durch ein feines, einschmeichelndes Benehmen, im Ganzen bis zum Beyfall zu erhöhen. Die- ses Bestreben, sich bey allen Parteyen in Lie- be und Vertrauen zu erhalten, dessen Quelle ich oben angegeben habe, ward nach der Zeit sein Lieblingsgrundsatz, und man muß beken- nen, daß er ihn, als Privatmann, bey hun- dert Gelegenheiten, mit Frucht angewandt, daß er aber auch bey tausend andern, sobald er König war, seine Gefahren, seine Feinde, die Zerrüttung seines Landes, und das allge- meine Mißtrauen auf ihn, dadurch vermehrt habe.
Ueberhaupt meyne ich, daß der Grundsatz, jedermann zu gefallen, zwar wohl von Privat- leuten, in Fällen der Persönlichkeit und des Mein und Dein, geübt werden möge, aber nicht von Fürsten, die, als solche, nichts nach- sehen, nichts mildern, nichts aufopfern dür- fen. Jhre Richtschnur ist das Wohl des Gan- zen, ihr Weg geht unbedingt auf dessen Errei- chung. Wer sich dieser widersetzt, ist des Für-
durch ein feines, einſchmeichelndes Benehmen, im Ganzen bis zum Beyfall zu erhoͤhen. Die- ſes Beſtreben, ſich bey allen Parteyen in Lie- be und Vertrauen zu erhalten, deſſen Quelle ich oben angegeben habe, ward nach der Zeit ſein Lieblingsgrundſatz, und man muß beken- nen, daß er ihn, als Privatmann, bey hun- dert Gelegenheiten, mit Frucht angewandt, daß er aber auch bey tauſend andern, ſobald er Koͤnig war, ſeine Gefahren, ſeine Feinde, die Zerruͤttung ſeines Landes, und das allge- meine Mißtrauen auf ihn, dadurch vermehrt habe.
Ueberhaupt meyne ich, daß der Grundſatz, jedermann zu gefallen, zwar wohl von Privat- leuten, in Faͤllen der Perſoͤnlichkeit und des Mein und Dein, geuͤbt werden moͤge, aber nicht von Fuͤrſten, die, als ſolche, nichts nach- ſehen, nichts mildern, nichts aufopfern duͤr- fen. Jhre Richtſchnur iſt das Wohl des Gan- zen, ihr Weg geht unbedingt auf deſſen Errei- chung. Wer ſich dieſer widerſetzt, iſt des Fuͤr-
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durch ein feines, einſchmeichelndes Benehmen,
im Ganzen bis zum Beyfall zu erhoͤhen. Die-
ſes Beſtreben, ſich bey allen Parteyen in Lie-
be und Vertrauen zu erhalten, deſſen Quelle
ich oben angegeben habe, ward nach der Zeit
ſein Lieblingsgrundſatz, und man muß beken-
nen, daß er ihn, als Privatmann, bey hun-
dert Gelegenheiten, mit Frucht angewandt,
daß er aber auch bey tauſend andern, ſobald
er Koͤnig war, ſeine Gefahren, ſeine Feinde,
die Zerruͤttung ſeines Landes, und das allge-
meine Mißtrauen auf ihn, dadurch vermehrt
habe.
Ueberhaupt meyne ich, daß der Grundſatz,
jedermann zu gefallen, zwar wohl von Privat-
leuten, in Faͤllen der Perſoͤnlichkeit und des
Mein und Dein, geuͤbt werden moͤge, aber
nicht von Fuͤrſten, die, als ſolche, nichts nach-
ſehen, nichts mildern, nichts aufopfern duͤr-
fen. Jhre Richtſchnur iſt das Wohl des Gan-
zen, ihr Weg geht unbedingt auf deſſen Errei-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/137>, abgerufen am 22.07.2024.
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