wollten, um ihre Sucht nach Neuerungen zu befriedigen. Jhr Wille war, die Czartoryski zu stürzen, den König abzusetzen, den russischen Minister aus Warschau und die Russen aus Polen zu verjagen.
Mit allen diesen Fesseln denke man sich ei- nen König belastet, der seinerseits auch seinen Willen und seine Plane hatte; der wohl sa- he, daß ein König, der so beschränkt ist, wie die Nation ihn verlangte, nichts zu ihrem Be- sten thun kann; der den sehr erlaubten Ehr- geitz hat, die Erwartungen zu erfüllen, die seine Vorzüge in ganz Europa erweckt haben; der dieß nicht anders als durch kluge und wohl- thätige Verbesserungen bewirken und dennoch keinen Schritt thun kann, ohne Beystimmung eines mächtigen Onkels, der am Ruder des Staats steht und seinen ganzen Ehrgeitz in diesen Standpunkt setzt; und ohne Billigung des Ministers einer freundschaftlichen Macht, die jenen Onkel aufrecht erhält, ihn selbst zwar bey der Königswürde schützt, aber ihn auch
wollten, um ihre Sucht nach Neuerungen zu befriedigen. Jhr Wille war, die Czartoryski zu ſtuͤrzen, den Koͤnig abzuſetzen, den ruſſiſchen Miniſter aus Warſchau und die Ruſſen aus Polen zu verjagen.
Mit allen dieſen Feſſeln denke man ſich ei- nen Koͤnig belaſtet, der ſeinerſeits auch ſeinen Willen und ſeine Plane hatte; der wohl ſa- he, daß ein Koͤnig, der ſo beſchraͤnkt iſt, wie die Nation ihn verlangte, nichts zu ihrem Be- ſten thun kann; der den ſehr erlaubten Ehr- geitz hat, die Erwartungen zu erfuͤllen, die ſeine Vorzuͤge in ganz Europa erweckt haben; der dieß nicht anders als durch kluge und wohl- thaͤtige Verbeſſerungen bewirken und dennoch keinen Schritt thun kann, ohne Beyſtimmung eines maͤchtigen Onkels, der am Ruder des Staats ſteht und ſeinen ganzen Ehrgeitz in dieſen Standpunkt ſetzt; und ohne Billigung des Miniſters einer freundſchaftlichen Macht, die jenen Onkel aufrecht erhaͤlt, ihn ſelbſt zwar bey der Koͤnigswuͤrde ſchuͤtzt, aber ihn auch
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wollten, um ihre Sucht nach Neuerungen zu
befriedigen. Jhr Wille war, die Czartoryski
zu ſtuͤrzen, den Koͤnig abzuſetzen, den ruſſiſchen
Miniſter aus Warſchau und die Ruſſen aus
Polen zu verjagen.
Mit allen dieſen Feſſeln denke man ſich ei-
nen Koͤnig belaſtet, der ſeinerſeits auch ſeinen
Willen und ſeine Plane hatte; der wohl ſa-
he, daß ein Koͤnig, der ſo beſchraͤnkt iſt, wie
die Nation ihn verlangte, nichts zu ihrem Be-
ſten thun kann; der den ſehr erlaubten Ehr-
geitz hat, die Erwartungen zu erfuͤllen, die
ſeine Vorzuͤge in ganz Europa erweckt haben;
der dieß nicht anders als durch kluge und wohl-
thaͤtige Verbeſſerungen bewirken und dennoch
keinen Schritt thun kann, ohne Beyſtimmung
eines maͤchtigen Onkels, der am Ruder des
Staats ſteht und ſeinen ganzen Ehrgeitz in
dieſen Standpunkt ſetzt; und ohne Billigung
des Miniſters einer freundſchaftlichen Macht,
die jenen Onkel aufrecht erhaͤlt, ihn ſelbſt zwar
bey der Koͤnigswuͤrde ſchuͤtzt, aber ihn auch
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/146>, abgerufen am 22.07.2024.
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