reichsten Städten, ist dies eine ganz natürliche Erscheinung. Man erinnere sich an die Her- renstraße in Vergleichung mit der Kärnth- nerstraße in Wien, an die Wilhelms- straße verglichen mit der Königsstraße in Berlin, an die Moritzstraße verglichen mit der Schloßstraße in Dresden, an St. James verglichen mit dem Strand in London, und an die Vorstadt St. Germain verglichen mit dem Viertel des Palais Royal in Paris. In allen diesen Städten aber werden die stillen Gegenden durch die ge- räuschvolien mehrfach ersetzt; ein Umstand, der in Salzburg kaum merklich ist. Kömmt dies vielleicht daher, daß in Salzburg fast keine Straße ist, die nicht Palläste oder Kirchen aufzuweisen hätte, welche die Bürgerhäuser gleichsam herausdrückten? Oder hat diese Stadt schon wirklich Mangel an Bürgern, weil sie Mangel an Erwerbsquellen, und an natürli- chem Platze hat? Das letztere macht der Umstand mit den drey bis vier Besitzern Eines
Sechstes Heft. F
reichſten Staͤdten, iſt dies eine ganz natuͤrliche Erſcheinung. Man erinnere ſich an die Her- renſtraße in Vergleichung mit der Kaͤrnth- nerſtraße in Wien, an die Wilhelms- ſtraße verglichen mit der Koͤnigsſtraße in Berlin, an die Moritzſtraße verglichen mit der Schloßſtraße in Dresden, an St. James verglichen mit dem Strand in London, und an die Vorſtadt St. Germain verglichen mit dem Viertel des Palais Royal in Paris. In allen dieſen Staͤdten aber werden die ſtillen Gegenden durch die ge- raͤuſchvolien mehrfach erſetzt; ein Umſtand, der in Salzburg kaum merklich iſt. Koͤmmt dies vielleicht daher, daß in Salzburg faſt keine Straße iſt, die nicht Pallaͤſte oder Kirchen aufzuweiſen haͤtte, welche die Buͤrgerhaͤuſer gleichſam herausdruͤckten? Oder hat dieſe Stadt ſchon wirklich Mangel an Buͤrgern, weil ſie Mangel an Erwerbsquellen, und an natuͤrli- chem Platze hat? Das letztere macht der Umſtand mit den drey bis vier Beſitzern Eines
Sechstes Heft. F
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0353"n="81"/>
reichſten Staͤdten, iſt dies eine ganz natuͤrliche<lb/>
Erſcheinung. Man erinnere ſich an die <hirendition="#g">Her-<lb/>
renſtraße</hi> in Vergleichung mit der <hirendition="#g">Kaͤrnth-<lb/>
nerſtraße</hi> in <hirendition="#g">Wien</hi>, an die <hirendition="#g">Wilhelms-<lb/>ſtraße</hi> verglichen mit der <hirendition="#g">Koͤnigsſtraße</hi> in<lb/><hirendition="#g">Berlin</hi>, an die <hirendition="#g">Moritzſtraße</hi> verglichen<lb/>
mit der <hirendition="#g">Schloßſtraße</hi> in <hirendition="#g">Dresden</hi>, an<lb/><hirendition="#g">St. James</hi> verglichen mit dem <hirendition="#g">Strand</hi> in<lb/><hirendition="#g">London</hi>, und an die Vorſtadt <hirendition="#g">St. Germain</hi><lb/>
verglichen mit dem <hirendition="#g">Viertel des Palais<lb/>
Royal</hi> in <hirendition="#g">Paris</hi>. In allen dieſen Staͤdten<lb/>
aber werden die ſtillen Gegenden durch die ge-<lb/>
raͤuſchvolien mehrfach erſetzt; ein Umſtand, der<lb/>
in Salzburg kaum merklich iſt. Koͤmmt dies<lb/>
vielleicht daher, daß in Salzburg faſt keine<lb/>
Straße iſt, die <hirendition="#g">nicht</hi> Pallaͤſte oder Kirchen<lb/>
aufzuweiſen haͤtte, welche die Buͤrgerhaͤuſer<lb/>
gleichſam herausdruͤckten? Oder hat dieſe Stadt<lb/>ſchon wirklich Mangel an Buͤrgern, weil ſie<lb/>
Mangel an Erwerbsquellen, und an natuͤrli-<lb/>
chem Platze hat? Das letztere macht der<lb/>
Umſtand mit den drey bis vier Beſitzern Eines<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Sechstes Heft. F</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[81/0353]
reichſten Staͤdten, iſt dies eine ganz natuͤrliche
Erſcheinung. Man erinnere ſich an die Her-
renſtraße in Vergleichung mit der Kaͤrnth-
nerſtraße in Wien, an die Wilhelms-
ſtraße verglichen mit der Koͤnigsſtraße in
Berlin, an die Moritzſtraße verglichen
mit der Schloßſtraße in Dresden, an
St. James verglichen mit dem Strand in
London, und an die Vorſtadt St. Germain
verglichen mit dem Viertel des Palais
Royal in Paris. In allen dieſen Staͤdten
aber werden die ſtillen Gegenden durch die ge-
raͤuſchvolien mehrfach erſetzt; ein Umſtand, der
in Salzburg kaum merklich iſt. Koͤmmt dies
vielleicht daher, daß in Salzburg faſt keine
Straße iſt, die nicht Pallaͤſte oder Kirchen
aufzuweiſen haͤtte, welche die Buͤrgerhaͤuſer
gleichſam herausdruͤckten? Oder hat dieſe Stadt
ſchon wirklich Mangel an Buͤrgern, weil ſie
Mangel an Erwerbsquellen, und an natuͤrli-
chem Platze hat? Das letztere macht der
Umſtand mit den drey bis vier Beſitzern Eines
Sechstes Heft. F
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/353>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.