Krame ſeiner Frau, die mit Obſt, Leb-
zelten, Struͤmpfen, Handſchuhen, Buͤchern ꝛc.
handelt, unbeſchaͤftigt herum, und laͤßt ſich von
ihr fuͤttern. Auf eben dieſem Wege ſind auch
die haͤufigen Wein- Bier- und Kaffeſchenken,
und die Troͤdeleyen und Diebesniederlagen ent-
ſtanden. Man hat unter dem vorigen und je-
tzigen Kaiſer Verſuche gemacht, dieſe Frey-
heit einzuſchraͤnken, und das eheliche Zuſam-
menlaufen zu erſchweren; aber man ſagt, die
Regierung ſey dabey in Verlegenheit gerathen
und habe unruhige Auftritte von den Fiſchwei-

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[167/0439] kram mit Lebensmitteln und kleinen Beduͤrf- niſſen aller Art. Die Anzahl dieſer Kraͤme- rinnen iſt auch ſichtbar geſtiegen, ſeitdem ich in Wien nicht geweſen bin, aber zugleich hat ſich eine Art von Lazzaroni hervorgethan, die ſonſt nicht ſo haͤufig waren, und wahrſcheinlich noch haͤufiger ſeyn wuͤrden, wenn die bisheri- gen Werbungen die Straßen von Wien nicht von Zeit zu Zeit aufgeraͤumt haͤtten. Indeſſen liegt und ſteht doch mancher Taugenichts an dem Krame ſeiner Frau, die mit Obſt, Leb- zelten, Struͤmpfen, Handſchuhen, Buͤchern ꝛc. handelt, unbeſchaͤftigt herum, und laͤßt ſich von ihr fuͤttern. Auf eben dieſem Wege ſind auch die haͤufigen Wein- Bier- und Kaffeſchenken, und die Troͤdeleyen und Diebesniederlagen ent- ſtanden. Man hat unter dem vorigen und je- tzigen Kaiſer Verſuche gemacht, dieſe Frey- heit einzuſchraͤnken, und das eheliche Zuſam- menlaufen zu erſchweren; aber man ſagt, die Regierung ſey dabey in Verlegenheit gerathen und habe unruhige Auftritte von den Fiſchwei-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/439>, abgerufen am 27.11.2024.