Münchener nie, freylich auch nicht das höf- liche Zuvorkommen, dafür aber die unge- zwungenste Gastfreundschaft gegen jeden, der ihm empfohlen worden. Seine Freymüthig- keit im Urtheilen über seine Vorgesetzte, über ihre Handlungen und Einrichtungen, geht fast bis zur Ungezogenheit, und er theilt seine An- merkungen nicht etwa nur leise, sondern ganz laut, in seinem natürlichen, derben Tone und in seiner kräftigen Sprache, öffentlich mit. Wer Leute sehen will, die sich bei ihren Freu- den unverholen, ohne Ziererey, herzlich freuen, der gehe nach München in die Gesellschaften derjenigen Mittelklasse, die ich hier überhaupt im Sinn habe, und er wird noch wahrhafte Heiterkeit und Geselligkeit finden. Eben die- se Leute zerfließen in Thränen bei einem rüh- renden Schauspiel, und drängen sich, einem Unglücklichen, dem auf der Straße ein Zufall begegnet ist, Wohlthaten zu erweisen und in ihre Häuser aufzunehmen. Aus eben dieser Quelle mag wohl auch ihre musterhafte An-
Muͤnchener nie, freylich auch nicht das hoͤf- liche Zuvorkommen, dafuͤr aber die unge- zwungenſte Gaſtfreundſchaft gegen jeden, der ihm empfohlen worden. Seine Freymuͤthig- keit im Urtheilen uͤber ſeine Vorgeſetzte, uͤber ihre Handlungen und Einrichtungen, geht faſt bis zur Ungezogenheit, und er theilt ſeine An- merkungen nicht etwa nur leiſe, ſondern ganz laut, in ſeinem natuͤrlichen, derben Tone und in ſeiner kraͤftigen Sprache, oͤffentlich mit. Wer Leute ſehen will, die ſich bei ihren Freu- den unverholen, ohne Ziererey, herzlich freuen, der gehe nach Muͤnchen in die Geſellſchaften derjenigen Mittelklaſſe, die ich hier uͤberhaupt im Sinn habe, und er wird noch wahrhafte Heiterkeit und Geſelligkeit finden. Eben die- ſe Leute zerfließen in Thraͤnen bei einem ruͤh- renden Schauſpiel, und draͤngen ſich, einem Ungluͤcklichen, dem auf der Straße ein Zufall begegnet iſt, Wohlthaten zu erweiſen und in ihre Haͤuſer aufzunehmen. Aus eben dieſer Quelle mag wohl auch ihre muſterhafte An-
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Muͤnchener nie, freylich auch nicht das hoͤf-
liche Zuvorkommen, dafuͤr aber die unge-
zwungenſte Gaſtfreundſchaft gegen jeden, der
ihm empfohlen worden. Seine Freymuͤthig-
keit im Urtheilen uͤber ſeine Vorgeſetzte, uͤber
ihre Handlungen und Einrichtungen, geht faſt
bis zur Ungezogenheit, und er theilt ſeine An-
merkungen nicht etwa nur leiſe, ſondern ganz
laut, in ſeinem natuͤrlichen, derben Tone und
in ſeiner kraͤftigen Sprache, oͤffentlich mit.
Wer Leute ſehen will, die ſich bei ihren Freu-
den unverholen, ohne Ziererey, herzlich freuen,
der gehe nach Muͤnchen in die Geſellſchaften
derjenigen Mittelklaſſe, die ich hier uͤberhaupt
im Sinn habe, und er wird noch wahrhafte
Heiterkeit und Geſelligkeit finden. Eben die-
ſe Leute zerfließen in Thraͤnen bei einem ruͤh-
renden Schauſpiel, und draͤngen ſich, einem
Ungluͤcklichen, dem auf der Straße ein Zufall
begegnet iſt, Wohlthaten zu erweiſen und in
ihre Haͤuſer aufzunehmen. Aus eben dieſer
Quelle mag wohl auch ihre muſterhafte An-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/252>, abgerufen am 22.11.2024.
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