hat. Es giebt geräumigere, höhere, kühnere Tempel in diesem Geschmack, aber wenige möchten es diesem in Leichtigkeit, Heiterkeit und schönen Verhältnissen gleich thun. Die vier und zwanzig schlanke Säulen, auf denen das dreyfache Schiff ruhet, scheinen, wenn die Sonne sie anstrahlt, elastisch unter ihrer Bürde zu zittern. Die Thürme wünscht man, wenn man sie aus der Ferne erblickt, um ein Drit- tel höher; aber ich bekenne, daß ich diesen Wunsch zurück nahm, als ich in ihrer Nähe stand, und sie im Verhältnisse zu dem Ganzen überblickte. Das Werk ist von Mauersteinen aufgeführt, und wurde vielleicht nur dadurch dieses hohen Grades von Ungezwungenheit fähig. Sie erscheinen aber auch, wie auf ein- ander gegossen. Im Innern enthält dies Ge- bäude manches Kunstwerk und manches Kunst- stück. Zu den letztern rechne ich die Menge sehr lebhaft gemalter Scheiben, die in den Fenstern befindlich sind, und die Uhr bey der Sakristey; zu den erstern besonders das Denk-
hat. Es giebt geraͤumigere, hoͤhere, kuͤhnere Tempel in dieſem Geſchmack, aber wenige moͤchten es dieſem in Leichtigkeit, Heiterkeit und ſchoͤnen Verhaͤltniſſen gleich thun. Die vier und zwanzig ſchlanke Saͤulen, auf denen das dreyfache Schiff ruhet, ſcheinen, wenn die Sonne ſie anſtrahlt, elaſtiſch unter ihrer Buͤrde zu zittern. Die Thuͤrme wuͤnſcht man, wenn man ſie aus der Ferne erblickt, um ein Drit- tel hoͤher; aber ich bekenne, daß ich dieſen Wunſch zuruͤck nahm, als ich in ihrer Naͤhe ſtand, und ſie im Verhaͤltniſſe zu dem Ganzen uͤberblickte. Das Werk iſt von Mauerſteinen aufgefuͤhrt, und wurde vielleicht nur dadurch dieſes hohen Grades von Ungezwungenheit faͤhig. Sie erſcheinen aber auch, wie auf ein- ander gegoſſen. Im Innern enthaͤlt dies Ge- baͤude manches Kunſtwerk und manches Kunſt- ſtuͤck. Zu den letztern rechne ich die Menge ſehr lebhaft gemalter Scheiben, die in den Fenſtern befindlich ſind, und die Uhr bey der Sakriſtey; zu den erſtern beſonders das Denk-
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hat. Es giebt geraͤumigere, hoͤhere, kuͤhnere
Tempel in dieſem Geſchmack, aber wenige
moͤchten es dieſem in Leichtigkeit, Heiterkeit
und ſchoͤnen Verhaͤltniſſen gleich thun. Die
vier und zwanzig ſchlanke Saͤulen, auf denen
das dreyfache Schiff ruhet, ſcheinen, wenn die
Sonne ſie anſtrahlt, elaſtiſch unter ihrer Buͤrde
zu zittern. Die Thuͤrme wuͤnſcht man, wenn
man ſie aus der Ferne erblickt, um ein Drit-
tel hoͤher; aber ich bekenne, daß ich dieſen
Wunſch zuruͤck nahm, als ich in ihrer Naͤhe
ſtand, und ſie im Verhaͤltniſſe zu dem Ganzen
uͤberblickte. Das Werk iſt von Mauerſteinen
aufgefuͤhrt, und wurde vielleicht nur dadurch
dieſes hohen Grades von Ungezwungenheit
faͤhig. Sie erſcheinen aber auch, wie auf ein-
ander gegoſſen. Im Innern enthaͤlt dies Ge-
baͤude manches Kunſtwerk und manches Kunſt-
ſtuͤck. Zu den letztern rechne ich die Menge
ſehr lebhaft gemalter Scheiben, die in den
Fenſtern befindlich ſind, und die Uhr bey der
Sakriſtey; zu den erſtern beſonders das Denk-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/207>, abgerufen am 25.11.2024.
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