haben sich endlich den Vorwurf der härtesten Unduldsamkeit zugezogen, die sich, in den grau- samsten Bürgerkriegen, Jahre hindurch, auf das deutlichste veroffenbaret hat.
Der Grund dieser Erscheinungen ist aber weniger kirchlich als politisch. Das römisch- katholische Bekenntniß war von den ältesten Zeiten her die Bedingung und Grundlage der polni- schen Staatsbürgerschaft und aller daraus flie- ßenden Ehren- und Geldvortheile. Man ach- tet ersteres, in sofern es letztere verschaft, man hütet sich also, es durch Spott über dessen Lehren und Gebräuche zu untergraben; man nimmt sich in Acht, sich in Erörterungen dar- über einzulassen, theils, weil man es nur sehr dürftig kennt, theils, weil man anders Den- kenden den Vorzug ihres Bekenntnisses nicht einräumen kann, ohne einzugestehen, daß es folgewidrig sey, sie, eben ihres verständigern Bekenntnisses wegen, von den Staatsvorthei- len auszuschließen; sie nehmen, bey feyerli- chen Gelegenheiten, z. B. bey den verordne-
haben ſich endlich den Vorwurf der haͤrteſten Unduldſamkeit zugezogen, die ſich, in den grau- ſamſten Buͤrgerkriegen, Jahre hindurch, auf das deutlichſte veroffenbaret hat.
Der Grund dieſer Erſcheinungen iſt aber weniger kirchlich als politiſch. Das roͤmiſch- katholiſche Bekenntniß war von den aͤlteſten Zeiten her die Bedingung und Grundlage der polni- ſchen Staatsbuͤrgerſchaft und aller daraus flie- ßenden Ehren- und Geldvortheile. Man ach- tet erſteres, in ſofern es letztere verſchaft, man huͤtet ſich alſo, es durch Spott uͤber deſſen Lehren und Gebraͤuche zu untergraben; man nimmt ſich in Acht, ſich in Eroͤrterungen dar- uͤber einzulaſſen, theils, weil man es nur ſehr duͤrftig kennt, theils, weil man anders Den- kenden den Vorzug ihres Bekenntniſſes nicht einraͤumen kann, ohne einzugeſtehen, daß es folgewidrig ſey, ſie, eben ihres verſtaͤndigern Bekenntniſſes wegen, von den Staatsvorthei- len auszuſchließen; ſie nehmen, bey feyerli- chen Gelegenheiten, z. B. bey den verordne-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="84"/>
haben ſich endlich den Vorwurf der haͤrteſten<lb/>
Unduldſamkeit zugezogen, die ſich, in den grau-<lb/>ſamſten Buͤrgerkriegen, Jahre hindurch, auf<lb/>
das deutlichſte veroffenbaret hat.</p><lb/><p>Der Grund dieſer Erſcheinungen iſt aber<lb/>
weniger kirchlich als politiſch. Das roͤmiſch-<lb/>
katholiſche Bekenntniß war von den aͤlteſten Zeiten<lb/>
her die Bedingung und Grundlage der polni-<lb/>ſchen Staatsbuͤrgerſchaft und aller daraus flie-<lb/>
ßenden Ehren- und Geldvortheile. Man ach-<lb/>
tet erſteres, in ſofern es letztere verſchaft, man<lb/>
huͤtet ſich alſo, es durch Spott uͤber deſſen<lb/>
Lehren und Gebraͤuche zu untergraben; man<lb/>
nimmt ſich in Acht, ſich in Eroͤrterungen dar-<lb/>
uͤber einzulaſſen, theils, weil man es nur ſehr<lb/>
duͤrftig kennt, theils, weil man anders Den-<lb/>
kenden den Vorzug ihres Bekenntniſſes nicht<lb/>
einraͤumen kann, ohne einzugeſtehen, daß es<lb/>
folgewidrig ſey, ſie, eben ihres verſtaͤndigern<lb/>
Bekenntniſſes wegen, von den Staatsvorthei-<lb/>
len auszuſchließen; ſie nehmen, bey feyerli-<lb/>
chen Gelegenheiten, z. B. bey den verordne-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[84/0094]
haben ſich endlich den Vorwurf der haͤrteſten
Unduldſamkeit zugezogen, die ſich, in den grau-
ſamſten Buͤrgerkriegen, Jahre hindurch, auf
das deutlichſte veroffenbaret hat.
Der Grund dieſer Erſcheinungen iſt aber
weniger kirchlich als politiſch. Das roͤmiſch-
katholiſche Bekenntniß war von den aͤlteſten Zeiten
her die Bedingung und Grundlage der polni-
ſchen Staatsbuͤrgerſchaft und aller daraus flie-
ßenden Ehren- und Geldvortheile. Man ach-
tet erſteres, in ſofern es letztere verſchaft, man
huͤtet ſich alſo, es durch Spott uͤber deſſen
Lehren und Gebraͤuche zu untergraben; man
nimmt ſich in Acht, ſich in Eroͤrterungen dar-
uͤber einzulaſſen, theils, weil man es nur ſehr
duͤrftig kennt, theils, weil man anders Den-
kenden den Vorzug ihres Bekenntniſſes nicht
einraͤumen kann, ohne einzugeſtehen, daß es
folgewidrig ſey, ſie, eben ihres verſtaͤndigern
Bekenntniſſes wegen, von den Staatsvorthei-
len auszuſchließen; ſie nehmen, bey feyerli-
chen Gelegenheiten, z. B. bey den verordne-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/94>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.