ihren eigenen Schooß streuen, bis zur Ohn- macht zu schwächen verstehen *).
Wenn man diese Umstände erwägt, so kann man sich schon, ohne nähere Ang die Zerstückelung der Gesellschaft in Nürnberg denken. Das alte Patriziat lebt für sich und sieht auf alle übrige Klassen, die unter ihm sind, herab; das jüngere hält zusammen, ist neidisch auf jenes, und sieht die nächstfolgende Klasse über die Achsel an; letztre bleibt für sich, haßt die beyden erstern als Staats-Mo- nopolisten und dünkt sich weit mehr, als die folgende Ordnung ihrer Mitbürger; diese theilt
*) Bey meiner Anwesenheit in Nürnberg erschien fol- gende kleine Schrift: Bemerkungen und Er- läuterungen über die Nürnbergische Staatsverfassung, von einem Nürnber- gischen Bürger verfaßt, 1stes Heft. 1793. Sie ist ohne Leidenschaft geschrieben und mit Ur- kunden belegt. Anstatt einen Auszug davon zu ge- ben, empfehle ich vielmehr sie ganz zu lesen. Bey aller Kürze ist sie sehr deutlich und bestimmt, und muß jeden Unparteyischen befriedigen
ihren eigenen Schooß ſtreuen, bis zur Ohn- macht zu ſchwaͤchen verſtehen *).
Wenn man dieſe Umſtaͤnde erwaͤgt, ſo kann man ſich ſchon, ohne naͤhere Ang die Zerſtuͤckelung der Geſellſchaft in Nuͤrnberg denken. Das alte Patriziat lebt fuͤr ſich und ſieht auf alle uͤbrige Klaſſen, die unter ihm ſind, herab; das juͤngere haͤlt zuſammen, iſt neidiſch auf jenes, und ſieht die naͤchſtfolgende Klaſſe uͤber die Achſel an; letztre bleibt fuͤr ſich, haßt die beyden erſtern als Staats-Mo- nopoliſten und duͤnkt ſich weit mehr, als die folgende Ordnung ihrer Mitbuͤrger; dieſe theilt
*) Bey meiner Anweſenheit in Nuͤrnberg erſchien fol- gende kleine Schrift: Bemerkungen und Er- laͤuterungen uͤber die Nuͤrnbergiſche Staatsverfaſſung, von einem Nuͤrnber- giſchen Buͤrger verfaßt, 1ſtes Heft. 1793. Sie iſt ohne Leidenſchaft geſchrieben und mit Ur- kunden belegt. Anſtatt einen Auszug davon zu ge- ben, empfehle ich vielmehr ſie ganz zu leſen. Bey aller Kuͤrze iſt ſie ſehr deutlich und beſtimmt, und muß jeden Unparteyiſchen befriedigen
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ihren eigenen Schooß ſtreuen, bis zur Ohn-
macht zu ſchwaͤchen verſtehen *).
Wenn man dieſe Umſtaͤnde erwaͤgt, ſo kann
man ſich ſchon, ohne naͤhere Ang die
Zerſtuͤckelung der Geſellſchaft in Nuͤrnberg
denken. Das alte Patriziat lebt fuͤr ſich und
ſieht auf alle uͤbrige Klaſſen, die unter ihm
ſind, herab; das juͤngere haͤlt zuſammen, iſt
neidiſch auf jenes, und ſieht die naͤchſtfolgende
Klaſſe uͤber die Achſel an; letztre bleibt fuͤr
ſich, haßt die beyden erſtern als Staats-Mo-
nopoliſten und duͤnkt ſich weit mehr, als die
folgende Ordnung ihrer Mitbuͤrger; dieſe theilt
*) Bey meiner Anweſenheit in Nuͤrnberg erſchien fol-
gende kleine Schrift: Bemerkungen und Er-
laͤuterungen uͤber die Nuͤrnbergiſche
Staatsverfaſſung, von einem Nuͤrnber-
giſchen Buͤrger verfaßt, 1ſtes Heft. 1793.
Sie iſt ohne Leidenſchaft geſchrieben und mit Ur-
kunden belegt. Anſtatt einen Auszug davon zu ge-
ben, empfehle ich vielmehr ſie ganz zu leſen. Bey
aller Kuͤrze iſt ſie ſehr deutlich und beſtimmt, und
muß jeden Unparteyiſchen befriedigen
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/173>, abgerufen am 04.12.2024.
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