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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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ständen recht charakteristisch zu zieren geglaubt.
Die Decke setzt diesem großen Charakter die
Krone auf: es sind an derselben die Weisheit,
der Ruhm, die Gerechtigkeit und die vier Mo-
narchieen, nach einem riesenhaften Maßstabe,
ausgemalt.

Nicht bloß gemalt-kaiserlich, sondern in
der That voll Größe und Würde ist die Treppe
von rothem Marmor, die von diesem Saal
herab führt.

Die Kaiserzimmer fallen nur zur Hälfte
in den vermeynten heroischen Charakter, und
wenn man in dem einen noch eine Evadne
sieht, die sich zur Beleidigung aller noch
übrigen lebendigen Männer, auf dem Schei-
terhaufen ihres todten Gemahls verbrennt;
eine Artemisia, die es dabey bewenden läßt,
die Asche ihres Gemahls zu trinken; und in
dem andern die Frau des Pätus, die ihm
die Wunde zeigt, die sie sich gegeben hat, um
ihn zum Sterben zu ermuntern: so sieht man
dagegen auch in einem dritten, was das Herz

ſtaͤnden recht charakteriſtiſch zu zieren geglaubt.
Die Decke ſetzt dieſem großen Charakter die
Krone auf: es ſind an derſelben die Weisheit,
der Ruhm, die Gerechtigkeit und die vier Mo-
narchieen, nach einem rieſenhaften Maßſtabe,
ausgemalt.

Nicht bloß gemalt-kaiſerlich, ſondern in
der That voll Groͤße und Wuͤrde iſt die Treppe
von rothem Marmor, die von dieſem Saal
herab fuͤhrt.

Die Kaiſerzimmer fallen nur zur Haͤlfte
in den vermeynten heroiſchen Charakter, und
wenn man in dem einen noch eine Evadne
ſieht, die ſich zur Beleidigung aller noch
uͤbrigen lebendigen Maͤnner, auf dem Schei-
terhaufen ihres todten Gemahls verbrennt;
eine Artemiſia, die es dabey bewenden laͤßt,
die Aſche ihres Gemahls zu trinken; und in
dem andern die Frau des Paͤtus, die ihm
die Wunde zeigt, die ſie ſich gegeben hat, um
ihn zum Sterben zu ermuntern: ſo ſieht man
dagegen auch in einem dritten, was das Herz

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[212/0220] ſtaͤnden recht charakteriſtiſch zu zieren geglaubt. Die Decke ſetzt dieſem großen Charakter die Krone auf: es ſind an derſelben die Weisheit, der Ruhm, die Gerechtigkeit und die vier Mo- narchieen, nach einem rieſenhaften Maßſtabe, ausgemalt. Nicht bloß gemalt-kaiſerlich, ſondern in der That voll Groͤße und Wuͤrde iſt die Treppe von rothem Marmor, die von dieſem Saal herab fuͤhrt. Die Kaiſerzimmer fallen nur zur Haͤlfte in den vermeynten heroiſchen Charakter, und wenn man in dem einen noch eine Evadne ſieht, die ſich zur Beleidigung aller noch uͤbrigen lebendigen Maͤnner, auf dem Schei- terhaufen ihres todten Gemahls verbrennt; eine Artemiſia, die es dabey bewenden laͤßt, die Aſche ihres Gemahls zu trinken; und in dem andern die Frau des Paͤtus, die ihm die Wunde zeigt, die ſie ſich gegeben hat, um ihn zum Sterben zu ermuntern: ſo ſieht man dagegen auch in einem dritten, was das Herz

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/220>, abgerufen am 22.11.2024.