ein fürstliches Schloß, in einem Weiher gele- gen, besucht hatte.
Die Vorstadt Mühlen, (oberdeutsch Mül- len) ist auf der entgegen gesetzten Seite der Stadt, vor dem Klausenthor gelegen; und ich gelangte zu derselben, indem ich, meist im- mer unter schönen Baumgängen, einen Halb- cirkel außerhalb um den Mönchberg beschrieb. Das Johannesspital, eine pallastähnliche Anlage, fiel mir zuerst in die Augen und lockte mich an, hinein zu treten. Das Innere ist dem Aeußern angemessen, und hat einen ge- wissen freygebigen Charakter, der sich in brei- ten, freyen Treppen, in geräumigen Gängen, und in hohen Thüren, Zimmern und Fenstern zeigt. Eine artige Kirche nimmt das Mittel des ganzen Gebäudes ein; an sie stoßen auf beyden Seiten zwey Flügel, wovon der eine zur Rechten die Männerseite, und der andere zur Linken die Weiberseite genannt wird, weil in jenem die männlichen Kranken, in diesem aber die weiblichen untergebracht
ein fuͤrſtliches Schloß, in einem Weiher gele- gen, beſucht hatte.
Die Vorſtadt Muͤhlen, (oberdeutſch Muͤl- len) iſt auf der entgegen geſetzten Seite der Stadt, vor dem Klauſenthor gelegen; und ich gelangte zu derſelben, indem ich, meiſt im- mer unter ſchoͤnen Baumgaͤngen, einen Halb- cirkel außerhalb um den Moͤnchberg beſchrieb. Das Johannesſpital, eine pallaſtaͤhnliche Anlage, fiel mir zuerſt in die Augen und lockte mich an, hinein zu treten. Das Innere iſt dem Aeußern angemeſſen, und hat einen ge- wiſſen freygebigen Charakter, der ſich in brei- ten, freyen Treppen, in geraͤumigen Gaͤngen, und in hohen Thuͤren, Zimmern und Fenſtern zeigt. Eine artige Kirche nimmt das Mittel des ganzen Gebaͤudes ein; an ſie ſtoßen auf beyden Seiten zwey Fluͤgel, wovon der eine zur Rechten die Maͤnnerſeite, und der andere zur Linken die Weiberſeite genannt wird, weil in jenem die maͤnnlichen Kranken, in dieſem aber die weiblichen untergebracht
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ein fuͤrſtliches Schloß, in einem Weiher gele-
gen, beſucht hatte.
Die Vorſtadt Muͤhlen, (oberdeutſch Muͤl-
len) iſt auf der entgegen geſetzten Seite der
Stadt, vor dem Klauſenthor gelegen; und
ich gelangte zu derſelben, indem ich, meiſt im-
mer unter ſchoͤnen Baumgaͤngen, einen Halb-
cirkel außerhalb um den Moͤnchberg beſchrieb.
Das Johannesſpital, eine pallaſtaͤhnliche
Anlage, fiel mir zuerſt in die Augen und lockte
mich an, hinein zu treten. Das Innere iſt
dem Aeußern angemeſſen, und hat einen ge-
wiſſen freygebigen Charakter, der ſich in brei-
ten, freyen Treppen, in geraͤumigen Gaͤngen,
und in hohen Thuͤren, Zimmern und Fenſtern
zeigt. Eine artige Kirche nimmt das Mittel
des ganzen Gebaͤudes ein; an ſie ſtoßen auf
beyden Seiten zwey Fluͤgel, wovon der eine
zur Rechten die Maͤnnerſeite, und der
andere zur Linken die Weiberſeite genannt
wird, weil in jenem die maͤnnlichen Kranken,
in dieſem aber die weiblichen untergebracht
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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