König war auf Seiten der Benini, aber sei- ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra- bowska (man sagt, bloß deswegen) ge- gen sie, auf Seiten der häßlichern "prima donna." Boguslawski und seine Gesellschaft wurde ganz darüber vergessen; indessen hatten die Jtaliener bald dasselbe Schicksal. Die Er- klärung unseres Hofes erschien und mit ihr rückten unsre Heere über die Gränzen. Der Zuschuß, den die Oper aus der königlichen Kasse bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer- den; viel große Familien entfernten sich aus Warschau; die Zurückgebliebenen hatten wich- tigere Dinge zu thun, als die Oper zu sehen; und kurz, sie wurde entlassen und ging arm nach Jtalien zurück. Boguslawski's Gesell- schaft zerstreuete sich ebenfalls.
Jetzt *) ist eine deutsche Gesellschaft hier, die auf dem großen Saale des Radziwilischen Pallastes spielt: leicht eine der elendesten, die je in Deutschland herumgezogen ist. Jhre
*) Jm May 1793.
Koͤnig war auf Seiten der Benini, aber ſei- ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra- bowska (man ſagt, bloß deswegen) ge- gen ſie, auf Seiten der haͤßlichern „prima donna.“ Boguslawski und ſeine Geſellſchaft wurde ganz daruͤber vergeſſen; indeſſen hatten die Jtaliener bald daſſelbe Schickſal. Die Er- klaͤrung unſeres Hofes erſchien und mit ihr ruͤckten unſre Heere uͤber die Graͤnzen. Der Zuſchuß, den die Oper aus der koͤniglichen Kaſſe bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer- den; viel große Familien entfernten ſich aus Warſchau; die Zuruͤckgebliebenen hatten wich- tigere Dinge zu thun, als die Oper zu ſehen; und kurz, ſie wurde entlaſſen und ging arm nach Jtalien zuruͤck. Boguslawski's Geſell- ſchaft zerſtreuete ſich ebenfalls.
Jetzt *) iſt eine deutſche Geſellſchaft hier, die auf dem großen Saale des Radziwiliſchen Pallaſtes ſpielt: leicht eine der elendeſten, die je in Deutſchland herumgezogen iſt. Jhre
*) Jm May 1793.
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Koͤnig war auf Seiten der Benini, aber ſei-
ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra-
bowska (man ſagt, bloß deswegen) ge-
gen ſie, auf Seiten der haͤßlichern „prima
donna.“ Boguslawski und ſeine Geſellſchaft
wurde ganz daruͤber vergeſſen; indeſſen hatten
die Jtaliener bald daſſelbe Schickſal. Die Er-
klaͤrung unſeres Hofes erſchien und mit ihr
ruͤckten unſre Heere uͤber die Graͤnzen. Der
Zuſchuß, den die Oper aus der koͤniglichen
Kaſſe bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer-
den; viel große Familien entfernten ſich aus
Warſchau; die Zuruͤckgebliebenen hatten wich-
tigere Dinge zu thun, als die Oper zu ſehen;
und kurz, ſie wurde entlaſſen und ging arm
nach Jtalien zuruͤck. Boguslawski's Geſell-
ſchaft zerſtreuete ſich ebenfalls.
Jetzt *) iſt eine deutſche Geſellſchaft hier,
die auf dem großen Saale des Radziwiliſchen
Pallaſtes ſpielt: leicht eine der elendeſten, die
je in Deutſchland herumgezogen iſt. Jhre
*) Jm May 1793.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/86>, abgerufen am 16.02.2025.
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