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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Pommern vergleicht, die ein gewisses schwer-
fälliges, ich möchte sagen melancholisches, We-
sen verrathen. Die Schlesier nähern sich in
Sprache und Humor mehr den Anwohnern des
Rheins und anderer Weinländer, dahingegen
die Kinder der genannten Provinzen sich mehr
den Westphälingern und Holländern anschlie-
ßen. Diese leichtere Gemüthsstimmung der
Schlesier hat denn auch ihre natürlichen Fol-
gen. Der Umgang der geringern Klassen un-
ter einander ist aufgeweckt, lustig, geräuschvoll;
sie tanzen, spielen allerley Jnstrumente, haben
Volkslieder -- eine unerhörte Erscheinung in
den eigentlich-brandenburgischen Provinzen,
wo zu Hause und in den Krügen geistliche Lie-
der gesungen und alle übrige Schelmlieder
genannt werden. Unter den gemeinen Schle-
siern findet man sogar eine Art von Galante-
rie, welche unter ihren vorhin genannten Lands-
leuten unerhört ist, die nur heirathen, um zu
heirathen, deren Bräute gar kläglich heulen,
wenn die Ringe gewechselt werden, mit einem

Pommern vergleicht, die ein gewiſſes ſchwer-
faͤlliges, ich moͤchte ſagen melancholiſches, We-
ſen verrathen. Die Schleſier naͤhern ſich in
Sprache und Humor mehr den Anwohnern des
Rheins und anderer Weinlaͤnder, dahingegen
die Kinder der genannten Provinzen ſich mehr
den Weſtphaͤlingern und Hollaͤndern anſchlie-
ßen. Dieſe leichtere Gemuͤthsſtimmung der
Schleſier hat denn auch ihre natuͤrlichen Fol-
gen. Der Umgang der geringern Klaſſen un-
ter einander iſt aufgeweckt, luſtig, geraͤuſchvoll;
ſie tanzen, ſpielen allerley Jnſtrumente, haben
Volkslieder — eine unerhoͤrte Erſcheinung in
den eigentlich-brandenburgiſchen Provinzen,
wo zu Hauſe und in den Kruͤgen geiſtliche Lie-
der geſungen und alle uͤbrige Schelmlieder
genannt werden. Unter den gemeinen Schle-
ſiern findet man ſogar eine Art von Galante-
rie, welche unter ihren vorhin genannten Lands-
leuten unerhoͤrt iſt, die nur heirathen, um zu
heirathen, deren Braͤute gar klaͤglich heulen,
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[219/0229] Pommern vergleicht, die ein gewiſſes ſchwer- faͤlliges, ich moͤchte ſagen melancholiſches, We- ſen verrathen. Die Schleſier naͤhern ſich in Sprache und Humor mehr den Anwohnern des Rheins und anderer Weinlaͤnder, dahingegen die Kinder der genannten Provinzen ſich mehr den Weſtphaͤlingern und Hollaͤndern anſchlie- ßen. Dieſe leichtere Gemuͤthsſtimmung der Schleſier hat denn auch ihre natuͤrlichen Fol- gen. Der Umgang der geringern Klaſſen un- ter einander iſt aufgeweckt, luſtig, geraͤuſchvoll; ſie tanzen, ſpielen allerley Jnſtrumente, haben Volkslieder — eine unerhoͤrte Erſcheinung in den eigentlich-brandenburgiſchen Provinzen, wo zu Hauſe und in den Kruͤgen geiſtliche Lie- der geſungen und alle uͤbrige Schelmlieder genannt werden. Unter den gemeinen Schle- ſiern findet man ſogar eine Art von Galante- rie, welche unter ihren vorhin genannten Lands- leuten unerhoͤrt iſt, die nur heirathen, um zu heirathen, deren Braͤute gar klaͤglich heulen, wenn die Ringe gewechſelt werden, mit einem

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/229>, abgerufen am 22.11.2024.