steht; die verschiedenen Gesandten der aus- wärtigen Höfe bedienten sich ebenfalls der Presse, aber der Namenlosigkeit, um die all- gemeine Meinung und auch den Reichstag da- hin zu leiten, wohin ihr verschiedenes, oft ent- gegengesetztes, oft verändertes, Jnteresse ver- langte; mit einem Worte: die allgemeine Reg- samkeit ergoß sich in Blättern, Bogen und Büchern und spannte die Aufmerksamkeit der Polen, von oben herab, bis zum Bauer (aber nicht mit ihm) hinunter, und es war viel- leicht der erste Fall, vielleicht auch der letzte in der polnischen Geschichte, daß in den Wa- gen, auf den Straßen und hinter den Bierkrü- gen und Brantweinsgläsern gelesen und von politischen Dingen gesprochen wurde.
Solch eine allgemeine Theilnehmung war die Zeit her in Polen unerhört gewesen. Da der Adel, wenn er vordem in seinen Stellver- tretern versammlet war, nur immer selbst, für sich selbst und durch sich selbst, berathschlagte, beschloß und ausübte: so war dem Reste des
ſteht; die verſchiedenen Geſandten der aus- waͤrtigen Hoͤfe bedienten ſich ebenfalls der Preſſe, aber der Namenloſigkeit, um die all- gemeine Meinung und auch den Reichstag da- hin zu leiten, wohin ihr verſchiedenes, oft ent- gegengeſetztes, oft veraͤndertes, Jntereſſe ver- langte; mit einem Worte: die allgemeine Reg- ſamkeit ergoß ſich in Blaͤttern, Bogen und Buͤchern und ſpannte die Aufmerkſamkeit der Polen, von oben herab, bis zum Bauer (aber nicht mit ihm) hinunter, und es war viel- leicht der erſte Fall, vielleicht auch der letzte in der polniſchen Geſchichte, daß in den Wa- gen, auf den Straßen und hinter den Bierkruͤ- gen und Brantweinsglaͤſern geleſen und von politiſchen Dingen geſprochen wurde.
Solch eine allgemeine Theilnehmung war die Zeit her in Polen unerhoͤrt geweſen. Da der Adel, wenn er vordem in ſeinen Stellver- tretern verſammlet war, nur immer ſelbſt, fuͤr ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt, berathſchlagte, beſchloß und ausuͤbte: ſo war dem Reſte des
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ſteht; die verſchiedenen Geſandten der aus-
waͤrtigen Hoͤfe bedienten ſich ebenfalls der
Preſſe, aber der Namenloſigkeit, um die all-
gemeine Meinung und auch den Reichstag da-
hin zu leiten, wohin ihr verſchiedenes, oft ent-
gegengeſetztes, oft veraͤndertes, Jntereſſe ver-
langte; mit einem Worte: die allgemeine Reg-
ſamkeit ergoß ſich in Blaͤttern, Bogen und
Buͤchern und ſpannte die Aufmerkſamkeit der
Polen, von oben herab, bis zum Bauer (aber
nicht mit ihm) hinunter, und es war viel-
leicht der erſte Fall, vielleicht auch der letzte
in der polniſchen Geſchichte, daß in den Wa-
gen, auf den Straßen und hinter den Bierkruͤ-
gen und Brantweinsglaͤſern geleſen und von
politiſchen Dingen geſprochen wurde.
Solch eine allgemeine Theilnehmung war
die Zeit her in Polen unerhoͤrt geweſen. Da
der Adel, wenn er vordem in ſeinen Stellver-
tretern verſammlet war, nur immer ſelbſt, fuͤr
ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt, berathſchlagte,
beſchloß und ausuͤbte: ſo war dem Reſte des
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/41>, abgerufen am 03.07.2024.
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