dann eine Pflanzschule, aus welcher man die abgängigen oder unbrauchbaren Glieder des Gelehrten- oder Beamten-Standes ersetzen könnte, indem man zugleich die Trägen dar- unter mit Wetteifer und Ehrgeiz erfüllte. So wäre dem Talente, wo es sich auch fände, die Laufbahn offen, und der Dummheit oder Träg- heit, wie hoch sie auch schon stände, bliebe sie verschlossen.
Da also die Hauptmasse der Einwohner von Dresden in Absicht der Besoldung und Nahrung ziemlich eingeschränkt ist, so ist auch das, was man öffentliches Vergnügen nennt, hier einfacher, sparsamer, als irgend- wo in einer andern Hauptstadt. Die höhern Klassen haben, den Sommer hindurch, nichts vom Hofe an Festen und Vergnügungen zu erwarten, da er denselben in Pillnitz zubringt, wo er meist nur des Sonntags den einheimi- schen und fremden Ministern und Generalen zu essen giebt; sie gehen also auf ihre eigenen Landsitze und belustigen sich, wie eigner Ge-
schmack
dann eine Pflanzſchule, aus welcher man die abgaͤngigen oder unbrauchbaren Glieder des Gelehrten- oder Beamten-Standes erſetzen koͤnnte, indem man zugleich die Traͤgen dar- unter mit Wetteifer und Ehrgeiz erfuͤllte. So waͤre dem Talente, wo es ſich auch faͤnde, die Laufbahn offen, und der Dummheit oder Traͤg- heit, wie hoch ſie auch ſchon ſtaͤnde, bliebe ſie verſchloſſen.
Da alſo die Hauptmaſſe der Einwohner von Dresden in Abſicht der Beſoldung und Nahrung ziemlich eingeſchraͤnkt iſt, ſo iſt auch das, was man oͤffentliches Vergnuͤgen nennt, hier einfacher, ſparſamer, als irgend- wo in einer andern Hauptſtadt. Die hoͤhern Klaſſen haben, den Sommer hindurch, nichts vom Hofe an Feſten und Vergnuͤgungen zu erwarten, da er denſelben in Pillnitz zubringt, wo er meiſt nur des Sonntags den einheimi- ſchen und fremden Miniſtern und Generalen zu eſſen giebt; ſie gehen alſo auf ihre eigenen Landſitze und beluſtigen ſich, wie eigner Ge-
ſchmack
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0040"n="32"/>
dann eine Pflanzſchule, aus welcher man die<lb/>
abgaͤngigen oder unbrauchbaren Glieder des<lb/>
Gelehrten- oder Beamten-Standes erſetzen<lb/>
koͤnnte, indem man zugleich die Traͤgen dar-<lb/>
unter mit Wetteifer und Ehrgeiz erfuͤllte. So<lb/>
waͤre dem Talente, wo es ſich auch faͤnde, die<lb/>
Laufbahn offen, und der Dummheit oder Traͤg-<lb/>
heit, wie hoch ſie auch ſchon ſtaͤnde, bliebe ſie<lb/>
verſchloſſen.</p><lb/><p>Da alſo die Hauptmaſſe der Einwohner<lb/>
von Dresden in Abſicht der Beſoldung und<lb/>
Nahrung ziemlich eingeſchraͤnkt iſt, ſo iſt auch<lb/>
das, was man <hirendition="#g">oͤffentliches Vergnuͤgen</hi><lb/>
nennt, hier einfacher, ſparſamer, als irgend-<lb/>
wo in einer andern Hauptſtadt. Die hoͤhern<lb/>
Klaſſen haben, den Sommer hindurch, nichts<lb/>
vom Hofe an Feſten und Vergnuͤgungen zu<lb/>
erwarten, da er denſelben in Pillnitz zubringt,<lb/>
wo er meiſt nur des Sonntags den einheimi-<lb/>ſchen und fremden Miniſtern und Generalen<lb/>
zu eſſen giebt; ſie gehen alſo auf ihre eigenen<lb/>
Landſitze und beluſtigen ſich, wie eigner Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchmack</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[32/0040]
dann eine Pflanzſchule, aus welcher man die
abgaͤngigen oder unbrauchbaren Glieder des
Gelehrten- oder Beamten-Standes erſetzen
koͤnnte, indem man zugleich die Traͤgen dar-
unter mit Wetteifer und Ehrgeiz erfuͤllte. So
waͤre dem Talente, wo es ſich auch faͤnde, die
Laufbahn offen, und der Dummheit oder Traͤg-
heit, wie hoch ſie auch ſchon ſtaͤnde, bliebe ſie
verſchloſſen.
Da alſo die Hauptmaſſe der Einwohner
von Dresden in Abſicht der Beſoldung und
Nahrung ziemlich eingeſchraͤnkt iſt, ſo iſt auch
das, was man oͤffentliches Vergnuͤgen
nennt, hier einfacher, ſparſamer, als irgend-
wo in einer andern Hauptſtadt. Die hoͤhern
Klaſſen haben, den Sommer hindurch, nichts
vom Hofe an Feſten und Vergnuͤgungen zu
erwarten, da er denſelben in Pillnitz zubringt,
wo er meiſt nur des Sonntags den einheimi-
ſchen und fremden Miniſtern und Generalen
zu eſſen giebt; ſie gehen alſo auf ihre eigenen
Landſitze und beluſtigen ſich, wie eigner Ge-
ſchmack
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/40>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.