Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

logie; auf Weltweisheit, die der altkatholische
Glaube zügelt; auf Naturlehre, welche die Mo-
saische Schöpfungsgeschichte beengt; und end-
lich auf Naturgeschichte und Mathematik, die
von den neuern Entdeckungen, die nicht latei-
nisch oder polnisch niedergeschrieben sind, nichts
ahnen.

Die Unwissenheit der niedern Geistlichkeit
in den neuern Sprachen ist Ursach, daß sie
eine Klasse nicht ganz besetzt, deren sich in
Deutschland die Geistlichkeit fast ausschließend
bemächtigt hat: ich meyne die Klasse der Hof-
meister in den Häusern des Adels. Da es
unter diesem Ton ist, wenigstens zwey fremde
Sprachen zu wissen, so ist man gezwungen,
deutsche, französische und italienische Hofmei-
ster kommen zu lassen, die diesen Theil des
Unterrichts besorgen, nachdem die polnischen
Religion, Lesen, Schreiben und ihr Latein
gelehrt haben.

Dem polnischen Theile des Bürgerstandes
bleibt für seinen höchsten Ehrgeitz nichts übrig,

logie; auf Weltweisheit, die der altkatholiſche
Glaube zuͤgelt; auf Naturlehre, welche die Mo-
ſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte beengt; und end-
lich auf Naturgeſchichte und Mathematik, die
von den neuern Entdeckungen, die nicht latei-
niſch oder polniſch niedergeſchrieben ſind, nichts
ahnen.

Die Unwiſſenheit der niedern Geiſtlichkeit
in den neuern Sprachen iſt Urſach, daß ſie
eine Klaſſe nicht ganz beſetzt, deren ſich in
Deutſchland die Geiſtlichkeit faſt ausſchließend
bemaͤchtigt hat: ich meyne die Klaſſe der Hof-
meiſter in den Haͤuſern des Adels. Da es
unter dieſem Ton iſt, wenigſtens zwey fremde
Sprachen zu wiſſen, ſo iſt man gezwungen,
deutſche, franzoͤſiſche und italieniſche Hofmei-
ſter kommen zu laſſen, die dieſen Theil des
Unterrichts beſorgen, nachdem die polniſchen
Religion, Leſen, Schreiben und ihr Latein
gelehrt haben.

Dem polniſchen Theile des Buͤrgerſtandes
bleibt fuͤr ſeinen hoͤchſten Ehrgeitz nichts uͤbrig,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="20"/>
logie; auf Weltweisheit, die der altkatholi&#x017F;che<lb/>
Glaube zu&#x0364;gelt; auf Naturlehre, welche die Mo-<lb/>
&#x017F;ai&#x017F;che Scho&#x0364;pfungsge&#x017F;chichte beengt; und end-<lb/>
lich auf Naturge&#x017F;chichte und Mathematik, die<lb/>
von den neuern Entdeckungen, die nicht latei-<lb/>
ni&#x017F;ch oder polni&#x017F;ch niederge&#x017F;chrieben &#x017F;ind, nichts<lb/>
ahnen.</p><lb/>
        <p>Die Unwi&#x017F;&#x017F;enheit der niedern Gei&#x017F;tlichkeit<lb/>
in den neuern Sprachen i&#x017F;t Ur&#x017F;ach, daß &#x017F;ie<lb/>
eine Kla&#x017F;&#x017F;e nicht ganz be&#x017F;etzt, deren &#x017F;ich in<lb/>
Deut&#x017F;chland die Gei&#x017F;tlichkeit fa&#x017F;t aus&#x017F;chließend<lb/>
bema&#x0364;chtigt hat: ich meyne die Kla&#x017F;&#x017F;e der Hof-<lb/>
mei&#x017F;ter in den Ha&#x0364;u&#x017F;ern des Adels. Da es<lb/>
unter die&#x017F;em Ton i&#x017F;t, wenig&#x017F;tens zwey fremde<lb/>
Sprachen zu wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o i&#x017F;t man gezwungen,<lb/>
deut&#x017F;che, franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che und italieni&#x017F;che Hofmei-<lb/>
&#x017F;ter kommen zu la&#x017F;&#x017F;en, die die&#x017F;en Theil des<lb/>
Unterrichts be&#x017F;orgen, nachdem die polni&#x017F;chen<lb/>
Religion, Le&#x017F;en, Schreiben und <hi rendition="#g">ihr</hi> Latein<lb/>
gelehrt haben.</p><lb/>
        <p>Dem polni&#x017F;chen Theile des Bu&#x0364;rger&#x017F;tandes<lb/>
bleibt fu&#x0364;r &#x017F;einen ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ehrgeitz nichts u&#x0364;brig,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0030] logie; auf Weltweisheit, die der altkatholiſche Glaube zuͤgelt; auf Naturlehre, welche die Mo- ſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte beengt; und end- lich auf Naturgeſchichte und Mathematik, die von den neuern Entdeckungen, die nicht latei- niſch oder polniſch niedergeſchrieben ſind, nichts ahnen. Die Unwiſſenheit der niedern Geiſtlichkeit in den neuern Sprachen iſt Urſach, daß ſie eine Klaſſe nicht ganz beſetzt, deren ſich in Deutſchland die Geiſtlichkeit faſt ausſchließend bemaͤchtigt hat: ich meyne die Klaſſe der Hof- meiſter in den Haͤuſern des Adels. Da es unter dieſem Ton iſt, wenigſtens zwey fremde Sprachen zu wiſſen, ſo iſt man gezwungen, deutſche, franzoͤſiſche und italieniſche Hofmei- ſter kommen zu laſſen, die dieſen Theil des Unterrichts beſorgen, nachdem die polniſchen Religion, Leſen, Schreiben und ihr Latein gelehrt haben. Dem polniſchen Theile des Buͤrgerſtandes bleibt fuͤr ſeinen hoͤchſten Ehrgeitz nichts uͤbrig,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/30
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/30>, abgerufen am 21.11.2024.