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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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zu seinem Glücke noch nicht weit vorgerückt.
Selbst der Adel, oder vielmehr das Patriziat
hat in seinem innern und äußern Wesen noch
sehr viel bürgerliches und altmodisches, mit
einer Mischung von Gravität und Regierungs-
bewußtseyn bey den ältern, und von Adelstolz
und gesellschaftlicher Anmaßung bey den jün-
gern, von denen nur einzelne frey sind. Wa-
gen und Livreen, häusliche Einrichtung und
Tracht, Gastmäler und Lustpartien, Liebhabe-
reyen und Beschäftigungen, kurz die ganze Art
zu seyn der ältern, hält ungefähr den Mit-
telweg zwischen der Art zu seyn eines preußi-
schen Ministers und eines Bürgermeisters in
Hamburg; während das Wesen der jüngern
ein Mittelding zwischen dem Wesen eines Land-
edelmanns und eines adelichen Referendars in
Berlin seyn möchte. Die letztre Gattung
fährt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, hält
noch Umgang mit den jüngern Gliedern des
Gelehrten- und Kaufmannsstandes, besucht
noch öffentliche Oerter, die diese besuchen, mit

zu ſeinem Gluͤcke noch nicht weit vorgeruͤckt.
Selbſt der Adel, oder vielmehr das Patriziat
hat in ſeinem innern und aͤußern Weſen noch
ſehr viel buͤrgerliches und altmodiſches, mit
einer Miſchung von Gravitaͤt und Regierungs-
bewußtſeyn bey den aͤltern, und von Adelſtolz
und geſellſchaftlicher Anmaßung bey den juͤn-
gern, von denen nur einzelne frey ſind. Wa-
gen und Livreen, haͤusliche Einrichtung und
Tracht, Gaſtmaͤler und Luſtpartien, Liebhabe-
reyen und Beſchaͤftigungen, kurz die ganze Art
zu ſeyn der aͤltern, haͤlt ungefaͤhr den Mit-
telweg zwiſchen der Art zu ſeyn eines preußi-
ſchen Miniſters und eines Buͤrgermeiſters in
Hamburg; waͤhrend das Weſen der juͤngern
ein Mittelding zwiſchen dem Weſen eines Land-
edelmanns und eines adelichen Referendars in
Berlin ſeyn moͤchte. Die letztre Gattung
faͤhrt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, haͤlt
noch Umgang mit den juͤngern Gliedern des
Gelehrten- und Kaufmannsſtandes, beſucht
noch oͤffentliche Oerter, die dieſe beſuchen, mit

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[167/0175] zu ſeinem Gluͤcke noch nicht weit vorgeruͤckt. Selbſt der Adel, oder vielmehr das Patriziat hat in ſeinem innern und aͤußern Weſen noch ſehr viel buͤrgerliches und altmodiſches, mit einer Miſchung von Gravitaͤt und Regierungs- bewußtſeyn bey den aͤltern, und von Adelſtolz und geſellſchaftlicher Anmaßung bey den juͤn- gern, von denen nur einzelne frey ſind. Wa- gen und Livreen, haͤusliche Einrichtung und Tracht, Gaſtmaͤler und Luſtpartien, Liebhabe- reyen und Beſchaͤftigungen, kurz die ganze Art zu ſeyn der aͤltern, haͤlt ungefaͤhr den Mit- telweg zwiſchen der Art zu ſeyn eines preußi- ſchen Miniſters und eines Buͤrgermeiſters in Hamburg; waͤhrend das Weſen der juͤngern ein Mittelding zwiſchen dem Weſen eines Land- edelmanns und eines adelichen Referendars in Berlin ſeyn moͤchte. Die letztre Gattung faͤhrt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, haͤlt noch Umgang mit den juͤngern Gliedern des Gelehrten- und Kaufmannsſtandes, beſucht noch oͤffentliche Oerter, die dieſe beſuchen, mit

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/175>, abgerufen am 24.11.2024.