Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Höfe unverheiratheter Fürsten sind ge-
wöhnlich nicht die Schauplätze glänzender und
anziehender Unterhaltungen, weil an denselben
das weibliche Geschlecht, wo nicht ganz fehlt,
doch wenigstens in einer gewissen bedrückten
Lage sich befindet, weil es keine Anführerin
und Tongeberin an der regierenden Fürstin
hat, und unter sich zu republikanisch denkt,
als daß es eine solche aus seinem eigenen Mit-
tel ausdrücklich und einmüthig wählen oder sich
gefallen lassen sollte. Es sind zwar trotz dem
gewöhnlich zwey oder drey da, welche die vor-
dersten Stellen einnehmen; aber sie bekommen
keine andre Gewißheit darüber, als die, wel-
che etwa darin liegt, daß sie ihre Hüte, Hau-
ben, Mienen etc. nachgemacht sehen, und daß
sie trotz dem unter ihrem Cirkel keine Freun-
din haben. Ein unverheiratheter weltlicher
Fürst kann noch durch ein anderes Mittel die-
sen Schwarm zusammen halten; er wählt sich
eine Herzenskönigin; aber ein geistlicher
Fürst, dem eine erlaubte Ehe nicht erlaubt ist,

Die Hoͤfe unverheiratheter Fuͤrſten ſind ge-
woͤhnlich nicht die Schauplaͤtze glaͤnzender und
anziehender Unterhaltungen, weil an denſelben
das weibliche Geſchlecht, wo nicht ganz fehlt,
doch wenigſtens in einer gewiſſen bedruͤckten
Lage ſich befindet, weil es keine Anfuͤhrerin
und Tongeberin an der regierenden Fuͤrſtin
hat, und unter ſich zu republikaniſch denkt,
als daß es eine ſolche aus ſeinem eigenen Mit-
tel ausdruͤcklich und einmuͤthig waͤhlen oder ſich
gefallen laſſen ſollte. Es ſind zwar trotz dem
gewoͤhnlich zwey oder drey da, welche die vor-
derſten Stellen einnehmen; aber ſie bekommen
keine andre Gewißheit daruͤber, als die, wel-
che etwa darin liegt, daß ſie ihre Huͤte, Hau-
ben, Mienen ꝛc. nachgemacht ſehen, und daß
ſie trotz dem unter ihrem Cirkel keine Freun-
din haben. Ein unverheiratheter weltlicher
Fuͤrſt kann noch durch ein anderes Mittel die-
ſen Schwarm zuſammen halten; er waͤhlt ſich
eine Herzenskoͤnigin; aber ein geiſtlicher
Fuͤrſt, dem eine erlaubte Ehe nicht erlaubt iſt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <pb facs="#f0360" n="88"/>
              <p>Die Ho&#x0364;fe unverheiratheter Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ind ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich nicht die Schaupla&#x0364;tze gla&#x0364;nzender und<lb/>
anziehender Unterhaltungen, weil an den&#x017F;elben<lb/>
das weibliche Ge&#x017F;chlecht, wo nicht ganz fehlt,<lb/>
doch wenig&#x017F;tens in einer gewi&#x017F;&#x017F;en bedru&#x0364;ckten<lb/>
Lage &#x017F;ich befindet, weil es keine Anfu&#x0364;hrerin<lb/>
und Tongeberin an der regierenden Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/>
hat, und unter &#x017F;ich zu republikani&#x017F;ch denkt,<lb/>
als daß es eine &#x017F;olche aus &#x017F;einem eigenen Mit-<lb/>
tel ausdru&#x0364;cklich und einmu&#x0364;thig wa&#x0364;hlen oder &#x017F;ich<lb/>
gefallen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte. Es &#x017F;ind zwar trotz dem<lb/>
gewo&#x0364;hnlich zwey oder drey da, welche die vor-<lb/>
der&#x017F;ten Stellen einnehmen; aber &#x017F;ie bekommen<lb/>
keine andre Gewißheit daru&#x0364;ber, als die, wel-<lb/>
che etwa darin liegt, daß &#x017F;ie ihre Hu&#x0364;te, Hau-<lb/>
ben, Mienen &#xA75B;c. nachgemacht &#x017F;ehen, und daß<lb/>
&#x017F;ie trotz dem unter ihrem Cirkel keine Freun-<lb/>
din haben. Ein unverheiratheter <hi rendition="#g">weltlicher</hi><lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t kann noch durch ein anderes Mittel die-<lb/>
&#x017F;en Schwarm zu&#x017F;ammen halten; er wa&#x0364;hlt &#x017F;ich<lb/>
eine Herzensko&#x0364;nigin; aber ein <hi rendition="#g">gei&#x017F;tlicher</hi><lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t, dem eine erlaubte Ehe nicht erlaubt i&#x017F;t,<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0360] Die Hoͤfe unverheiratheter Fuͤrſten ſind ge- woͤhnlich nicht die Schauplaͤtze glaͤnzender und anziehender Unterhaltungen, weil an denſelben das weibliche Geſchlecht, wo nicht ganz fehlt, doch wenigſtens in einer gewiſſen bedruͤckten Lage ſich befindet, weil es keine Anfuͤhrerin und Tongeberin an der regierenden Fuͤrſtin hat, und unter ſich zu republikaniſch denkt, als daß es eine ſolche aus ſeinem eigenen Mit- tel ausdruͤcklich und einmuͤthig waͤhlen oder ſich gefallen laſſen ſollte. Es ſind zwar trotz dem gewoͤhnlich zwey oder drey da, welche die vor- derſten Stellen einnehmen; aber ſie bekommen keine andre Gewißheit daruͤber, als die, wel- che etwa darin liegt, daß ſie ihre Huͤte, Hau- ben, Mienen ꝛc. nachgemacht ſehen, und daß ſie trotz dem unter ihrem Cirkel keine Freun- din haben. Ein unverheiratheter weltlicher Fuͤrſt kann noch durch ein anderes Mittel die- ſen Schwarm zuſammen halten; er waͤhlt ſich eine Herzenskoͤnigin; aber ein geiſtlicher Fuͤrſt, dem eine erlaubte Ehe nicht erlaubt iſt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/360
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/360>, abgerufen am 28.11.2024.