denn der Erzbischof und der geistliche Adel hat seine bestimmte Kleidung, die von der Mode unabhängig ist, und hofverwandte Personen weltlichen Standes, haben, wie das Militare, ihre Uniform. Unter den weltlichen Personen des Bürgerstandes können nur die jüngern Ne- gotianten und ihre Frauen den Ton in der Mode angeben; vielleicht auch einige Beamten in den Kollegien, die nicht zu den Alten und gar zu gering Besoldeten gehören; und dies geschieht auch zum Theil; aber alle übrigen lassen es beym Alten. Bey diesen zeigt sich ein gewisser altdeutscher Zuschnitt in der Klei- dung beyder Geschlechter, doch mehr noch bey dem weiblichen, als dem männlichen. Haben die Männer irgend eine geringe Hof- oder Staatsstelle, so zeigen sie sich grade in dem Geschmack gekleidet, wie dieselbe Klasse in München und Dresden, nämlich in einem Rocke mit kurzem Schnitt und breiten Schös- sen, den platten Hut unter dem Arm, den kurzen Degen an der Seite, mit einem altmo-
Sechstes Heft. G
denn der Erzbiſchof und der geiſtliche Adel hat ſeine beſtimmte Kleidung, die von der Mode unabhaͤngig iſt, und hofverwandte Perſonen weltlichen Standes, haben, wie das Militare, ihre Uniform. Unter den weltlichen Perſonen des Buͤrgerſtandes koͤnnen nur die juͤngern Ne- gotianten und ihre Frauen den Ton in der Mode angeben; vielleicht auch einige Beamten in den Kollegien, die nicht zu den Alten und gar zu gering Beſoldeten gehoͤren; und dies geſchieht auch zum Theil; aber alle uͤbrigen laſſen es beym Alten. Bey dieſen zeigt ſich ein gewiſſer altdeutſcher Zuſchnitt in der Klei- dung beyder Geſchlechter, doch mehr noch bey dem weiblichen, als dem maͤnnlichen. Haben die Maͤnner irgend eine geringe Hof- oder Staatsſtelle, ſo zeigen ſie ſich grade in dem Geſchmack gekleidet, wie dieſelbe Klaſſe in Muͤnchen und Dresden, naͤmlich in einem Rocke mit kurzem Schnitt und breiten Schoͤſ- ſen, den platten Hut unter dem Arm, den kurzen Degen an der Seite, mit einem altmo-
Sechstes Heft. G
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denn der Erzbiſchof und der geiſtliche Adel hat
ſeine beſtimmte Kleidung, die von der Mode
unabhaͤngig iſt, und hofverwandte Perſonen
weltlichen Standes, haben, wie das Militare,
ihre Uniform. Unter den weltlichen Perſonen
des Buͤrgerſtandes koͤnnen nur die juͤngern Ne-
gotianten und ihre Frauen den Ton in der
Mode angeben; vielleicht auch einige Beamten
in den Kollegien, die nicht zu den Alten und
gar zu gering Beſoldeten gehoͤren; und dies
geſchieht auch zum Theil; aber alle uͤbrigen
laſſen es beym Alten. Bey dieſen zeigt ſich
ein gewiſſer altdeutſcher Zuſchnitt in der Klei-
dung beyder Geſchlechter, doch mehr noch bey
dem weiblichen, als dem maͤnnlichen. Haben
die Maͤnner irgend eine geringe Hof- oder
Staatsſtelle, ſo zeigen ſie ſich grade in dem
Geſchmack gekleidet, wie dieſelbe Klaſſe in
Muͤnchen und Dresden, naͤmlich in einem
Rocke mit kurzem Schnitt und breiten Schoͤſ-
ſen, den platten Hut unter dem Arm, den
kurzen Degen an der Seite, mit einem altmo-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/369>, abgerufen am 24.11.2024.
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