gen Arbeit auch zu essen, wenn anders ein armer Reisebeschreiber noch äußern darf, daß er auch auf seiner Reise Eßlust gehabt und so gar gegessen habe. Ich ließ, und zwar so nahe als möglich bey jener fröhlichen Gesell- schaft für mich decken; und damit man mich nicht für einen kalten Horcher halten sollte, so brachte ich mein erstes Glas dem Mönchberge und dem schönen Abend, mein zweites der Geselligkeit, und mein drittes der Gesellschaft -- mitten unter ihr -- dar. Ich hatte nicht Ursach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn sie wurde von diesem offnen, zutrauungsvollen Völkchen nicht dafür gehalten. Erst spät in der Nacht kehrte ich, über den Rest des Mönch- berges, durch seine angenehmen Wäldchen, vor dem Johannisschlößchen vorbey, dessen Mauern und Thürme der Mond romantisch beleuchtete, bald neben Höfen und Meyereyen, bald neben Felsen hin, die mit Gesträuch be- wachsen waren, bald durch finstre Hohlwege, bald über ausgehauene Stufen hinunter mit
B 2
gen Arbeit auch zu eſſen, wenn anders ein armer Reiſebeſchreiber noch aͤußern darf, daß er auch auf ſeiner Reiſe Eßluſt gehabt und ſo gar gegeſſen habe. Ich ließ, und zwar ſo nahe als moͤglich bey jener froͤhlichen Geſell- ſchaft fuͤr mich decken; und damit man mich nicht fuͤr einen kalten Horcher halten ſollte, ſo brachte ich mein erſtes Glas dem Moͤnchberge und dem ſchoͤnen Abend, mein zweites der Geſelligkeit, und mein drittes der Geſellſchaft — mitten unter ihr — dar. Ich hatte nicht Urſach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn ſie wurde von dieſem offnen, zutrauungsvollen Voͤlkchen nicht dafuͤr gehalten. Erſt ſpaͤt in der Nacht kehrte ich, uͤber den Reſt des Moͤnch- berges, durch ſeine angenehmen Waͤldchen, vor dem Johannisſchloͤßchen vorbey, deſſen Mauern und Thuͤrme der Mond romantiſch beleuchtete, bald neben Hoͤfen und Meyereyen, bald neben Felſen hin, die mit Geſtraͤuch be- wachſen waren, bald durch finſtre Hohlwege, bald uͤber ausgehauene Stufen hinunter mit
B 2
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0291"n="19"/>
gen Arbeit auch zu eſſen, wenn anders ein<lb/>
armer Reiſebeſchreiber noch aͤußern darf, daß<lb/>
er auch auf ſeiner Reiſe Eßluſt gehabt und ſo<lb/>
gar gegeſſen habe. Ich ließ, und zwar ſo<lb/>
nahe als moͤglich bey jener froͤhlichen Geſell-<lb/>ſchaft fuͤr mich decken; und damit man mich<lb/>
nicht fuͤr einen kalten Horcher halten ſollte, ſo<lb/>
brachte ich mein erſtes Glas dem Moͤnchberge<lb/>
und dem ſchoͤnen Abend, mein zweites der<lb/>
Geſelligkeit, und mein drittes der Geſellſchaft<lb/>— mitten unter ihr — dar. Ich hatte nicht<lb/>
Urſach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn<lb/>ſie wurde von dieſem offnen, zutrauungsvollen<lb/>
Voͤlkchen nicht dafuͤr gehalten. Erſt ſpaͤt in<lb/>
der Nacht kehrte ich, uͤber den Reſt des Moͤnch-<lb/>
berges, durch ſeine angenehmen Waͤldchen, vor<lb/>
dem <hirendition="#g">Johannisſchloͤßchen</hi> vorbey, deſſen<lb/>
Mauern und Thuͤrme der Mond romantiſch<lb/>
beleuchtete, bald neben Hoͤfen und Meyereyen,<lb/>
bald neben Felſen hin, die mit Geſtraͤuch be-<lb/>
wachſen waren, bald durch finſtre Hohlwege,<lb/>
bald uͤber ausgehauene Stufen hinunter mit<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 2</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[19/0291]
gen Arbeit auch zu eſſen, wenn anders ein
armer Reiſebeſchreiber noch aͤußern darf, daß
er auch auf ſeiner Reiſe Eßluſt gehabt und ſo
gar gegeſſen habe. Ich ließ, und zwar ſo
nahe als moͤglich bey jener froͤhlichen Geſell-
ſchaft fuͤr mich decken; und damit man mich
nicht fuͤr einen kalten Horcher halten ſollte, ſo
brachte ich mein erſtes Glas dem Moͤnchberge
und dem ſchoͤnen Abend, mein zweites der
Geſelligkeit, und mein drittes der Geſellſchaft
— mitten unter ihr — dar. Ich hatte nicht
Urſach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn
ſie wurde von dieſem offnen, zutrauungsvollen
Voͤlkchen nicht dafuͤr gehalten. Erſt ſpaͤt in
der Nacht kehrte ich, uͤber den Reſt des Moͤnch-
berges, durch ſeine angenehmen Waͤldchen, vor
dem Johannisſchloͤßchen vorbey, deſſen
Mauern und Thuͤrme der Mond romantiſch
beleuchtete, bald neben Hoͤfen und Meyereyen,
bald neben Felſen hin, die mit Geſtraͤuch be-
wachſen waren, bald durch finſtre Hohlwege,
bald uͤber ausgehauene Stufen hinunter mit
B 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/291>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.