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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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ung befände, entwischten. So erfuhr er von
der Durchsetzung der neuen Konstitution nicht
eher etwas, als am dritten May, wo sie wirk-
lich durchgesetzt wurde.

Uebrigens war er von einer mittlern Figur,
die er in Gang und Stellung vernachläßigte.
Sein Gesicht hatte nicht unangenehme Züge,
aber es verrieth durch eine gewisse schlaffe Ge-
dunsenheit die Natur seiner sinnlichen Genüsse.
Er trug sich polnisch.

Soltyk, Landbote von Krakau, stammte
aus einer alten Familie, die sich von jeher
durch hohe Würden im Staate ausgezeichnet
hat. Der Bischof von Krakau, Soltyk,
dessen oben *) erwähnt worden, war der Va-
tersbruder des jetzt genannten. Jener machte
sich durch einen stürmischen Patriotismus (wie
man in Polen die Anhänglichkeit an irgend
eine Partey nennt) besonders bekannt, der sich
in einem lebhaften Hasse gegen die Czartoryski,

*) Jm 6ten und 7ten Abschnitte.

ung befaͤnde, entwiſchten. So erfuhr er von
der Durchſetzung der neuen Konſtitution nicht
eher etwas, als am dritten May, wo ſie wirk-
lich durchgeſetzt wurde.

Uebrigens war er von einer mittlern Figur,
die er in Gang und Stellung vernachlaͤßigte.
Sein Geſicht hatte nicht unangenehme Zuͤge,
aber es verrieth durch eine gewiſſe ſchlaffe Ge-
dunſenheit die Natur ſeiner ſinnlichen Genuͤſſe.
Er trug ſich polniſch.

Soltyk, Landbote von Krakau, ſtammte
aus einer alten Familie, die ſich von jeher
durch hohe Wuͤrden im Staate ausgezeichnet
hat. Der Biſchof von Krakau, Soltyk,
deſſen oben *) erwaͤhnt worden, war der Va-
tersbruder des jetzt genannten. Jener machte
ſich durch einen ſtuͤrmiſchen Patriotismus (wie
man in Polen die Anhaͤnglichkeit an irgend
eine Partey nennt) beſonders bekannt, der ſich
in einem lebhaften Haſſe gegen die Czartoryski,

*) Jm 6ten und 7ten Abſchnitte.
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[184/0194] ung befaͤnde, entwiſchten. So erfuhr er von der Durchſetzung der neuen Konſtitution nicht eher etwas, als am dritten May, wo ſie wirk- lich durchgeſetzt wurde. Uebrigens war er von einer mittlern Figur, die er in Gang und Stellung vernachlaͤßigte. Sein Geſicht hatte nicht unangenehme Zuͤge, aber es verrieth durch eine gewiſſe ſchlaffe Ge- dunſenheit die Natur ſeiner ſinnlichen Genuͤſſe. Er trug ſich polniſch. Soltyk, Landbote von Krakau, ſtammte aus einer alten Familie, die ſich von jeher durch hohe Wuͤrden im Staate ausgezeichnet hat. Der Biſchof von Krakau, Soltyk, deſſen oben *) erwaͤhnt worden, war der Va- tersbruder des jetzt genannten. Jener machte ſich durch einen ſtuͤrmiſchen Patriotismus (wie man in Polen die Anhaͤnglichkeit an irgend eine Partey nennt) beſonders bekannt, der ſich in einem lebhaften Haſſe gegen die Czartoryski, *) Jm 6ten und 7ten Abſchnitte.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/194>, abgerufen am 25.11.2024.